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OLG Braunschweig: Unwirksame Einwilligungserklärung bei unangekündigter Operation durch Chefarztvertreter trotz vereinbarter Chefarztbehandlung

Der 1. Zivilsenat des OLG Braunschweig hat mit Urteil vom 25.09.2013 - 1 U 24/121 – entschieden, dass die Einwilligungserklärung eines Patienten auf eine Chefarztbehandlung beschränkt ist, wenn er hierfür eine Wahlleistungsvereinbarung getroffen hat. Zudem stellte der Senat klar, dass AGB-Klauseln zur Vertreterregelung nur dann gemäß § 308 Nr. 4 BGB zulässig sind, wenn es sich um einen namentlich benannten, ständigen ärztlichen Vertreter handelt und dessen Eintritt auf die Fälle beschränkt ist, in denen die Verhinderung des Wahlarztes im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung nicht bereits feststeht.


Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 15.2.2012 – 4 O 750/11 – abgeändert:

a) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000,00 € sowie einen weiteren Betrag als materiellen Schadensersatz in Höhe von 100,00 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.4.2011 zu zahlen.

b) Die Beklagten werden weiter als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.505,35 € für ihre unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 30.100,00 € außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten, soweit diese nicht auf Gebühren der gerichtlichen Tätigkeit anzurechnen sind, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.4.2011 zu zahlen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin 25 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 75 % zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird für die Beklagten zugelassen.

6. Der Streitwert des Berufungsrechtszuges wird auf 40.100,00 € festgesetzt.


Gründe


I.

Die Parteien streiten um Schmerzensgeld, Schadensersatz und den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten wegen angeblich behandlungsfehlerhaft und ohne ausreichende Einwilligung vorgenommener Schilddrüsenentfernung vom 2.5.2007, die bei der Klägerin in der Klinik der Beklagten zu 1) und Abteilung des Beklagten zu 3) durch den Beklagten zu 2) vorgenommen worden ist und in deren Folge die Klägerin eine einseitige Stimmbandlähmung (links) erlitten hat.

Wegen des Sach- und Streitstands erster Instanz sowie der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Seite  2 - 4 = Bl. 150-152  d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zur Frage eines Behandlungsfehlers (Bl. 104-114 d.A.), Vernehmung der ärztlichen Zeugen St. zur Frage der Aufklärung sowie nach persönlicher Anhörung der Klägerin (Bl. 140-147 d.A.) die Klage abgewiesen. Ein Behandlungsfehler sei nicht festzustellen. Aufgrund der Aussage der Zeugin St. sei davon auszugehen, dass die Klägerin ordnungsgemäß über das Risiko einer Stimmbandlähmung aufgeklärt worden sei. Die Tatsache, dass die Operation durch den Beklagten zu 2) und nicht durch den Beklagten zu 3) durchgeführt worden sei, führe nicht dazu, dass die Operation insgesamt rechtswidrig gewesen sei und die Beklagten deshalb hafteten. Die Klägerin habe bereits nicht substantiiert dargelegt, dass konkret vereinbart worden sei, dass die Operation nur durch den Beklagten zu 3) habe erfolgen sollen. Die getroffene Wahlarztleistungsvereinbarung lasse eine dahingehende Auslegung nicht zu. Darin sei auch der Beklagte zu 2) aufgeführt, zu dessen    Behandlung im Fall der Verhinderung des Beklagten zu 3) die Klägerin ihre allgemeine Zustimmung erklärt habe, was ausreichend sei. Ob ohne nachgewiesenen Vertretungsfall der Honoraranspruch entfalle, sei haftungsrechtlich unerheblich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils (LGU Seite 4-9 = Bl. 152-157 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 17.2.2012 zugestellte (Bl. 158 d.A.) Urteil hat die Klägerin mit dem am 16.3.2012 bei Gericht per Fax eingegangenen (Bl. 166 d.A.) Schriftsatz vom 15.3.2012 Berufung eingelegt, die sie mit dem am 13.4.2012 eingegangenen (Bl. 176 d.A.) Schriftsatz vom 12.4.2012 begründet hat.

