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Ärzte dürfen werben - Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ebnet weiter den Weg

Beitrag zu den Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 01. Juni 2011 (Az.: 1 BvR 233/10 und 1 BvR 235/10), veröffentlicht in Patienten- & Pflege Recht mit Qualitätsmanagement, 4-5/2011, S. 82-86

1. EINFÜHRUNG

Gleich aus welcher "Branche" man kommt gilt ein wesentlicher Grundsatz: wer eine Leistung anbietet, benötigt auch Menschen, die diese in Anspruch nehmen. So bringt einem (Zahn)Arzt sein Studium nichts, wenn er keine Patienten hat, die ihn konsultieren, die er beraten und behandeln darf. Aber wie finden die Patienten den Weg zu ihm?

Hierzu gibt es im Wesentlichen zwei Sichtweisen, die weiter nicht auseinander liegen könnten. Auf der einen Seite sollen sich Patienten nur aufgrund des Rufes, der dem Arzt vorauseilt, und aufgrund der Qualität seiner Leistungen, für einen bestimmten Arzt entscheiden. Aufmerksam sollen sie auf ihn werden, weil sie von ihm von Bekannten, Freunden etc. gehört haben oder sein Praxisschild gesehen haben. Auf der anderen Seite soll es einem Arzt auch möglich sein, eigeninitiativ zu werben im Internet, in Zeitungen o.Ä. Er soll die Möglichkeit haben, auf sich aufmerksam zu machen, unter Einhaltung der einschlägigen werberechtlichen Vorgaben. So soll auch für einen (Zahn)Arzt eine reißerische, anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung unzulässig sein [1].

Die erste Sichtweise ist die, die einige Ärztekammern vertreten. Letztere ist die Sichtweise der Gerichte, nicht zuletzt die Sichtweise des Bundesverfassungsgerichts. Es prallen Welten aufeinander. In der Praxis bedeutete die entstehende Divergenz, dass (Zahn)Ärzte sich im Rahmen der Werbung immer wieder standesrechtlichen Verfahren ausgesetzt sehen, die sie - meist ohne Erfolg - durch die Instanzen tragen müssen. Erst wenn der Instanzenzug beendet ist, haben sie die Möglichkeit, Verfassungsbeschwerde zu erheben, um dann - hoffentlich - vor dem Bundesverfassungsgericht Recht zu bekommen. Für diesen jahrelangen Kampf braucht man neben den notwendigen finanziellen Mittel nicht zuletzt auch Kampfgeist und Nervenstärke.

Beides hat ein Arzt aus dem Zuständigkeitsbereich der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe bewiesen und zwei Entscheidungen vor dem Bundesverfassungsgericht erstritten. Sie zeigen, dass das Bundesverfassungsgericht seiner bisherigen Linie treu bleibt [2]. Es ebnet weiter den Weg für die Werbung von Ärzten.


II. AUSGANGSLAGE

Der Zahnarzt betreibt eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis. Daneben erschloss er sich weitere Tätigkeitsfelder. So ist er alleiniger Geschäftsführer eines zahntechnischen Labors, einer Implantologie GmbH und einer Verlagsgesellschaft, die auch Werbemarketingkonzepte für Zahnärzte erstellt. Der Verlag hat einige seiner wissenschaftlichen Arbeiten publiziert. Alle Einrichtungen befinden sich in einem Haus (im Folgenden: AD-Haus), gemeinsam mit der Gemeinschaftspraxis [3].

Das AD-Haus verfügt über einen eigenen Internetauftritt. Auf diesem werden nicht nur die einzelnen Einrichtungen dargestellt. Es besteht auch eine Verlinkung untereinander. So kann man beispielsweise mit einem Klick von der Fachveröffentlichungen bei der Gemeinschaftspraxis zum Verlag gelangen und die einzelnen Fachveröffentlichungen dort bestellen. Die Gemeinschaftspraxis verweist auch auf den Hersteller eines besonderen medizinischen Gerätes, das in der Praxis vorgehalten wird. Ferner machen Pressemitteilungen auf Neuigkeiten aufmerksam. So wurde in diesem Rahmen auf den weiteren akademischen Grad des in Rede stehenden Zahnarztes hingewiesen und der Grad erklärt [4].

