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LG Berlin: Rezeptbonus einer Apotheke von bis zu drei Euro pro Rezept ist nicht wettbewerbswidrig

LG Berlin, Urteil vom 07. Febrauar 2012, Az.: 15 O 133-11

Landgericht Berlin
Im Namen des Volkes
Urteil


Geschäftsnummer: 15 O 133/11
verkündet am: 07.02.2012

In dem Rechtsstreit

hat die Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin in Berlin-Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 07.02.2012 für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 208,65 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. April 2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3 zu
tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Beklagten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % hiervon.


TATBESTAND

Der Kläger ist die […] e.V.
Der Beklagte ist Apotheker; er betreibt u. a. die „[…] Apotheke […]“in Berlin.
Im Rahmen seines Kundenbindungssystems gewährt der Beklagte bei der Einlösung von Rezepten Gutscheine im Wert von 1,- €; maximal werden zwei Gutscheine zu je 1,- pro Rezept ausge¬geben. Auf einem Rezept können bis zu drei Medikamente verschrieben werden.

Der Beklagte schaltete auf der Titelseite des Stadtteilmagazins „Blickpunkt […]“ Ausgabe 69,
Dezember 2010/Januar 2011 (Anlage K 2) eine Anzeige, in der es heißt:
„Das gab's noch nie! Jetzt bei uns Ihr Rezept einlösen und bis zu 2 € sparen*
*Pro Rezepteinlösung erhalten Sie von uns Wertgutscheine im Wert von bis zu 2 Euro. Einzulösen bei Ihrem nächsten Einkauf in unserer Apotheke.“ Neben diesem Text enthält die Anzeige Abbil-dungen zweier Gutscheine über jeweils „1 Euro“, auf denen es heißt:
„Bester Preis der Stadt […] Garantiert […] Gegen Abgabe dieses Gutscheins vergüten wir Ihnen bei Ihrem nächsten Einkauf 1 Euro.“
Darüber hinaus ließ der Beklagte Flyer (Anlage K 3) mit demselben Text und denselben Abbildun¬gen verteilen.

Der Kläger mahnte den Beklagten im Hinblick auf diese Werbemaßnahmen durch Schreiben vom 20.12.2010 (Anlage K 4) ab und verlangte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Durch anwaltliches Schreiben vom 18.01.2011 (Anlage K 5) ließ der Beklagte die geltend gemachten Ansprüche zurückweisen.

Der Kläger macht geltend, die Werbung des Beklagten stelle einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 78 Abs. 2 und 3 AMG in Verbindung mit den Vorschriften der AMPreisV dar und beruft sich dazu auf die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 09.09.2010 - I ZR 98/08 -, - I ZR 37/08 -, - I ZR 26/09 -, - I ZR 193/07 - und - I ZR 125/08 -. Nach den von dem Bundesgerichtshof aufgestellten Kriterien sei davon auszugehen, dass der Wert der durch einen Gutschein vermittelten Zuwendung einen Betrag von 1,- nicht überschreiten dürfe. Darüber hinausgehende Zuwendungen überschritten den Bagatellbereich. So liege es im Streitfall.
Daneben verstoße die Werbung gegen das Transparenzgebot, §§ 3, 4 Nr. 4 UWG, da der Kunde bei der beworbenen Ersparnis von bis zu 2,- € nicht erkennen könne, nach welchen Kriterien der letztlich tatsächlich zugewandte Vermögensvorteil von dem Beklagten bestimmt werde. Dazu beruft sich der Kläger auf das Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16.11.2004 - 6 U 38/04 -.
Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass die Höhe der Gutscheine danach bestimmt werde, ob der Kunde die Apotheke mit einer Verschreibung über ein Medikament oder mit einer Verschreibung über zwei oder drei Medikamente aufsucht.