Zur Begründung führt sie an:

Bei der Verneinung des Behandlungsfehlers habe das Landgericht übersehen, dass es nicht darauf ankomme, ob die Verwendung eines Neuromonitorings nicht dem allgemein üblichen Standard entsprach. Wesentlich sei, dass sie sorgfaltswidrig durchgeführt worden sei, was sich aus dem Sachverständigengutachten in Verbindung der fehlenden Dokumentation im Operationsbericht über eine ausreichende Darstellung des Nervus recurrens ergebe.

Zu Unrecht habe das Landgericht eine wirksame Einwilligung angenommen, obwohl die Operation nicht durch den Chefarzt, den Beklagten zu 3), sondern durch den Beklagten zu 2) vorgenommen worden ist. Die Wahlleistungsvereinbarung sei sehr wohl als Vereinbarung der persönlichen Behandlung durch den Beklagten zu 3) auszulegen. Eine generelle Einwilligung unter Einschluss auch des Beklagten zu 2) habe nicht bestanden, da diese unter dem Vorbehalt der Vertretungsregelungen gestanden habe. Sie bestreite weiterhin, dass ein Vertretungsfall vorgelegen habe. Außerdem sei sie entgegen der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07) vor dem Eingriff auch nicht über die Verhinderung des Beklagten zu 3) informiert worden. Da es sich bei ihr nicht um eine Notfalloperation gehandelt habe, sei ihr die Möglichkeit genommen worden, sich für ein Verschieben der Operation zu entscheiden, um dem Beklagten zu 3) deren Durchführung zu ermöglichen. Es sei insoweit nicht gerechtfertigt, für Honorarrecht und Haftun   gsrecht unterschiedliche Maßstäbe anzulegen. Eine haftungsrechtliche Auslegung der Wahlleistungsvereinbarung, nach der jeder der Ärzte im Krankenhaus die Operation durchführen könne, widerspreche auch dem Sinn und Zweck der Wahlleistungsvereinbarung, bei der es hier auch gerade ausdrücklich darum gegangen sei, eine besondere fachliche Qualifikation und Erfahrung "hinzuzukaufen".

Außerhalb der Berufungsbegründung und erstmals in ihrer Replik trägt die Klägerin vor, es sei „nicht klar“, ob die Zeugin St. das Aufklärungsgespräch mit der Klägerin durchgeführt habe, da im Aufklärungsbogen unstreitig auch Aufzeichnungen des Arztes H. enthalten seien und die Zeugin St. sich nicht an die Klägerin habe erinnern können.


Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Braunschweig vom 15.2.2012 – 4 O 750/11

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes, in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 40.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 100,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin ihre außergerichtlichen entstandenen Rechtsanwaltskosten zu erstatten, soweit diese nicht auf Gebühren der gerichtlichen Tätigkeit anzurechnen sind, in Höhe von brutto 1.762,39 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.


Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Die Frage des Neuromonitorings sei unerheblich. Entsprechend den weiteren Ausführungen des Sachverständigen habe das Landgericht zutreffend festgestellt, dass ein unterbliebenes oder unzureichendes Neuromonitoring für die unstreitig erst auf der zweiten, linken behandelten Seite eingetretene Nervverletzung nicht ursächlich geworden sein kann. Denn das Neuromonitoring könne immer nur nachträglich eine Nervverletzung feststellen. Das intraoperative Neuromonitoring solle es ermöglichen, nach einer gegebenenfalls auf der zu Beginn behandelten Seite mittels Neuromonitoring bereits festgestellten dortigen Nervverletzung die andere Seite ganz besonders zu schonen bzw. von einer dortigen Behandlung teilweise oder auch ganz zunächst abzusehen.

Die Feststellungen des Landgerichts zum durchgeführten Aufklärungsgespräch durch die Zeugin St. seien nicht zu beanstanden. Insoweit sei auch der nicht nachvollziehbar wechselnde Vortrag der Klägerin zu berücksichtigen.

Da diese in ihrer persönlichen Anhörung vor dem Landgericht angegeben habe, dass sie der Klinik aufgrund früherer Behandlungen vertraut habe und es ihr bei dem streitgegenständlichen Eingriff darum gegangen wäre, den kompetentesten Arzt zu bekommen, könne es ihr nach ihrer Vorstellung nicht um eine Behandlung speziell durch den Beklagten zu 3) gegangen sein, denn die Klägerin habe unstreitig mit dem Beklagten zu 3) vor dem Eingriff gar nicht gesprochen und nach diesem auch nicht gefragt. Aus welchem Grund der Beklagte zu 2) statt des Beklagten zu 3) die Klägerin seinerzeit operiert habe, lasse sich aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr nachvollziehen. Generell sei es jedoch stets so gewesen, dass im Rahmen von Wahlleistungsvereinbarungen keine Vertretung vorgenommen worden sei, wenn nicht ein unvorhergesehener Verhinderungsfall, insbesondere durch anderweitige Einsätze, vorgelegen habe.