Der Zahnarzt setzte nicht nur auf das Internet. Das AD-Haus und seine Einrichtungen wurden auch in einer Anzeige einer regionalen Zeitung beworben. Für die Gemeinschaftspraxis wurden lediglich Schwerpunkte dargestellt, jedoch kein namentlicher Bezug zu einzelnen Zahnärzten hergestellt. Zusätzlich wurden im Rahmen einer Ausstellung Teilnahmekarten für eine Verlosung ausgelegt. Als Preise wurden ein Bleaching, Gutscheine für eine Professionelle Zahnreinigung, Patientenratgeber und Zahnbürsten ausgelobt. Letztlich wurden die Verlosungen jedoch nicht durchgeführt [5].


III. BEWERTUNG DER ZUSTÄNDIGEN KAMMER

All dies war der zuständigen Zahnärztekammer ein Dorn im Auge. Nach der Erteilung von Verweisen und der Auferlegung von Geldbußen leitete sie berufsgerichtliche Verfahren gegen den Zahnarzt ein [6].

Nach ihrer Auffassung dürfen zahnärztliche und gewerbliche Leistungen nicht gleichzeitig beworben werden. Ein derartiges Vorgehen sei standeswidrig weil in ihm ein Verstoß gegen das Werbeverbot der Berufsordnung zu sehen sei. Das Werbeverbot diene dem Schutz dem Schutz der Bevölkerung. Durch die Vermischung von zahnärztlichen und gewerblichen Leistungen könnte der Eindruck entstehen, dass ein (Zahn)Arzt nicht nur das Wohl des Patienten sondern auch kommerzielle Interessen verfolge. Wenn Patienten nun davon ausgehen würden, dass ein (Zahn)Arzt auch kommerzielle Interessen hat, könnte dies in einen Vertrauensverlust in den (zahn)ärztlichen Berufsstand münden [7]. Die dargestellten Gefahren würden zudem dadurch gefördert werden, dass im Rahmen der Anzeige Tätigkeitsschwerpunkte nicht in Verbindung mit einem konkreten Zahnarzt gebracht werden. Ohne diese Verbindung würde die zahnärztliche Leistung zu einer "an kommerziellen Interessen ausgerichteten Dienstleistung" [8].

Auch die Darstellung eines medizinischen Geräts nebst Nennung dessen Herstellers sowie die Bewerbung der eigenen Veröffentlichungen nebst Verlinken zum Verlag, bei dem gleich eine Bestellung vorgenommen werden kann, sei berufswidrig. Denn beides sei nicht von einem medizinischen, sondern allein von einem finanziellen Interesse getragen [9].

Die ausgelegten Teilnahmekarten sei als Werbung kommerzieller Art zu werten und daher berufswidrig. Ihr stünde der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung entgegen. Patienten würden durch die Zusage kostenloser zahnärztlicher Leistungen in die Gemeinschaftspraxis gelockt werden. Dies sei jedoch verboten [10].

Der in Rede stehende Zahnarzt legte jedes ihm zur Verfügung stehende Rechtsmittel ein - erfolglos. Die seitens der zuständigen Zahnärztekammer vertretenen Auffassungen wurden durch die Instanzen getragen [11]. So verwarf auch das Landesberufsgericht [12] die Berufung des Zahnarztes als unbegründet. Es stellte u.a. fest, der Zahnarzt habe bereits deshalb berufswidrig gehandelt, weil die Zeitungsanzeige vordergründing nicht die für den Patienten essentiellen medizinischen Aspekte enthalte. Sie sei von gewerblichen Interessen getragen. Der Werbecharakter und die Gewinnung neuer Patienten stünde zu sehr im Vordergrund. Dies sei jedoch unzulässig [13].

