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Kammergericht Berlin: Zur Frage der Zulässigkeit der Bezugnahme auf einen AVP bei der Preiswerbung einer Apotheke

Nach der Auffassung des Kammergerichts ist die streitgegenständliche Preis-Werbung einer Apotheke für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel bei der der eigene Verkaufspreises einem höheren, als "AVP" gekennzeichneten Preis gegenübergestellt wird, irreführend nach § 5 UWG.

Bemerkenswert ist allerdings, dass das Kammergericht die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen hat, weil das ausgesprochene Verbot insbesondere kein generelles Verbot der Werbung mit Vergleichen zu einem "AVP" enthalten soll. Insoweit geht das Kammergericht davon aus, dass Preisvergleiche mit einem AVP prinzipiell möglich sein müssen.


Kammergericht Berlin
Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer
5 U 89/13
103 0 155/12 Landgericht Berlin

verkündet am: 17. Januar 2014

Im dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Kammergerichts; Elßholzstraße 30-33, 10781 Berlin,
auf die mündliche Verhandlung am 17. Januar 2014

für Recht erkannt:    
 
1.
Die Berufung des Beklagten gegen das am 31. Mai 2013 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 103 des Landgerichts Berlin - 103 0 155/12 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Urteil wie folgt neu gefasst wird:

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes Von bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder  Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, gegenüber dem Endverbraucher den Verkaufspreis von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln mit einem Preisvorteil gegenüber dem "AVP" zu bewerben, wenn dies geschieht, wie nachfolgend wiedergegeben:
[Wiedergabe der Werbemittel]

2.
Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben der Kläger 20 % und der Beklagte 80 % zu tragen.

4.    
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers wegen der Unterlassungsverpflichtung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,- Euro abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, Wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5.
Die Revision wird nicht zugelassen.


Gründe


A.

Der Kläger ist ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.
Der Beklagte ist Inhaber der Apotheke XY, die ihr Angebot unter www.. de präsentiert. Dort warb der Beklagte in der im Urteilstenor Wiedergegebenen Form.

Der Kläger hat beantragt,

dem Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, bei dem Verkauf von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gegenüber dem Endverbraucher mit der Angabe von Preisvorteilen gegenüber dem "AVP" zu werben,

hilfsweise,

dem Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, gegenüber Endverbrauchern den Verkaufspreis von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln mit einem Preisvorteil gegenüber dem "AVP" zu bewerben, wenn dies geschieht, wie in der Anlage K 2 wiedergegeben.
 
Mit dem am 31. Mai 2013 verkündeten Urteil hat das Landgericht dem Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, bei dem Verkauf von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gegenüber dem Endverbraucher mit der Angabe von Preisvorteilen gegenüber dem "AVP" zu werben. Es wird insoweit auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen, und zwar auch hinsichtlich des Weitergehenden erstinstanzlichen Vortrages der Parteien.

Der Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen dieses Urteil. Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.
 
Der Beklagte beantragt,

das am 31. Mai 2013 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin vom 31. Mai 2013 - 103 0 155/12 — zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Klageausspruch mit der Maßgabe aufrechterhalten wird, wenn dies geschieht, wie in Anlage K 2 und 3 sowie in Anlage B1 geschehen.

Im Übrigen hat der Kläger die Klage mit Zustimmung des Beklagten zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.


B.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, nach der teilweisen Klagerücknahme aber unbegründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung, gegenüber dem Endverbraucher den Verkaufspreis von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln mit einem  
Preisvorteil gegenüber dem "AVP" zu bewerben, wenn dies geschieht, wie im Urteilstenor wiedergegeben (§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 UWG).
Die beanstandete Werbung des Beklagten enthält zur Täuschung geeignete Angaben über das Vorhandensein besonderer Preisvorteile.