Der Senat hat die Klägerin und die Beklagte zu 3) gemäß § 141 ZPO persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die gerichtliche Niederschrift der Berufungsverhandlung vom 15.8.2013 nebst Anlagen (Bl. 229-244 d.A.) Bezug genommen


II.

Die zulässige Berufung hat unter dem Gesichtspunkt der Behandlungsvertragsverletzung überwiegend Erfolg, §§ 280 Abs. 1, 253, 611 BGB in Verbindung mit der zwischen den Parteien zu Stande gekommenen Wahlarztvereinbarung vom 2.5.2007 (unten zu C.). Ob insoweit auch ein konkurrierender Anspruch aus unerlaubter Handlung besteht, kann dahinstehen. Unter dem Gesichtspunkt des Behandlungsfehlers (nachfolgend zu lit. A.) und der in Abrede genommenen Durchführung eines Aufklärungsgesprächs (unten zu B.) steht der Klägerin hingegen ein Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Im Einzelnen:


A.

Der allein auf die Frage des Neuromonitorings weiter verfolgte Behandlungsfehlervorwurf ist unberechtigt.

Die Berufung übersieht, dass das Landgericht nicht darauf abgestellt hat, dass ein Neuromonitoring nach dem seinerzeit gültigen ärztlichen Standard nicht vorgeschrieben war. Das Landgericht hat vielmehr allein darauf abgestellt, dass selbst ein unterstellt fehlerhaft ausgeführtes Neuromonitoring nicht schadenskausal geworden sein kann. Auch ein fachgerecht durchgeführtes Neuromonitoring wäre nicht geeignet gewesen, den hier unstreitig erst an der zuletzt behandelten linken Seite durch Nervverletzung eingetretenen Schaden zu verhindern. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil, LGU Seite 5 = Bl. 153 d.A., lit c.), denen die Berufung auch nichts entgegensetzt, Bezug genommen.


B.

Der Vorwurf eines Aufklärungsfehlers, der darin liegt, dass überhaupt kein Aufklärungsgespräch durchgeführt worden sei, ist nicht begründet.

Insoweit ist bereits fraglich, ob die Berufung darauf gestützt werden kann, da innerhalb der Berufungsbegründungsfrist das landgerichtliche Urteil insoweit nicht angegriffen worden ist. Das kann letztlich dahinstehen. Die Einwendungen der Klägerin in ihrer Replik, im Aufklärungsbogen seien ja auch Aufzeichnungen des Arztes H. enthalten, zudem habe sich die Zeugin St. nicht konkret an die Klägerin erinnern können, greifen ohnehin nicht durch. Dass sich die Zeugin St. nicht mehr konkret an die Klägerin erinnerte, ist unerheblich. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Kammer es als glaubhaft und ausreichend angesehen hat, dass und wie die Zeugin ihr übliches Vorgehen bekundet hat, und ferner, dass aufgrund konkreter Umstände des Einzelfalls davon auszugehen sei, dass die Aufklärung auch im vorliegenden Fall entsprechend ordnungsgemäß erfolgt ist. Auf die zutreffenden und überzeugenden Ausführungen auf Seite 7-8 des landgerichtlichen Urteils (Bl. 155 f. d.A.) kann verwiesen werden. Hinsichtlich der Eintragung    en des Arztes H. hat die Zeugin vor dem Landgericht nachvollziehbar erklärt, dass es sich dabei um Zeichnungen handele, die üblicherweise schon bei Indikationsstellung zur Erläuterung auf dem Aufklärungsbogen gefertigt würden, welchen dann der Patient zunächst mit nach Hause nehme und anschließend zum Aufklärungsgespräch wieder mitbringe (Protokoll des Landgerichts vom 18.1.2012, Seite 5 = Bl. 144 d.A.). Da die Zeugin auch weiter bekundet hat, nur das Aufklärungsgespräch durchgeführt zu haben, sie außerdem im Aufklärungsbogen auch eigene Eintragungen von sich selbst wieder erkannt hat, ergibt sich aus dem unstreitigen Umstand, dass die Zeichnungen im Aufklärungsbogen von Herrn H. stammen, kein rechtfertigender Anhaltspunkt dafür, an der Richtigkeit der Aussage der Zeugin St. zu zweifeln. Es entspricht der gefestigten „Immer-So“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach einem Arzt, auch wenn dieser sich an das einzelne Aufklärungsgespräch nicht mehr erinnert, dann, wenn er nachvollziehbar den generelle    n Ablauf der von ihm durchgeführten Aufklärungsgespräche nachvollziehbar bekundet, im Zweifel zu glauben ist, dass er das auch im jeweils streitgegenständlichen Fall so gehandhabt hat (BGH, Urt. v. 8.1.1995 - VI ZR 15/83, Rn. 13, hier zit. n. juris; vgl. Frahm/Nixdorf/Walter, Arzthaftungsrecht, 5. Auflage, Rn. 228 mit weiteren Nachweisen zur BGH-Rechtsprechung).