Die Entscheidungen hätten einen Weg zurück in die Zeit bedeutet, als von einem (Zahn)Arzt noch erwartet wurde, dass er in seiner Praxis sitzt und ausharrt in der Hoffnung, dass sich irgendwann doch mal ein Patient in die Praxis "verirrt" - aus Sicht des in Rede stehenden Zahnarztes und vieler seiner Kollegen ein nicht haltbarer Zustand. Er nutzte also das letzte ihm zur Verfügung stehende Mittel: die Verfassungsbeschwerde. Und er bekam Recht. In beiden Fällen - sowohl der Bewerbung im Internet und der Zeitungsanzeige, als auch hinsichtlich der Teilnahmekarten für eine Verlosung - erachtete das Bundesverfassungsgericht die in Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) niedergelegte Berufsausübungsfreiheit als in nicht zu rechtfertigender Weise beschränkt.


IV. BEWERTUNG DURCH DAS BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

Mit Beschluss vom 01. Juni 2011 [14] hob das Bundesverfassungsgericht daher die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen [15] des Verwaltungsgerichts Münster und des Landesberufsgerichts für Heilberufe beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen auf.

Das BVerfG kam zu dem Ergebnis, dass die Entscheidungen allesamt das dem Arzt zustehende Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in nicht zu rechtfertigender Weise verletzen [16]. In die Berufsausübungsfreiheit darf nur auf der Basis einer verfassungsgemäßen Grundlage eingegriffen werden [17], wenn die dabei entstehende Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und der Einsatz verhältnismäßig ist [18]. Diese Voraussetzungen sah das Bundesverfassungsgericht im konkreten Fall als nicht gegeben an. Die Entscheidungen würden vielmehr ein Verhalten sanktionieren, das dazu diene, neue Patienten zu gewinnen. Auch die Patientengenerierung sei ein durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütztes Verhalten [19]. Ohne Patienten könnte keine (zahn)ärztliche Tätigkeit ausgeübt werden. Man müsse den (Zahn)Ärzten Werbung zugestehen und sie vor allem nicht schon deshalb als berufswidrig einstufen, weil die Werbung so oder so ähnlich auch in der gewerblichen Werbung genutzt werden würde. Dies hätten die Kammern wie auch die streitentscheidenden Gerichte jedoch getan. Allen voran die Kammern, die berufsrechtliche Verfahren veranlassen würden, müssten einsehen, dass eine sachangemessene und berufsbezogene Werbung erlaubt sei [20] und entsprechend handeln.

Zu den einzelnen Punkten im Detail:

Zutreffend seien die Gerichte zwar davon ausgegangen, dass das Vertrauen der Patienten darauf, dass ein Arzt sich nicht von kommerziellen Interessen leiten lässt, zu schützen sei [21]. Dieser Schutz gehe jedoch nicht so weit, dass man einem (Zahn-)Arzt grundsätzlich versagen könnte, eine (zahn-)ärztliche und eine gewerbliche Tätigkeit im Bereich der Werbung zu verbinden. Ein derartiges grundlegendes Verbot stelle eine Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit dar, für die es schlichtweg keine Gründe des Gemeinwohls gebe, die zur Rechtfertigung herangezogen werden könnten [22]. Denn gerade wenn Tätigkeiten gleichzeitig ausgeübt werden, deren gleichzeitige Ausübung standesrechtlich erlaubt ist, wie das Betreiben eines zahntechnischen Labors neben einer Praxis, muss auch die gemeinsame Bewerbung möglich sein.