1.
Maßgeblich für die Prüfung, ob eine Werbeaussage dazu führen kann, den Verkehr in einem wesentlichen Punkt zu täuschen, der den Entschluss zu einer geschäftlichen Entscheidung zu beeinflussen geeignet ist, ist die Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet (vgl. Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. § 5, Rn 2.67).
Bei der Ermittlung des zur Beurteilung der Irreführungsgefahr maßgeblichen Verkehrsverständnisses ist auf den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher abzustellen. Der Grad der Aufmerksamkeit dieses Verbrauchers ist abhängig von der jeweiligen Situation und vor allem von der Bedeutung, die die beworbenen Waren oder Dienstleistungen für ihn haben. (vgl BGH WRP 2002, 81. — Anwalts- und Steuerkanzlei; BGH GRUR 2004, 244 — Marktführerschaft; BGH GRUR 2005, 690 - Internet-Versandhandel; BGH GRUR 2007, 805 - Irreführender Kontoauszug)
 
2.
Der Beklagte wendet sich mit seinem Internetauftritt an jeden, der daran interessiert ist, Arzneimittel im Versandhandel zu erwerben.
Es gibt keinen Grund für die Annahme, dass der Beklagte sich mit seinem Angebot lediglich an einen geschlossenen Kreis bisheriger Kunden wendet. Das Internetangebot ist offenbar für jedermann zugänglich. Es ist nicht ersichtlich, dass das Angebot oder die Bestellmöglichkeit etwa nur demjenigen offen gestanden hätte, der über ein Passwort verfügt.
Noch weniger nachzuvollziehen ist der offenbar vom Beklagten vertretene Standpunkt, sein Angebot richte sich nur an die Personen, die in der Vergangenheit bereits Kunden einer (beliebigen) Versandhandelsapotheke gewesen seien.
Da die Mitglieder des Senats damit zu dem von dem Angebot des Beklagten angesprochenen Personenkreis gehören, können sie den Aussagegehalt der beanstandeten Aussagen aufgrund
eigener Anschauung und Lebenserfahrung grundsätzlich selbst beurteilen (vgl. BGH WRP 2002, 81 — Anwalts- und Steuerkanzlei; BGH GRUR 2004, 244 - Marktführerschaft; BGH GRUR 2007, 805 — Irreführender Kontoauszug; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm UWG, 32. Aufl. § 5, Rn 3.12).

3.
Der Grad der Aufmerksamkeit, mit dem der Verbraucher sich der Werbung des Beklagten für Arzneimittel zuwendet, ist von dem Produkt abhängig, das der Verbraucher im Angebot des Beklagten sucht.
Bei Mitteln gegen Erkältungskrankheiten, wie sie in der Anlage K 2 unter anderem zu sehen sind, ist der Grad der Aufmerksamkeit gering, da derartige Produkte zum alltäglichen Bedarf gehören, relativ wenig kosten und die gesundheitlichen Probleme, die sie lindern sollen, vergleichsweise geringfügig sind.

Der Grad der Aufmerksamkeit gegenüber der Werbung des Beklagten steigt aber mit den Kosten des Arzneimittels und der Schwere der Krankheit, deren Heilung und Linderung das jeweilige Mittel dient.

Der Kläger geht davon aus, dass der Verbraucher unter "AVP" in dem durch die Anlage K 2 wiedergegebenen Zusammenhang einen vom Pharmahersteller unverbindlich vorgegebenen Preis für die Abgabe an den Endverbraucher versteht.

a)
Dem ist zuzustimmen.
Es überzeugt zwar nicht unbedingt der Standpunkt des Klägers, der Verbraucher verwechsele "AVP" mit "UVP".
Die Gefahr der Verwechselung von "AVP" mit "UVP" ist auch bei flüchtiger Betrachtung nicht hoch. Es ist es jedoch naheliegend, "VP" als Abkürzung für Verkaufspreis anzusehen und dann aufgrund des hier gegebenen Kontexts anzunehmen, dass das "A" - entweder für "Apotheke" oder "Arznei(mittel)" steht, und darin eine Preisvorgabe zu sehen.
Der durchschnittlich informierte Verbraucher weiß aufgrund der damaligen breiten Berichterstattung in den Medien und letztlich aufgrund eigener Erfahrungen mit Versandhandels- und "Discount"-Apotheken, dass nicht verschreibungspflichtige Medikamente seit der Gesundheitsreform 2004, also seit Jahren, nicht mehr der Preisbindung unterliegen, und erkennt daher, dass die Preisvorgabe unverbindlich ist.
Preisvorgaben ordnet der Verbraucher regelmäßig dem Hersteller zu (vgl. BGH GRUR 2007, 643 - UVP, Rn 22).
Mit der beanstandeten Werbung erweckt der Beklagte mithin den Eindruck, er biete nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu einem Preis an, der unter dem vom Hersteller Unverbindlich vorgegebenen Preis für die Abgabe an den Endverbraucher liege.