C.

Der von der Klägerin ferner erhobene Vorwurf, der Eingriff sei behandlungsvertragswidrig durchgeführt worden, weil dieser durch den Beklagten zu 2) als Vertreter des Beklagten zu 3) ausgeführt worden sei, ohne dass die dafür vertraglich vereinbarten Voraussetzungen des Vertretungsfalls vorlagen, ist zutreffend. Der Klägerin steht daher gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz aus Pflichtverletzung des Behandlungsvertrages mit Wahlarztvereinbarung zu, §§ 280 Abs. 1, 253, 611 BGB.

1. Die Wahlarztvereinbarung vom 2.5.2007 (Bl. 127, 127R d.A.) ist in vollem Umfang zwischen den Parteien wirksam zu Stande gekommen. Sie ist unstreitig zwischen den Parteien, auf Seiten der Beklagten vertreten durch Klinikpersonal, schriftlich vereinbart worden.

Es ist auch davon auszugehen, dass die Inhalte der Rückseite der schriftlichen Wahlleistungsvereinbarung als AGB wirksam in die Wahlleistungsvereinbarung einbezogen worden sind. Die Beweislast für die Einbeziehungsvoraussetzungen trifft denjenigen, der sich auf die AGB beruft (Palandt/Grüneberg, 72. Auflage, § 305 Rn. 43), hier also die Klägerin, weil sie daraus für sich den Anspruch ableitet. Die Beklagten haben indes zu keinem Zeitpunkt das Vorbringen der Klägerin erkennbar bestritten, dass Vor- und Rückseite vereinbart worden sind. Sie beschränken ihre Rechtsverteidigung insoweit darauf, den Bedingungen einen anderen Bedeutungsgehalt als vorstehend dargestellt beizumessen (vgl. Schriftsatz vom 4.11.2011, Bl. 124 ff. d.A.).

Es kommt damit nicht einmal darauf an, dass am Ende der Seite 1 der wahlärztlichen Vereinbarung es vor dem Datenschutz Hinweis und durch die nachfolgenden Unterschriften gedeckt heißt: "Über die Berechnung… bin ich unterrichtet und auf die dazu umseitig abgedruckte ‚Patienteninformation vor der Vereinbarung von wahlärztlichen Leistungen‘ ausdrücklich hingewiesen worden: ich erkläre hiermit, dass ich diese zur Kenntnis genommen habe.“ Am Ende der Seite 1 nach den Unterschriften heißt es zudem noch einmal: „Der Patient/Vertreter ist ausdrücklich auf die umseitig abgedruckten Informationen hingewiesen worden."

Die Wahlarztvereinbarung vom 2.5.2013 ist damit insgesamt wirksam. Dadurch ist der Klägerin zugesichert worden, dass sie primär durch den Leiter der Abteilung, in der sie war, was unstreitig der Beklagte zu 3) war, selbst operiert wird, es sei denn, ein unvorhergesehener Verhinderungsfall wäre eingetreten und ihr rechtzeitig mitgeteilt worden. Das folgt schon aus dem Inhalt der Vereinbarung. Es ist gleichgültig, dass die Parteien nicht noch einmal darüber gesprochen haben; unerheblich ist auch, wie wichtig der Abschluss der Wahlarztvereinbarung für die Klägerin subjektiv war. Die schriftliche Vereinbarung ist so geschlossen worden.