Ebenso wenig haltbar sei die Vorgehensweise, die Bewerbung eines in der Praxis vorhandenen medizinischen Geräts im Internet per se als berufswidrig einzustufen [23]. Auch hier sei verkannt worden, dass einem (Zahn-)Arzt berufsbezogene und sachangemessene Werbung erlaubt ist [24]. Hiervon erfasst sei auch der Hinweis auf die technische Ausstattung bzw. Einrichtung der Praxis. Die Verwendung von Bildern, hervorgehoben im Internet, würde an der Sachangemessenheit der Werbung nichts ändern. Berufswidrig allein sei die Nennung des Herstellers. Dies sei nicht notwendig und suggeriere dem Patienten vielmehr, dass der Werbende einen (finanziellen) Vorteil durch die Nennung erlangen würde. In diesem Fall würde der Eindruck entstehen, dass die Patienteninteressen eher zweitranging seien [25].

Auch der - sowohl auf der Internetseite als auch im Rahmen der Zeitungsanzeige vorhandene - Verweis auf den Verlag, bei dem die Veröffentlichungen des Zahnarztes erworben werden können, sei nicht zu beanstanden [26]. Diese Vorgehendweise sei weder anpreisend, noch irreführend, noch herabsetzend oder vergleichend. Entgegen der Darstellung des Landesberufsgerichtes hätte sie auch einen Informationswert, sowohl für Kollegen als auch für potentielle Patienten. Gerade letztere werden bei kostenintensiven Eingriffen ein gesteigertes Informationsinteresse haben [27]. Gemeinwohlbelange, die das Untersagen der vorgenannten Werbung rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Zu einer anderen Einschätzung würde man auch nicht deshalb gelangen, weil der Zahnarzt, der auf seine zu erwerbenden Fachveröffentlichungen verweist, Geschäftsführer des entsprechenden Verlages ist. Der Vollständigkeit halber verwiesen die erkennenden Richter darauf, dass (Zahn)Ärzten Image- und Sympathiewerbung erlaubt ist [28].

Auch das Anbieten von Preisen in der Form von Zahnbürsten, Patientenratgebern und professioneller Zahnreinigung sei nicht als das Gemeinwohl beeinträchtigend anzusehen [29]. Schutzwürdige Interessen können hierbei nur betroffen sein, wenn Behandlungen verlost werden, die mit einem mehr als nur geringfügigen Eingriff in die körperliche Integrität verbunden sind. Daher sei das angebotene Bleaching differenziert (internes/externes Bleaching) zu betrachten [30]. Ob es sich um konkreten Fall um ein Bleaching um ein solches handelt, dass einen mehr als unerheblichen Eingriff in die körperliche Integrität darstellt und ob dessen Nutzung gesundheitliche Risiken mit sich bringt, sei bislang nicht bewertet worden.

Diesbezüglich wurde die Sache an das Landesberufsgericht für Heilberufe zurückverwiesen, da eine weitere Aufklärung erfolgen müsse.

Abschließend wies das Bundesverfassungsgericht auch darauf hin, dass entgegen der Auffassung des Landesberufsgerichts und der zuständigen Kammer nicht erforderlich ist, dass einzelne Tätigkeitsfelder in Verbindung mit einem bestimmten (und namentlich zu nennenden) Zahnarzt zu bringen. Gerade aus Gründen der Werbewirksamkeit kann der Werbende ein berechtigtes Interesse daran haben, auf eine Namensnennung zu verzichten. So kann eine Darstellung überfrachtet wirken, wenn in einer Praxis zu viele Zahnärzte tätig sind [31].


V. BEWERTUNG

Die Richter des Bundesverfassungsgerichts zeigen sich weitaus moderner als das Standesrecht. So führten Sie bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr 1994 aus: "Welche Werbeformen als sachlich und übertrieben bewertet werden, unterliegt zeitbedingten Veränderungen" [32]. In den aktuellen Entscheidungen machten sie diesen Grundsatz erneut deutlich und wiesen darauf hin, dass allein aus dem Umstand, dass eine Berufsgruppe ihre Werbung anders als bisher üblich gestaltet, nicht folgen würde, dass dieses Verhalten als berufswidrig einzustufen sei. Die Grenze sei alleine durch die zu schützenden Gemeinwohlbelange zu setzen. Der Nutzung unterschiedlicher Medienformen und der ihnen immanenten Möglichkeiten könnten nicht per se Gemeinwohlbelange entgegengesetzt werden. Es dürfe von den Kammern nicht verkannt werden, dass das Gebot der sachlichen Werbung nicht bedeuten würde, dass Ärzte sich auf "nüchterne Fakten" zu beschränken haben. Auch ihnen müsse zugestanden werden, die Aufmerksamkeit und das Interesse potentieller neuer Patienten zu wecken. Im Übrigen erfasse das Recht auf eine berufsbezogene und sachangemessene Werbung auch das für ein neben der Praxis betriebenes Zahnlabor und einen Fachverlag zu werben.

