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Sonstige Rechtsgebiete


Bundesgerichtshof stärkt die Rechte von Kapitalanleger

Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 21.10.2003 (Az. XI ZR 453/02) seine bisherige Rechtsprechung zum Schadensersatz durch Anlagevermittler zugunsten der Anleger erweitert.

Dem Urteil lag zugrunde, daß eine Anlagevermittlungsgesellschaft einen Wirtschaftsprüfer am Telefon von den „Vorteilen“ einer Kapitalanlage in Waren- und Devisentermingeschäften an US-amerikanischen Börsen überzeugte. Der Wirtschaftsprüfer schloß mit der Gesellschaft einen Vermittlungs- und Betreuungsvertrag ab und erhielt eine Informationsbroschüre „Grundlagen des Terminhandels“. Der Vertrag sah Gebühren für die Gesellschaft von bis zu 37,5% je Geschäft vor. Insgesamt stellte der Wirtschaftsprüfer der Gesellschaft rund DM 2,3 Mio. zur Verfügung, von denen er lediglich rund DM 77.000,00 zurückerhielt. Er verlangte von der Gesellschaft und dem Geschäftsführer persönlich, ihm den entstandenen Schaden in Höhe der Differenz zwischen den Einlagen und den Rückzahlungen zu ersetzen.

Der Bundesgerichtshof gab der Klage gegen die Gesellschaft statt und verwies den Rechtsstreit, soweit dieser noch die Haftung des Geschäftsführers betraf, an das Oberlandesgericht zum Zwecke der weiteren Tatsachenfeststellung zurück.

In dem Urteil bezog der Bundesgerichtshof insbesondere Stellung zu den Aufklärungspflichten des Anlagevermittlers und zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers.

(1) Aufklärungspflicht

Der wirksame Abschluß von Termingeschäften setzt immer die „Börsentermingeschäftsfähigkeit“ voraus. Der Anleger muß vor Abschluß des Geschäfts über die besonderen Risiken von Börsentermingeschäften (insb. Options- und Futurehandel) aufgeklärt werden.

Eine besondere Aufklärungspflicht des Vermittlers besteht in den Fällen der Gebührenschinderei („churning“). Wenn der Vermittler den Anleger nicht ordnungsgemäß aufklärt, ist der Vermittler dem Anleger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Schadensersatz verpflichtet.

„Churning“ liegt vor, wenn der Vermittler für jedes Geschäft besonders hohe Gebühren verlangt und eine Vielzahl von Kaufs- und Verkaufsgeschäften tätigt. Ziel des Vermittlers ist es nicht, für den Anleger eine Rendite zu erwirtschaften, sondern die eigenen Gebühren zu optimieren.

Der Bundesgerichtshof hat die besondere Aufklärungspflicht dahin ausgestaltet, daß sie den Anleger in die Lage versetzen muß, den Umfang des Verlustrisikos und die Verringerung der Gewinnchance durch die Gebühren auf die Optionsprämie richtig einzuschätzen.

Es reicht nicht aus, wenn der Vermittler nur die Höhe der Optionsprämie bekannt gibt, über die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Optionsgeschäfts aufklärt und den Einfluß der Optionsprämie auf das mit dem Geschäft verbundene Risiko erläutert.

Daß der Vermittler die Höhe der Gebühr darstellen muß, ist eine Selbstverständlichkeit. Wenn aber die Gebühr so hoch ist, daß das eingesetzte Kapital nur bei einem unrealistisch starken Kursgewinn erhalten werden kann – von einem Gewinn ganz zu schweigen –, muß ein ausdrücklicher und deutlicher Hinweis erfolgen.

Der Vermittler muß den Anleger unmißverständlich darauf hinweisen, daß die Höhe der Gebühren vor allem Anleger, die mehrere Geschäfte tätigen, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis chancenlos machen. Dieser Hinweis darf weder durch Beschönigungen noch auf andere Weise beeinträchtigt werden.