2. Alle drei Beklagten sind hinsichtlich der vertraglichen Haftung wegen Verstoßes gegen die Wahlarztvereinbarung passivlegitimiert.

Liegt - wie hier - ein Krankenhausaufnahmevertrag mit Vereinbarung ärztlicher Wahlleistungen vor, so kommen zwei getrennte Behandlungsverträge zu Stande: Zum einen zwischen Patient und Krankenhaus, zum anderen zwischen Patient und dem selbstliquidierungsberechtigten Arzt hinsichtlich der mit diesem vereinbarten Wahlleistung (BGH VersR 1981, 730; Frahm/Nixdorf/Walter, Arzthaftungsrecht, 5. Aufl., Rn. 30).

Vorliegend hat die Klägerin die wahlärztliche Leistung ausdrücklich „hinzugekauft“. In der Wahlarztvereinbarung vom 2.5.2007 heißt es:

"Wahlleistungen hingegen sind über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinausgehende Sonderleistungen. […] Für so genannte wahlärztliche Leistungen bedeutet dies, dass sie sich damit die persönliche Zuwendung und besondere fachliche Qualifikation und Erfahrung der liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses „hinzukaufen" (Bl. 128 R d.A.).

Die Klägerin hat somit bei ansonsten gegenüber dem totalen Krankenhausvertrag unveränderter Lage lediglich die Leistungen des selbstliquidierenden Arztes hinzugekauft. Es liegt damit ein Vertrag nebst einheitlichem Krankenhausvertrag vor, bei welchem die Beklagte zu 1) als Krankenhausträger Schuldner sämtlicher Leistungen ist, d.h. auch derjenigen, die die Beklagten zu 2) und 3) als Ärzte der Wahlleistungen zu erbringen haben; hinsichtlich Letzterer sind daneben die selbstliquidierungsberechtigte Ärzte, hier die Beklagten zu 2) und 3), Vertragsschuldner (BGH NJW 1993, 779; Frahm/Nixdorf/Walter, a.a.O.). Bezogen auf den wahlärztlichen Teil decken sich damit die Zuständigkeitsbereiche sämtlicher Beklagten (vgl. Frahm/Nixdorf/Walter, a.a.O.) einschließlich der sich daraus ergebenden Pflichten (siehe unten zu Ziff. 3 ).

Der Beklagte zu 3) haftet nicht für den Beklagten zu 2) als sein Erfüllungsgehilfe; denn der Beklagte zu 2) ist ebenfalls einer der selbstliquidierungsberechtigten Ärzte, auf den sich die Wahlarztvereinbarung gesondert erstreckt. Alle drei Beklagten sind gleichermaßen vertraglich verantwortlich für die ordnungsgemäße Umsetzung der Wahlarztvereinbarung und der darin von vornherein vertraglich und namentlich festgelegten Reihenfolge der zum Einsatz kommenden selbstliquidierungsberechtigte Ärzte.

3. Gegen ihre behandlungsvertraglich übernommene Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass der Beklagte zu 3) persönlich die Klägerin operierte bzw. im Verhinderungsfall die Klägerin über diesen zu informieren, haben die Beklagten schuldhaft (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) verstoßen. Es ist unstreitig, dass die Klägerin durch den Bekl. 2) statt durch den Bekl. 3) operiert worden ist und die Klägerin davon zuvor nicht informiert wurde.

a) Das Landgericht hat die Frage, ob ein Verhinderungsfall für den Beklagten zu 3) vorgelegen hat, auch mit der Begründung offen gelassen, dass eine „allgemeine Einwilligung“ in eine Behandlung durch den namentlich benannten Vertreter, den Beklagten zu 2), vorgelegen habe und dies – anders als honorarrechtlich –haftungsrechtlich für eine wirksame Einwilligung ausreiche. Dem schließt sich der Senat nicht an.