b)
In der Berufungsbegründung trägt der Beklagte vor, der "AVP" sei eine etablierte Bezugsgröße, die auch außerhalb der Fachkreise bekannt sei und Von Verbrauchern angewendet und verstanden werde. Zum Beleg hat der Beklagte auszugsweise einen Artikel aus, dem Magazin "Stern", Ausgabe 34/13, vorgelegt, in dem es unter anderem heißt:

"Seit 2004 ist nicht mehr vorgeschrieben, was verschreibungsfreie Medikamente kosten. Sehr viele Apotheken verlangen trotzdem weiterhin den nun unverbindlichen Apothekenverkaufspreis (AVP)".

und

"Vielerorts halten die Alteingesessenen stur an den empfohlenen Apothekenverkaufspreisen (AVP) fest".


Diese Zitate bestätigen das oben angenommene Verbraucherverständnis.

c)
Auch das LG Braunschweig geht in seinem Urteil vom 7. November 2013, 22 O 1125/13 (Anlage Bk 4 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Januar 2014) davon aus, dass der Verbraucher einen „AVP" für eine unverbindliche Preisempfehlung hält (vgl. dort S. 8).

d)
Der Standpunkt des Beklagten, der Verbraucher könne angesichts der von ihm vorgehaltenen Erläuterungen hinreichend deutlich erkennen, was unter "AVP" zu verstehen sei, überzeugt nicht.

aa)
Der Beklagte wirbt blickfangmäßig mit Preisersparnissen unter Angabe einer Preisdifferenz in Euro-Beträgen, jeweils gefolgt von einem Sternchen, teils auch unter Angabe einer prozentualen Ersparnis, ebenfalls jeweils gefolgt von einem Sternchen.
Das Sternchen wird am unteren Ende der Seite wie folgt aufgelöst: "Preisvorteil gegenüber AVP". Das Kürzel "AVP" mit einer hochgestellten "1", gefolgt von einem konkreten Betrag in Euro, taucht überdies jeweils bei den einzelnen Angeboten auf.
Am unteren Ende der Seite findet sich zu der hochgestellten "1" die Erklärung: "AVP=Preisangabe entspricht Apothekenverkaufspreis (AVP) (Quelle ABDA-Artikelstamm)".
Auf diese Weise wird die geweckte Vorstellung des Verbrauchers über den beworbenen Preisvorteil jedenfalls nicht korrigiert.
Der durchschnittlich informierte Verbraucher weiß insbesondere nicht, was der "ABDA-Artikelstamm" ist (vgl. auch OLG Stuttgart Urteil vom 14. November 2013, 2 U 162/12, Anlage Bk 5 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Januar 2014, dort S. 12).
 
bb)
Nach dem Vorbringen des Beklagten, dem die Antragsmodifizierung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 17. Januar 2014 Rechnung trägt, waren das Kürzel "AVP" in der Sternchenauflösung "Preisvorteil gegenüber AVP" sowie das Wort "ABDA-Artikelstamm" in der Fußnote 1 „AVP"=Preisangabe entspricht Apothekenverkaufspreis (AVP) (Quelle ABDA-Artikelstamm)" mit Links unterlegt, die zu folgender Unterseite geführt haben:

„Was ist der AVP? Der AVP ist der Apothekenverkaufspreis. Die vom ABDATA-Pharma-Daten-Service herausgegebene sogenannte "Lauer-Taxe", teilweise auch  als „ABDATA-Artikelstamm" oder "Große Deutsche Spezialitätentaxe" bezeichnet, enthält die Daten sämtlicher Fertigarzneimittel und apothekenüblicher Waren, die in Deutschland für den Handel zugelassen und bei der Informationsstelle für Arzneimittelspezialitäten gemeldet sind. Erfasst sind dort unter anderem die Artikelbezeichnung, Packungsgröße, Darreichungsform, die PZN (Pharmazentralnummer) und Preise. Der ABDATA-Pharma-Daten-Service gehört zu einer Tochtergesellschaft der ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände).
Der bei Fertigarzneimitteln angegebene Verkaufspreis (AVP) ist gemäß § 129 Abs. 5a SGB V nach dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens und der Arzneimittelverordnung der verbindliche Abrechnungspreis. Diesen stellen Apotheken den Krankenkassen in Rechnung, wenn die Kosten für ein nicht rezeptpflichtiges Arzneimittel von der gesetzlichen  Krankenversicherung Übernommen werden, beispielsweise bei Kindern.
Bei anderen Waren des apothekenüblichen Sortiments entspricht der AVP der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) des Herstellers, wenn dieser einen solchen angegeben hat.
Der aktuelle Verkaufspreis gemäß "Lauer Taxe" spiegelt traditionell den Preis wider, den alle beteiligten Parteien (Hersteller; pharmazeutischer Großhandel, Apotheken, Verbraucher) im Rahmen der allgemeinen Verkehrsauffassung verwenden und akzeptieren. Die Angabe im Shop erfolgt aus Servicegründen, um die im Einzelfall realisierbare Ersparnis eines Produkts gegenüber dem üblichen Verkaufspreis darzustellen."


cc)
Es erscheint schon zweifelhaft, ob der sich der Werbung des Beklagten nur mit geringer Aufmerksamkeit zuwendende Verbraucher sich überhaupt veranlasst sieht, über die vorgehaltenen Links die Unterseite aufzurufen, wenn er sich durch die ersten Erläuterungen des Beklagten in seiner Erwartung bestätigt sieht, dass der "AVP" der Apothekenverkaufspreis ist.
Unterstellt der Verbraucher tut dies und befasst sich entgegen der lebensnahen Erwartung des Landgerichts mit dem vorgehaltenen Text, stellt sich zunächst die Frage, ob der Durchschnittsverbraucher Fertigarzneimittel zutreffend von anderen Waren des apothekenüblichen Sortiments abgrenzt.
Jedenfalls nach der Lektüre des letzten Absatzes des Texts, wenn er also erfährt dass Hersteller, pharmazeutischer Großhandel und Apotheken den Verkaufspreis gemäß "Lauer-Taxe" verwenden und akzeptieren, aber aufgrund des Angebots des Beklagten weiß, dass dieser Preis unterschritten werden kann, - geht der Verbraucher doch von einer unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers aus. Auf den Hersteller bezogen entnimmt der Verbraucher dem letzten Absatz der vorgehenden Erläuterungen, dass auch der Hersteller den besagten Preis verwendet.

5.
Dieser Eindruck ist unzutreffend.

a)
Der sogenannte "Apothekenverkaufspreis" für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, der den als "Lauer-Taxe" (oder "ABDA-Artikelstamm" oder "Große deutsche Spezialitätentaxe") bezeichneten Datensammlungen bzw. Softwareprodukten entnommen Werden kann, ist keine unverbindliche Preisempfehlung in diesem Sinne.
Der "Lauer-Taxe" liegt Folgendes zugrunde:

Für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die (ausnahmsweise) zu. Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, haben die pharmazeutischen Unternehmer nach § 78 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz, AMG zum Zwecke der Abrechnung der Apotheken mit den Krankenkassen einen einheitlichen Abgabepreis anzugeben.
Die Abrechnung zwischen den Apotheken und den gesetzlichen Krankenkassen erfolgt jedoch nicht zu diesem Betrag.
Abrechnungsgrundlage ist vielmehr die Summe, die sich aus der Addition des Abgabepreises des Herstellers und der Handelszuschläge (Großhandels-, und Apothekenzuschläge) ergibt, die in der Arzneimittelpreisverordnung festgelegt sind (vgl. § 129 Abs. 5a SGB V sowie BT-Drucksache 16/4247 S. 65), unter Berücksichtigung weiterer preisbildender Faktoren, die unter anderem in § 130a SGB V normiert sind (vgl. Koyuncu in: Deutsch/Lippert, AMG, 3. Aufl., § 78, Rn 44 ff).
 
Um die Abrechnung zu ermöglichen, sind die pharmazeutischen Unternehmer verpflichtet, die erforderlichen Preis- und Produktangaben einschließlich der Rabatte nach § 130 a SGB.V  an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker sowie an die Kassenärztliche Bundesvereinigung und den Gemeinsamen Bundesausschuss im Wege elektronischer Datenübertragung und maschinell verwertbar auf Datenträgern zu übermitteln und haben dabei auch den für den Versicherten maßgeblichen Arzneimittelabgabepreis anzugeben (§ 131 Abs. 4 Satz 2 SBG V).
Der Gesetzgeber war der Auffassung, dass die pharmazeutischen Unternehmer die nach § 131 Abs. 4 Satz 2 SGB V bestehende Verpflichtung erfüllen können, indem die erforderlichen Angaben im Auftrag der pharmazeutischen Unternehmer von den Betreibern der für den Arzneimittelmarkt maßgeblichen Meldestellen übermittelt werden. Diese Meldestellen sind ABDATA und IFA GmbH. (BT-Drucksache 16/194, S. 11)
Die IFA GmbH (Informationsstelle für Arzneimittelspezialitäten), die von ihren Gesellschaftern, der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), dem Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) sowie dem Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V. (PHAGRO) 1988 gegründet worden ist, hat unter anderem die satzungsgemäße Aufgabe, Informationen über die geltenden Herstellerabgabepreise für Arzneimittel einzuholen und zu überprüfen sowie die Pharmazentralnummer zu vergeben (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2013, B 1 KR 18/12 R).
Die ABDATA, ein Unternehmensbereich der Werbe- und Vertriebsgesellschaft Deutscher Apotheker mbH, ist berechtigter Bezieher der von IFA verarbeiteten Daten und hat das  ausschließliche Recht, diese Daten direkt oder durch Dritte an Apotheken zu übermitteln und zu diesem Zweck weiterzuverarbeiten. Sie gibt den "ABDA-Artikelstamm" heraus. (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2013, B 1 KR 18/12 R)
Im Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 SGB V in der Fassung vom 15. Juni 2012 zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband e.V. ist dementsprechend in § 8b festgelegt, dass die pharmazeutischen Unternehmer mit vollständiger und zutreffender Meldung der für die Abrechnung erforderlichen Preis- und Produktinformationen an die IFA GmbH und Übermittlung dieser Daten im Rahmen der Vereinbarung über ein "Produktverzeichnis Arzneimittel" zwischen der IFA GmbH, der WuV/ABDATA und dem GKV-Spitzenverband in der jeweils geltenden Fassung ihre Pflicht nach § 131 Absatz 4 SGB V erfüllen.
Bei der "Lauer-Taxe" handelt es sich schließlich konkret um Apothekensoftware, die den Zugriff auf Daten der IFA GmbH bzw. der WuV/ABDATA ermöglicht (vgl. auch Anlage B 3 zur Klageerwiderung unter "Große Deutsche Spezialitätentaxe/Lauer-Taxe").
 