Der Kläger hat in der dem Beklagten am 09.04.2011 zugestellten Klageschrift angekündigt zu beantragen,

den Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr bei Rezepteinlösungen Wertgutscheine anzubieten, wenn dies geschieht wie in Anlagen K 2 und K 3 wiedergegeben und/oder ankündigungsgemäß zu verfahren;

2. an den Kläger 208,65 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat im Schriftsatz vom 01.02.2012 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung dahingehend abgegeben, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für die Gewährung von Wertgutscheinen bei der Rezepteinlösung zu werben, wenn dies geschieht wie in Anlagen K 2 und K 3 der Klage vom 23.03.2011 wiedergegeben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 07.02.2012 hat der Beklagte erklärt, dass sich diese Unterlassungserklärung auf den gerügten Verstoß nach § 4 Nr. 4 UWG bezieht. Der Kläger hat die Unterlassungserklärung daraufhin angenommen und den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich der teilweisen Erledigungserklärung angeschlossen.

Unter Abänderung seines zu Ziffer 1. angekündigten Antrages beantragt der Kläger nunmehr,

den Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr bei Rezepteinlösungen betreffend verschreibungspflichtige preisgebundene Arzneimittel Wertgutscheine anzubieten, wenn dies geschieht wie in Anlagen K 2 und K 3 wiedergegeben und/oder ankündigungsgemäß zu verfahren;

2. an den Kläger 208,65 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die Anzahl der pro Rezept ausgegebenen Gutscheine hänge von der Anzahl der verschriebenen Medikamente ab. Kunden, die mit einem Rezept über ein Medikament die Apotheke des Beklagten aufsuchten, erhielten einen Gutschein im Wert von 1,- €; bei zwei oder drei Medikamenten seien es 2,- €.
Der Beklagte hält die Klage aus mehreren Gründen für unschlüssig:
Soweit der Klageantrag zu Ziffer 1. auch das Verbot umfasse, ankündigungsgemäß zu verfahren, habe der Kläger nicht dargelegt, wie denn tatsächlich verfahren werde, so dass nicht erkennbar sei, was mit „ankündigungsgemäß zu verfahren“ verboten werden solle.
Weder die beanstandeten Werbemaßnahmen noch die Gewährung der Gutscheine verstoße gegen die Vorschriften der AMPreisV, die für preisgebundene Arzneimittel gelte. Für die Bestimmung der Spürbarkeit im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Relevanz sei auf die Geringwertigkeitsschwelle des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG abzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den von dem Kläger angeführten Entscheidungen seien Vergünstigen mit einem Wert von bis zu 1,- € als geringwertig anzusehen. Von dem Unterlassungsantrag sei auch das Gewähren von Vergünstigungen mit einem Wert von bis zu 1,- umfasst, was aber wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden sei.
Bei den von dem Beklagten gewährten Gutscheinen in Höhe von 1,- € pro Arzneimittel würden die Vorgaben des Bundesgerichtshofs eingehalten. Dessen Entscheidungen lasse sich nicht entnehmen, dass die dortige Wertgrenze pro Rezept gelten solle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 07.02.2012 (BL 101f d. A.) Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die zulässige Klage ist hinsichtlich des Zahlungsantrages zu 2. begründet und hinsichtlich des Unterlassungsantrages zu 1. - soweit noch rechtshängig - unbegründet.

I. 1. Der Kläger ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG Im Hinblick auf den streitgegenständlichen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch prozessführungsbefugt (und aktivlegitimiert). Für Wirtschafts- und Verbraucherverbände im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 und 3 UWG gilt die Theorie der Doppelnatur, so dass die in diesen Vorschriften aufgestellten Begründetheitsvoraussetzungen zugleich der Feststellung der Prozessführungsbefugnis dienen und damit von Amts wegen zu prüfen sind (vgl. BGH GRUR 2005, 689f - Sammelmitgliedschaft III, zitiert nach juris, Rz. 14; BGH GRUR 2007, 610-612 - Sammelmitgliedschaft V. zitiert nach juris, Rz. 14; BGH GRUR 2007, 809f - Krankenhauswerbung, zitiert nach juris, Rz. 12).
Im Streitfall bestehen keine Zweifel, dass die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG vorliegen. Denn dem Kläger gehören sämtliche Industrie- und Handelskammern an, die ihrerseits zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen innerhalb ihres weiten Aufgabenbereichs aktivlegitimiert sind und damit auch die Aktivlegitimation des Klägers vermitteln (vgl. OLG München WRP 2009, 1014-1016, zitiert nach juris, Rz. 23; OLG Stuttgart WRP 2012, 111-117, zitiert nach juris, Rz. 49 m.w.N.).
Im Übrigen stellt der Beklagte die Prozessführungsbefugnis (und Aktivlegitimation) des Klägers auch nicht in Abrede.