Das Bundesverfassungsgericht gesteht den (Zahn)Ärzten Werbung unter der Prämisse zu, dass durch sie nicht das Vertrauen der Bevölkerung in den ärztlichen Berufsstand gefährdet wird. Der Patient soll darauf vertrauen dürfen, dass seine Interessen im Vordergrund stehen und nicht die wirtschaftlichen (finanziellen) Interessen des behandelnden Arztes. Ein standesrechtlich niedergelegtes Werbeverbot könne daher nur dem Zweck dienen, die Bevölkerung zu schützen. Diesen Maßstab versuchen die jeweiligen Kammern regelmäßig sehr weit auszulegen.

Im Gegensatz dazu gesteht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Zahn)Ärzten ein Recht auf Werbung zu [33]. Die Berufsgruppe wurde denen anderer verkammerter Freiberufe weitestgehend gleichgestellt [34]. Das Bundesverfassungsgericht legt konsequent jedes in den Berufsordnungen verankerte Werbeverbot, das per se jede Werbung untersagt, verfassungskonform dahingehend aus, dass nur berufswidrige Werbung unzulässig sei, die keine interessengerechte und sachangemessene Information darstellt [35].

So hat das Bundesverfassungsgericht beispielsweise bereits im Jahr 2000 eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes korrigiert. Dieser hatte ein in einer Zahnklinik ausgelegtes Faltblatt mit Informationen über Technik und Ablauf von Implantatbehandlungen als berufswidrige Anpreisung bewertet. Das BVerfG warf dem BGH vor, mit dieser Einschätzung, Bedeutung und Tragweite der Berufsfreiheit zu verkennen [36]. Auch wenn die (zahn)ärztlichen Berufsordnungen Werbeverbote vorsehen, ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass einem (Zahn)Arzt auch Ankündigungen mit werbendem Charakter möglich sind. Ein (Zahn)Arzt muss bei der Generierung von Patienten nicht nur darauf bauen, dass sich seine Leistung und sein Ruf von selbst herumsprechen [37]. Eine andere Einschätzung wäre auch lebensfremd.

Diese Rechtsprechung wurde mit den neusten Entscheidungen konsequent fortgesetzt. Aus Sicht der Ärzteschaft sind sie eine weitere Bestätigung dafür, dass die restriktive Auslegung der Werbemöglichkeiten durch die Kammern immer seltener einer verfassungsrechtlichen Kontrolle stand halten kann.


FUSSNOTEN:

[1] Günter in: Ehlers/Broglie, Kapitel 8 Rdnr. 980 unter Verweis auf LBG HeilB OVG Nordrhein-Westfalen v. 12.3.2003, 6t A 689/01.T, ArztR 2004, 76.
[2] folgende Entscheidungen sind hierbei zu nennen: "Facharzt für Sportmedizin" MedR 2000, 479ff.; "Implantologie" NJW 2001, 2788ff.; "Zahnarztsuchservice" NJW 2002, 1864ff.; "Spezialisten" NJW 2002, 1331ff.; "Zeitungsanzeige eines Tierarztes" MedR 2002, 409ff. und "Facharzt für Allgemeinmedizin" MedR 2003, 36ff.
[3] siehe auch Rdnr. 14 aus den Gründen.
[4] siehe auch Rdnr. 23 aus den Gründen.
[5] siehe auch Rdnr. 16ff aus den Gründen.
[6] siehe auch Rdnr. 25 und 31 aus den Gründen.
[7] siehe auch Rdnr. 26f. aus den Gründen.
[8] siehe auch Rdnr. 26 aus den Gründen.
[9] siehe auch Rdnr. 27 aus den Gründen.
[10] siehe auch Rdnr. 28ff. aus den Gründen.
[11] Urteile des Berufsgerichts für Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht Münster vom 28.03.2001 (Az.: 18 K 1885/05.T) und vom 25.03.2009 (Az.: 18 K 2126/07.T) sowie Landesberufsgericht für Heilberufe beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18.11.2009 (Az.: 13 A 1633/07.T) und vom 18.11.2009 (Az.: 13 A 1118/09.T).
[12]Landesberufsgericht für Heilberufe beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18.11.2009 (Az.: 13 A 1633/07.T) und vom 18.11.2009 (Az.: 13 A 1118/09.T).
[13] siehe auch Rdnr. 32 aus den Gründen.
[14] 1 BvR 233/10 und 1 BvR 235/10.
[15] Verwaltungsgericht Münster vom 28.03.2007 (Az.: 18 K 1885/05.T) und vom 25.03.2009 (Az.: 18 K 2126/07.T) sowie Landesberufsgericht für Heilberufe beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18.11.2009 (Az.: 13 A 1633/07.T) und vom 18.11.2009 (Az.: 13 A 1118/09.T).
[16] siehe auch Rdnr. 36ff. aus den Gründen.
[17] vgl. BVerfGE 94, 372, 389f.; 111, 366, 373; st.Rspr.
[18] unter Verweis auf BVerfGE 7, 377, 405f.; 85, 248, 259.
[19] siehe auch Rdnr. 37 aus den Gr�nden unter Verweis auf BVerfGE 85, 248, 256; 111, 366, 373.
[20] unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 26.09.2003 - 1 BvR 1608/02 -, zitiert nach juris, Rn. 30.
[21] Rdnr. 42 aus den Gründen.
[22] siehe auch Rdnr. 41.
[23] siehe auch Rdnr. 44ff.
[24] vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2001 (Az.: 1 BvR 873/00) u.a., zitiert nach juris, Rn. 26; Beschluss vom 26. September 2003 (Az.: 1 BvR 1608/02), zitiert nach juris, Rn. 30.
[25] siehe hierzu Rdnr. 46 aus den Gründen.
[26] siehe auch Rdnr. 47ff aus den Gründen.
[27] unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 4. Juli 2000 - 1 BvR 547/99 -, juris, Rn. 25.
[28] unter Verweis auf BVerfGK 6, 46, 52.
[29]siehe hierzu Rdnr. 53ff aus den Gründen.
[30] siehe hierzu Rdnr. 58 aus den Gründen.
[31] siehe hierzu Rdnr. 51 aus den Gründen.
[32] BVerfGE 94, 372ff., 111, 366ff.
[33] folgende Entscheidungen sind hierbei zu nennen: "Facharzt für Sportmedizin" MedR 2000, 479ff.; "Implantologie" NJW 2001, 2788ff.; "Zahnarztsuchservice" NJW 2002, 1864ff.; "Spezialisten" NJW 2002, 1331ff.; "Zeitungsanzeige eines Tierarztes" MedR 2002, 409ff. und "Facharzt für Allgemeinmedizin" MedR 2003, 36ff.
[34] vgl. hierzu bspw. für Apotheker BVerfG NJW 1996, 3067 und für Rechtsanwälte BVerfG, Entscheidungen vom 25.4.2001, Az.: 1 BvR 494/00; 16.5.2001, Az.: 1 BvR 2252/00; 6.7.2002, Az.: 1 BvR 1063/00; 12.9.2001, Az.: 1 BvR 2265/00.
[35] vgl. BVerfG, NJW 1993, 2988f.
[36] BVerfG, NJW 2000, 2734ff.
[37] vgl. BVerfGE 71, 162ff., 174.