Weder der einheitliche Abgabepreis im Sinne des § 78 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz AMG noch der Arzneimittelabgabepreis im Sinne des § 129 Abs. 5a SGB V noch der "Apothekenverkaufspreis" der "Lauer-Taxe" beinhalten danach eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers oder einen von diesem vorgegebenen Richtwert für den Verkaufspreis bei Abgabe des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels an den Verbraucher, wenn die Kosten von der Krankenversicherung nicht übernommen werden. Sie sind ausschließlich für die Abrechnung der Apotheken mit den gesetzlichen Krankenkassen bestimmt.

b)
Der Standpunkt des Beklagten, er werbe nicht irreführend, weil der für die Abrechnung der Apotheken mit den gesetzlichen Krankenkassen bestimmte Preis wie eine unverbindliche Preisempfehlung wirke, da der überwiegende Teil der Apotheken diesen Preis als Referenz für die Preiswerbung bzw. ihre Preisgestaltung verwende, überzeugt nicht.
Dem Vortrag des Beklagten ist zu entnehmen, dass in den "gängigen Warenwirtschaftssystemen", also in der in den Apotheken überwiegend verwendeten Software, auch die Preise für nicht preisgebundene Arzneimittel voreingestellt sein sollen, und zwar in Gestalt der Beträge, die für die Abrechnung der Apotheken mit den gesetzlichen Krankenkassen gelten.  
Will der Apotheker das nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu einem anderen Preis verkaufen, muss er die Voreinstellung ändern.
Wenn es gängige Praxis der Vertreiber von Apothekensoftware ist, den für die Abrechnung der Apotheken mit den gesetzlichen Krankenkassen bestimmten Preis aus der "Lauer-Taxe" als Verkaufspreis voreinzustellen, wird daraus auch dann keine unverbindliche Preisempfehlung des pharmazeutischen Herstellers, wenn die Mehrheit der Apotheker diesen Preis  
übernimmt.

6.
Es fehlt auch nicht an wettbewerblicher Relevanz der Irreführung.
Die hervorgerufene Fehlvorstellung ist geeignet, das Marktverhalten der Gegenseite also die Entscheidung für die vom Beklagten beworbenen Arzneimittel, mit zu beeinflussen.
In der Regel kann aus dem Hervorrufen einer Fehlvorstellung auf die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Irreführung geschlossen werden. Eine Ausnahme von dieser Regel kommt jedoch in Betracht, wenn über Umstände getäuscht worden ist, die für das Marktverhalten der Gegenseite nur eine unwesentliche Bedeutung haben. (vgl. BGH GRUR 2008, 443. - Saugeinlagen; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. § 5, Rn 2.169, 2.178)
Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
 
a)         
Die Preisempfehlung des Herstellers betrachtet der Verbraucher als Orientierungsgröße, die es ihm ermöglicht, einen Preis- als günstig oder ungünstig einzuschätzen, ohne einen eigenen Preisvergleich vornehmen zu müssen.
Je größer die angegebene Differenz zwischen dem beworbenen Preis und der Preisempfehlung bzw. die prozentuale Ersparnis ist, desto größer ist in aller Regel der Kaufanreiz und damit die Bedeutung des beworbenen Preisvorteils für die Kaufentscheidung.
 
b)
Die Irreführung über den Hintergrund des angegebenen Referenzpreises "AVP" verliert, nicht deshalb ihre Relevanz, weil die Preise, die gegenüber den Krankenkassen abgerechnet werden, nach dem erstinstanzlichen Vortrag des Beklagten niedriger sind als es Preisempfehlungen der pharmazeutischen Hersteller für die Abgabe an den Endverbraucher wären.
Auf der Grundlage dieses Vortrages sind die beworbenen Ersparnismöglichkeiten reine Phantasieprodukte des Beklagten. Der "AVP", die angegebenen Differenzbeträge zwischen dem beworbenen Preis und der Preisempfehlung bzw. die prozentuale Ersparnis sind dann völlig aus der Luft gegriffene Zahlen.
 