2. Der Kläger kann von dem Beklagten die zuletzt noch geltend gemachte Unterlassung - bezogen auf preisgebundene verschreibungspflichtige Arzneimittel - nicht nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs.1, § 3 AMPreisV verlangen.

Allerdings ist sowohl in der beworbenen Ausgabe von Wertgutscheinen als auch in deren Einlösung ein Verstoß gegen die in § 78 Abs. 2 S. 2 AMG und §§ 1, 3 AMPreisV festgesetzte Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente zu sehen.

Ein Verstoß gegen die in den genannten Vorschriften geregelte arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt nämlich nicht nur dann vor, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der AMPreisV zu berechnenden Preis abgibt. Die Bestimmungen der AMPreisV werden vielmehr auch dann verletzt, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen (BGH GRUR 2010, 1136-1138 - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE, zitiert nach juris, Rz. 17 m.w.N.). Insbesondere ein über einen bestimmten Geldbetrag lautender Gutschein stellt einen Vorteil in diesem Sinne dar (BGH a.a.O., Rz. 18 m.w.N,).
So liegt es im Streitfall. Pro Rezepteinlösung in der Apotheke des Beklagten erhalten die Kunden 1,- € -Wertgutscheine bis zu einem Wert von maximal 2,- €, die bei einem Einkauf in der Apotheke eingelöst werden können.

Die zitierten Regelungen des Arzneimittelpreisrechts stellen auch Marktverhaltensregeln im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar (BGH GRUR 2010, 1136-1138 - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE, zitiert nach juris, Rz. 22 m.w.N.).

Das beanstandete Verhalten des Beklagten ist allerdings nicht geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG spürbar zu beeinträchtigen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt arzneimittelrechtlich zumindest in den Fällen, in denen es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um geringwertige Kleinigkeiten im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 HWG handelt, lediglich ein Verstoß vor, der nicht geeignet ist, den Wettbewerb bzw. die Interessen von Marktteilnehmern in relevanter Weise zu beeinträchtigen. Dies gilt auch dann, wenn die Werbung - wie im Streitfall - nicht produktbezogen erfolgt (BGH a.a.O., Rz. 24).
Nach dem Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 HWG fallen unter den Begriff der geringwertigen Kleinigkeit allein Gegenstände von so geringem Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheint. Als geringwertige Kleinigkeiten sind daher nur kleinere Zugaben anzusehen, die sich als Ausdruck allgemeiner Kundenfreundlichkeit darstellen (BGH a.a.O., Rz. 25 m.w.N.).

Hinsichtlich der Wertgrenze enthalten die von dem Kläger in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 09.09,2010 keine eindeutige Festlegung.
Bei einem Einkaufsgutschein im Wert von 5 € für jedes eingelöste Rezept für verschreibungspflichtige Arzneimittel soll es sich nicht um eine geringwertige Kleinigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 HWG handeln, da bei einer Publikumswerbung - im Hinblick auf die leichtere Beeinflussbarkeit der Werbeadressaten - von einer niedrigeren Wertgrenze auszugehen sei (BGH GRUR 2010, 1136-1138 UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE, zitiert nach juris, Rz. 25 m.w.N.). Demgegenüber überschreitet eine Werbegabe im Wert von 0,50 € die Wertgrenze nicht (BGH MPR 2010, 206-207 - Bonus-Taler, zitiert nach juris, Rz. 23).
Nach der Entscheidung „Bonuspunkte“ (BGH GRUR 2010, 1133-1135, zitiert nach juris, Rz. 22) handelt es sich auch bei Bonuspunkten im Wert von 1,- € um geringwertige Kleinigkeiten im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 HWG. Dementsprechend stellte der Bundesgerichtshof u. a. fest, dass die dortige Beklagte (Mitbewerberin) keinen Anspruch darauf hat, dass es der dortige Kläger (Apothekenbetreiber) unterlässt, bei Einlösung von Rezepten Bonuspunkte für jedes gekaufte rezeptpflichtige Medikament zu gewähren und/oder gewähren zu lassen.

