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Ist die qualifizierte Steuerhinterziehung nach Pragraph 370a AO - verfassungswidrig

Das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz (StVBG) vom 18.12.2001 war nicht nur wegen des Namens kein Quell der Freude. Denn mit diesem Gesetz führte der Gesetzgeber den neuen Straftatbestand der gewerbsmäßigen oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung ein (§ 370a AO). Eine Steuerhinterziehung stellte bis dahin grundsätzlich ein Vergehen dar. Durch die Gesetzesänderung qualifizierte der Gesetzgeber eine Steuerhinterziehung in bestimmten Fällen als Verbrechen.

Nach § 370a AO macht sich strafbar, wer gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

Das Gesetz stieß von Anfang an auf erhebliche Kritik, weil das Merkmal „in großem Ausmaß“ zu unbestimmt sei.

Die Kritiker haben prominente Schützenhilfe bekommen. Der Bundesgerichtshof sprang ihnen in seinem Beschluß vom 22.07.2004 (Aktenzeichen 5 StR 85/04) zur Seite.

Die zuständigen Richter gaben in dem Beschluß deutlich zu erkennen, daß sie die Regelung des § 370a AO für verfassungswidrig halten. Damit ist zwar das letzte Wort noch nicht gesprochen, weil nur das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz für verfassungswidrig erklären darf. Doch ist der Bundesgerichtshof nicht dafür bekannt, Gesetze vorschnell für verfassungswidrig zu halten. Weil das Urteil der Vorinstanz ohnehin rechtsfehlerhaft war, mußte der Bundesgerichtshof die Sache aber nicht dem Bundesverfassungsgericht vorlegen.

Nach Art. 103 (2) GG kann der Staat jemanden nur bestrafen, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

Staatliches Strafen setzt einen bestimmten Tatbestand voraus (Grundsatz des nullum crimen sine lege). Jeder soll vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes genügt § 370a AO diesen Anforderungen nicht.

Das Merkmal „in großem Ausmaß“ ist nicht hinreichend bestimmt. Es läßt sich nicht erkennen, unter welchen Voraussetzungen dieses Merkmal erfüllt ist, welche Anknüpfungspunkte maßgeblich sein sollen oder ob es auf den jeweiligen Einzelfall ankommt oder ob bei einer Vielzahl von Steuerhinterziehungen eine Gesamtbetrachtung entscheidend sein soll.

Liegt bei einer Steuerhinterziehung von EUR 250.000,00 ein „großes Ausmaß“ vor, oder müssen es EUR 500.000,00 sein, oder reichen bereits EUR 100.000,00. Die Grenze kann jeder selbst nach seinem wirtschaftlichen Vorverständnis ziehen.

In der Praxis bedeutet die Entscheidung des Bundesgerichtshofes jedoch keinen Freifahrtschein. Wer Steuern hinterzieht, muß weiterhin damit rechnen, strafrechtlich belangt zu werden. Nur in den Fällen, in denen erhebliche Beträge hinterzogen werden, kann das Gericht möglicherweise nur noch wegen des Vergehens der einfachen Steuerhinterziehung bestrafen.

Sofern nur der Vorwurf einer einfachen Steuerhinterziehung im Raum steht, gibt es die Möglichkeit, das Steuerstrafverfahren – ggf. gegen Zahlung einer Geldbuße – einzustellen.

Und wenn ein Steuerstrafverfahren noch nicht eingeleitet wurde, kann man neben der strafbefreienden Erklärung, die jedoch bis zum 31.03.2005 befristet ist, auch durch eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO ein Steuerstrafverfahren verhindern.