c)
Die Relevanz entfällt auch nicht deshalb, weil die Mehrheit der Apotheker nach der Darstellung des Beklagten trotz der Preisfreiheit nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel  
vom Verbraucher (weiterhin) die Preise fordert, die für die Abrechnung der Apotheken mit dem gesetzlichen Krankenkassen gültig sind.
Angesichts einer unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers erwartet der Verbraucher einen vom Hersteller aufgrund einer ernsthaften Kalkulation ermittelten angemessenen Preis für die Abgabe an den Verbraucher (vgl. BGH GRUR 2004, 246 — Mondpreise?, Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 5, Rn 7.51).
Der Verbraucher misst einer solchen Angabe einen höheren Informationswert und ein größeres Maß an Vertrauenswürdigkeit bei als einer auf nicht nachvollziehbaren Erkenntnissen beruhenden Markteinschätzung des Werbenden hinsichtlich des regelmäßig von einer nicht näher eingegrenzten (Mehr-)Zahl von Mitbewerbern geforderten Preises.
Auf eine andere Erkenntnisgrundlage kann der Beklagte sich aber hinsichtlich der im Zeitpunkt der beanstandeten Werbung aktuellen Verhältnisse offenbar nicht stützen.

d)
Entgegen der offenbar vom Beklagten vertretenen Auffassung lässt sich die wettbewerbliche Relevanz der Irreführung im vorliegenden Fall nicht deshalb verneinen, weil der  
irregeführte Verbraucher mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit keinen wirtschaftlichen Nachteil erleidet, wenn er sich für den Kauf eines der beworbenen Mittel entscheidet.  
Grundsätzlich darf mit einer irreführenden Angabe auch nicht für einen tatsächlich gebotenen Vorteil geworben werden, da das Irreführungsverbot nicht allein den Abnehmer des  
beworbenen Produkts schützen soll, sondern auch die Mitbewerber, deren Interessen beeinträchtigt werden, wenn die Verbraucher durch irreführende Angaben zur Konkurrenz gelockt  
werden (vgl. Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 5, Rn 2,189). Dieser Aspekt ist bei der Relevanzprüfung zu berücksichtigen, da "irreführende Werbung" in Art. 2 lit.  
b) der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung wie folgt definiert wird: Jede Werbung,  
die in irgendeiner Weise -...- die Personen, an die sie sich richtet oder die von ihr erreicht werden, täuscht oder zu täuschen geeignet ist und, die infolge der ihr  
innewohnenden Täuschung ihr wirtschaftliches Verhalten beeinflussen kann. oder aus diesen Gründen einen Mitbewerber schädigt oder zu schädigen geeignet ist" (vgl. Bornkamm in:  
Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. § 5, Rn 2.171).

e)
Die Relevanz ist auch dann nicht zu verneinen, wenn es - wie der Beklagte behauptet - keinen Fall gibt, in dem eine unverbindliche Preisempfehlung eines Herstellers unter dem  
"AVP" liegt. Erstinstanzlich hat der Beklagte vorgetragen, dass eine Vielzahl von Herstellern eine unverbindliche Preisempfehlung nicht vorgibt.


f)
Aus welchen Gründen der vorliegende. Fall mit dem Sachverhalt vergleichbar sein soll, in dem in einem Prospekt ein herabgesetzter Preis beworben wird, im Geschäft am Regal der  
ursprüngliche, höhere Preis ausgewiesen ist, an der Kasse aber der reduzierte Preis verlangt wird, ist nicht nachzuvollziehen. Der Beklagte verlangt die beworbenen Preise.

7.
Entgegen der Auffassung des Beklagten nimmt ihm das ausgesprochene Verbot nicht die Möglichkeit der Preiswerbung mit Ausnahme der Gegenüberstellung eigener aktueller und eigener  
früherer Preise.
Es steht dem Beklagten frei, z.B. im Rahmen von § 6 UWG vergleichend zu werben.
 
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO). Die Entscheidung folgt der höchstrichterlichen Rechtsprechung und sie beruht auf den besonderen Umständen des  
vorliegenden Falles. Das ausgesprochene Verbot enthält insbesondere kein generelles Verbot der Werbung mit Vergleichen zu einem "AVP".