Dieser Aufklärungspflicht genügt der Vermittler beispielsweise nicht, wenn er zwar die Gefahr eines Totalverlustes des eingesetzten Kapitals darstellt, aber den – falschen – Eindruck erweckt, daß diesem Risiko realistische Gewinnchancen gegenüberstehen.

Der Bundesgerichtshof hat weiter entschieden, daß die Aufklärung des Anlegers durch den Vermittler in schriftlicher Form erfolgen und so auffällig sein muß, daß auch der flüchtige Leser die Hinweise ohne weiteres erkennen kann.

Die Aufklärungspflicht besteht nicht, wenn der Anleger über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen mit den vermittelten Geschäften verfügt.

Zu diesem Punkt hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß es nicht ausreicht, wenn der Anleger allgemein die besonderen Risiken von Termingeschäften kennt. Vielmehr müssen sich die Kenntnisse des Anlegers konkret auf die negativen Auswirkungen des Gebührenaufschlags und das damit verbundene Risiko des Totalverlustes beziehen. Diese spezifische Kenntnis muß der Vermittler beweisen.

Sofern der Vermittler seine Aufklärungspflicht verletzt, müßte üblicherweise der Anleger im Schadensersatzprozeß beweisen, daß er – der Anleger – das Geschäft bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht abgeschlossen hätte. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs kehrt sich diese Beweislast zugunsten des Anlegers um. Denn es besteht eine tatsächliche Vermutung, daß ein Anleger bei ordnungsgemäßer Aufklärung die verlustreichen Geschäfte nicht getätigt hätte. Diese Vermutung kann zwar der Vermittler widerlegen, dies wird ihm praktisch jedoch kaum gelingen.

(2) Haftung des Geschäftsführers einer Vermittlungs-GmbH

Bei einer Verletzung der Aufklärungspflicht kann der Anleger den Vermittler auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Allerdings sind die Vermittler häufig in der Rechtsform einer GmbH organisiert, weil die handelnden Personen einen Zugriff auf ihr persönliches Vermögen verhindern wollen.

Wenn der Anleger von der Vermittlungs-GmbH Schadensersatz verlangt, hat diese nicht (mehr) ausreichendes Vermögen oder Insolvenz angemeldet. Damit würden die Ansprüche der Anleger de facto ins Leere gehen.

Nun hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß unter bestimmten Voraussetzungen auch der Geschäftsführer einer GmbH mit seinem persönlichen Vermögen dem Anleger auf Schadensersatz haftet, und zwar wegen vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB.

Der Geschäftsführer hat für eine ordnungsgemäße Aufklärung des Anlegers zu sorgen, ggf. hat er den Abschluß des Geschäfts ohne diese Aufklärung zu verhindern. Wenn der Geschäftsführer diese Pflicht verletzt, kommt eine persönliche Haftung des Geschäftsführers nach § 826 BGB in Betracht.

Das Problem ist aber, dem Geschäftsführer den Vorsatz nachzuweisen. Diesen Nachweis hat der Bundesgerichtshof dem Anleger jedoch erleichtert.

Nach dieser Rechtsprechung sind schwerwiegende Aufklärungsmängel bei den Feststellungen zum Vorsatz zu berücksichtigen. Mit anderen Worten: Je schwerer die Aufklärungsmängel, um so stärker ist der Vorsatz des Geschäftsführers indiziert. Ein weiteres Indiz liefert die Höhe der Gebühren und die Häufigkeit der Kaufs- und Verkaufsgeschäfte. Und auch ein möglicher Irrtum des Geschäftsführers über die Reichweite der Aufklärungspflicht schließt den Vorsatz nicht ohne weiteres aus.

(3) Zusammenfassung

Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steigert die Erfolgsaussichten für Verfahren von geschädigten Anlegern gegen die Anlagevermittler. Insbesondere beim „churning“ werden Anlagevermittler üblicherweise nicht den hohen Anforderungen an die Aufklärungspflichten gerecht werden können, die der Bundesgerichtshof aufstellt. Die persönliche Haftung der Geschäftsführer von Vermittlungs-GmbHs verbessert die Möglichkeiten von Anlegern, aus den Urteilen erfolgreich zu vollstrecken.