Nach den von dem Bundesgerichtshof in den genannten Entscheidungen aufgestellten Grundsätzen stellen die von dem Beklagten angebotenen Wertgutscheine, wie in den Anlagen K 2 und K3 wiedergegeben, geringwertige Kleinigkeiten im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 HWG dar.

Vorweg ist festzuhalten, dass - soweit der Kläger den Vortrag des Beklagten zu seinem Gutscheinsystem „vorsorglich mit Nichtwissen“ bestreitet -, dieses Bestreiten unbeachtlich ist. Angesichts des substantiierten Vortrags des Beklagten, der auch durch die beanstandete Werbung gestützt wird (Abdruck von 1 Euro-Gutscheinen), durfte sich der Kläger selbst dann nicht auf ein Bestreiten mit Nichtwissen beschränken, wenn dem Beklagten diesbezüglich die Darlegungs- und Beweislast oblegen hätte. Die Erklärungslast des Gegners nach § 138 Abs. 3 ZPO ist Auswirkung des Verhandlungsgrundsatzes, der Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) und der Prozessförderungspflicht. Aus der Prozessförderungspflicht folgt, dass der Gegner sich im Allgemeinen nicht auf ein bloßes Bestreiten beschränken darf. Erfüllt eine Partei die ihr obliegende Darlegungslast, muss sich auch der Gegner substantiiert äußern und dazu ggfs. Erkundigungen einholen. Dem ist der Kläger, der ohne weiteres hätte verifizieren können, in welchen Fällen bei einer Rezepteinlösung ein und wann zwei 1,- €-Wertgutscheine ausgegeben werden, nicht nachgekommen.

Von vornherein unbegründet ist das klägerische Unterlassungsbegehren, soweit es sich gegen das Anbieten und Einlösen eines 1,- €- Wertgutscheins richtet. Auch dieses Verhalten des Beklagten ist von dem Antrag zu 1. umfasst. Denn aus den im Antrag in Bezug genommenen Anlagen K 2 und K 3 ergibt sich sowohl, dass es nur 1,- €-Gutscheine gibt (von denen maximal zwei ausgegeben werden) als auch, dass Rezepteinlösungen möglich sind, bei denen nur ein 1,- €-Gutschein ausgegeben wird.
Bei einem 1,- €-Gutschein handelt es sich aber lediglich um eine geringwertige Kleinigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 HWG (BGH GRUR 2010, 1133-1135 - Bonuspunkte, zitiert nach juris, Rz. 22).

Aber auch soweit der Beklagte Gutscheine im Wert von insgesamt 2,- € anbietet und einlöst, gilt im Ergebnis nichts anderes. Nach Auffassung der Kammer kommt es nicht auf die Höhe der angebotenen Gutscheine pro einzulösendem Rezept an, sondern auf die Höhe des angebotenen Gutscheins pro verschreibungspflichtigem Medikament. Denn es hängt mehr oder weniger vom Zufall ab, ob mehrere Medikamente auf einem oder mehreren Rezepten verordnet werden. Es läge ein Wertungswiderspruch vor, wenn die Ausgabe von drei Gutscheinen à 1,- € bei Einlösung von drei Rezepten über jeweils ein verschreibungspflichtiges Medikament wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden wäre, wohl aber die Ausgabe von zwei Gutscheinen à 1,- € bei Einlösung eines Rezepts über drei verschreibungspflichtige Medikamente.
Soweit sich der Kläger zur Begründung seiner Auffassung, die wettbewerbsrechtliche Spürbarkeitsschwelle sei überschritten, auf die Anlockwirkung beruft, die mit der Ankündigung einer Ersparnis von bis zu 2,- € verbunden sei, führt auch dies auf der Grundlage der bereits zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Bonuspunkte“ zu keinem anderen Ergebnis. Der Bundesgerichtshof hat auf den Wert der bei Einlösung von Rezepten gewährten einzelnen Bonuspunkte für jedes gekaufte rezeptpflichtige Medikament abgestellt und nicht auf die Anlockwirkung, die davon ausging, dass dem Kunden bei Vorlage einer vollständig ausgefüllten Bonuskarte ein Preisnachlass in Höhe von sogar 10,- € angeboten wurde. Auch das Bewerben einer solchen Aktion hielt der Bundesgerichtshof wettbewerbsrechtlich für zulässig.
Die Kammer sieht keine Veranlassung für eine andere Wertung im Streitfall.

II. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten in pauschalierter Höhe von 208,65 nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu.
Nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG kann der zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigte im Falle einer berechtigten Abmahnung Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Der Kläger hat den Beklagten vor Klageerhebung durch Schreiben vom 20.12.2010 wegen der streitgegenständlichen Werbehandlung abgemahnt. Die Abmahnung berechtigt, soweit der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auf einen Verstoß gegen das Transparenzgebot gestützt wurde (dazu unten unter III.1.). Unerheblich ist, dass die Abmahnung zu weit ging. Die Kostenpauschale ist auch dann in voller Höhe zu zahlen, wenn die Abmahnung nur teilweise berechtigt war (BGH NJW 2010, 864-868, zitiert nach juris, Rz. 41 m.w.N.; Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage, § 12, Rz. 1.99 m.w.N.).

Die vom Kläger bezifferte Kostenpauschale in Höhe von 208,65 € war zur Vornahme der Abmahnung erforderlich, wie der Kläger im Einzelnen dargelegt hat. Gegen die Höhe der geltend gemachten Kosten hat der Beklagte Einwände nicht erhoben. Dass andere Verbände ggfs. geringere Pauschalen in Ansatz bringen, ist unerheblich. In welcher Höhe andere Verbände eine Kostenpauschale für Personal- und Sachkosten verlangen können, richtet sich nach der Lage des Einzelfalls (vgl. OLG Hamburg MMR 2008, 743-746, zitiert nach juris, Rz. 48 m.w.N.; Köhler/Bornkamm. UWG, 29. Auflage, § 12, Rz. 1.98 m.w.N.).

Die zuerkannten Zinsen beruhen auf §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB,

III. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 91a Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Hinsichtlich des übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärten Unterlassungsantrages - nämlich soweit er auf einen Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 4 Nr. 4 UWG gestützt wurde - war über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Im Rahmen des § 91a Abs. 1 ZPO sind die sich aus §§ 91ff ZPO ergebenden allgemeinen Grundgedanken des Kostenrechts heranzuziehen, so dass insbesondere derjenige die Kosten zu tragen hat, der ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses im Verfahren voraussichtlich unterlegen wäre. Bei dieser Prognoseentscheidung darf sich das Gericht aus prozessökonomischen Gründen mit einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht begnügen; es verbietet sich regelmäßig, alle rechtlichen Zweifelsfragen auszuschöpfen (KG, Beschluss vom 30.07.2010 - 5 U 8/09 -, m.w.N.).
Hier hat der Beklagte die auf den für erledigt erklärten Teil entfallenden Kosten zu tragen, da er diesbezüglich ohne das erledigende Ereignis in Gestalt der im Schriftsatz vom 01.02.2012 abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung im Verfahren voraussichtlich überwiegend unterlegen wäre.

Dem Kläger stand insoweit gegen den Beklagten nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3, 4 Nr. 4 UWG ein Unterlassungsanspruch zu, soweit sich die begehrte Unterlassung auf das Anbieten von Wertgutscheinen gemäß den Anlagen K 2 und K 3 bezog. Lediglich das ankündigungsgemäße Verfahren in Form der Einlösung der Gutscheine hätte nach § 4 Nr. 4 UWG nicht untersagt werden können.

Die inhaltliche Gestaltung sowohl der Anzeige in dem Stadtteilmagazin „Blickpunkt […]“ als auch des Flyers stellt einen Verstoß gegen die in §4 Nr. 4 UWG vorgesehene Pflicht, über die Bedingungen der Inanspruchnahme von Verkaufsförderungsmaßnahmen zu informieren, dar. Der Begriff der Begriff der Bedingung im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG erfasst alle aus der Sicht des Verbrauchers nicht ohne Weiteres zu erwartenden Umstände, die die Möglichkeit einschränken, in den Genuss der Vergünstigung zu gelangen (BGH GRUR 2010, 247, 248 - Solange der Vorrat reicht, zitiert nach beck-online. Rz. 13).

Bei den genannten Werbemaßnahmen handelt es sich jeweils um eine Verkaufsförderungsmaßnahme in Gestalt eines Preisnachlasses, denn die Gewährung eines Gutscheins über einen bestimmten Geldbetrag, der beim Kauf auf den Kaufpreis angerechnet wird, stellt einen (vorweggenommenen) Preisnachlass und nicht etwa ein Geldgeschenk dar (Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Auflage, § 4, Rz. 1.122 m.w.N.).

Bei Preisnachlässen gehört zu den Bedingungen der Inanspruchnahme die Angabe darüber, welche Waren mit welchen Preisnachlässen erworben werden können (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4, Rz. 4.13) Bei der beanstandeten Werbung bleibt indes offen, worauf die Wertgutscheine eingelöst werden können (nur auf freiverkäufliche Arzneimittel oder andere, in der Apotheke erhältliche Erzeugnisse; auch auf Rezeptgebühren).

Des Weiteren ist ein Verstoß gegen die Informationspflichten nach § 4 Nr. 4 UWG darin zu sehen, dass mit einer Ersparnis bzw. mit Wertgutscheinen „bis zu 2 €“ geworben wird, denn aus der gesamten Werbung einschließlich Sternchenhinweis geht nicht hervor, unter welchen Bedingungen der (Höchst-) Betrag von 2,- € erlangt werden kann.
Grundsätzlich ist im Hinblick auf Angaben zur absoluten oder relativen Höhe des Preisnachlasses nach der konkreten Art der Werbung zu unterscheiden. Bezieht sich die Rabattankündigung auf einzelne Artikel, so muss der Werbende die genaue - absolute oder relative - Höhe des Rabatts angeben. Bezieht sich die Werbung dagegen auf ganze Warengruppen, reicht es aus, wenn ein Rabatt in allgemeiner Form angekündigt wird, z. B, durch die Formulierung „bis zu“ (Köhler/Bornkamm, a.a.O., §4. Rz. 4.13 rn.w.N.).
Im Streitfall bezieht sich die Werbung auf einen einzigen Artikel („Ihr Rezept“ bzw. „Pro Rezepteinlösung“). Für den von der Werbung Angesprochenen ist unklar, wann die höchstmögliche Ersparnis - zu erhalten als Wertgutschein - eintritt. Dass dies von der Anzahl der auf einem Rezept verschriebenen Produkte abhängt, erschließt sich nicht. Ebenso käme eine Abhängigkeit vom Preis der verschriebenen Produkte in Betracht oder davon, ob und ggfs. in welchem Umfang der ein Rezept Einlösende bereits als Kunde in das Kundenbindungssystem des Beklagten (der Beklagte trägt selbst vor, die Gutscheingewährung erfolge im Rahmen seines Kundenbindungssystems) eingebunden ist. Möglich wäre auch eine Differenzierung nach Art des Rezeptes (Kassenrezept, Privatrezept, grünes Rezept = Rezept über Medikamente, die in der Regel nicht auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden können).

Unerheblich ist, dass der Kunde im Rahmen der Rezepteinlösung vor Ort darüber aufgeklärt wird, wie hoch der Wertgutschein ist und worauf er ihn einlösen kann. Denn es gilt der Grundsatz, dass die nach § 4 Nr. 4 UWG zu erteilenden Informationen über die Bedingungen für die Inanspruchnahme einer Verkaufsförderungsmaßnahme schon im Rahmen der Werbung zur Verfügung gestellt werden müssen. Erfolgt die Werbung außerhalb der Verkaufsstelle, reicht es nicht aus, wenn die Aufklärung erst im Ladenlokal erfolgt, da bereits die Werbung die Anlockwirkung beim Verbraucher erzielt (vgl. BGH GRUR 2009, 1064, 1067 - Geld-zurück-Garantie II, Rz. 33).

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 S. 1 und 2, 708 Nr. 11, 713 ZPO.