aa) Welche Rechtsgrundsätze haftungsrechtlich, d.h. für die Frage einer auf einen Behandler beschränkten Einwilligung, gelten, hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11.5.2010 – VI ZR 252/08 (ZfSch 2010, 490) ausgeführt. Im dortigen Fall lag ein totaler Krankenhausvertrag zu Grunde. Der dortige Chefarzt hatte mit dem Kassenpatienten besprochen, dass er, sofern es ihm möglich sei, die Operation selbst durchführen werde. Eine ausdrückliche beschränkte Einwilligung des dortigen Patienten hat es nicht gegeben. Die Vorinstanz hatte die Äußerung der Chefarztes indes als eine zugesicherte persönliche Operationsdurchführung ausgelegt und deshalb die dortigen Beklagten wegen einer schicksalhaft eingetretene Komplikation bei der Ausführung der Operation durch einen Vertreter haften lassen. Das hat der BGH (nur) im Hinblick auf die Auslegung beanstandet, da es sich vielmehr um eine unverbindliche Zusage gehandelt habe. Im totalen Krankenhausvertrag müsse der Patient regelmäßig damit rechnen, durch jeden dien    sthabenden Arzt behandelt zu werden. Es sei deshalb zu verlangen, dass ein solcher Patient unmissverständlich und ausdrücklich klarmache, wenn er nur durch einen bestimmten Arzt behandelt werden wolle, woran es in jenem Fall gefehlt habe (BGH, a.a.O., Rn. 6, 9 f.). Im selben Zusammenhang hat der BGH haftungsrechtlich aber auch ausgeführt, was für den Fall einer - wie hier - getroffenen Wahlarztvereinbarung gilt (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 7):

"Die beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag bestehende Situation ist von den Fällen zu unterscheiden, in denen der Patient aufgrund eines Zusatzvertrages Wahlleistungen, besondere die so genannte Chefarztbehandlung, in Anspruch nimmt. In diesen Fällen ist der Arzt gegenüber dem Patienten aus einer ausdrücklichen Wahlleistungsvereinbarung verpflichtet und muss seine Leistungen gemäß § 613 Satz 1 BGB grundsätzlich selbst erbringen. Der Patient schließt einen solchen Vertrag nämlich im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene medizinische Kompetenz des von ihm ausgewählten Arztes ab, die er sich in Sorge um seine Gesundheit gegen Entrichtung eines zusätzlichen Honorars für die Heilbehandlung sichern will. Demzufolge muss der Wahlarzt die seine Disziplin prägende Kernleistung persönlich und eigenhändig erbringen. Insbesondere muss der als Wahlarzt verpflichtet Chirurg die geschuldete Operation grundsätzlich selbst durchführen, sofern er mit dem Patienten nicht eine Ausführung seiner Ke    rnleistungen durch einen Stellvertreter wirksam vereinbart hat (vgl. BGHZ 175, 76 = VersR 2008, 493 Rn. 7 ff. m.w.N.)."

Aus der Entscheidung folgt, dass - wie oben bereits ausgeführt - eine getroffene Wahlarztvereinbarung als Beschränkung der Einwilligung zur Behandlung auf einem bestimmten Behandler grundsätzlich ausreicht, ohne dass es daneben einer zusätzlichen mündlichen Vereinbarung bedarf.

Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.5.2010 - VI ZR 252/08 - folgt weiter, dass der BGH gerade nicht die vom Landgericht hier vorgenommene Unterscheidung zwischen haftungsrechtlicher und honorarrechtlicher Betrachtung vornimmt; denn die in der vorgenannten Entscheidung - bei haftungsrechtlicher Fragestellung - zitierte Entscheidung (BGH VersR 2008, 493) ist zu einer Honorarklage ergangen.

Der Senat schließt sich dem ausdrücklich an. Insbesondere ist insoweit keine Differenzierung zwischen honorarrechtlicher und haftungsrechtlicher Betrachtung vorzunehmen. Es geht nicht an, ein und dieselbe Wahlarztvereinbarung einerseits als immerhin so einschränkend anzusehen, dass in Folge nicht abgesprochener Behandlung durch einen Vertreter das Vorgehen zwar dem Honoraranspruch als rechts- und pflichtwidrig entgegensteht, bei der Frage der Haftung aber noch als rechtmäßig gelten soll. Es kann diesbezüglich keine unterschiedlichen Versionen von Rechts- und Pflichtwidrigkeit geben.

Anderes kann auch nicht wegen einer vom Patienten generell für den Vertretungsfall erteilten Einwilligung in die Behandlung durch einen bestimmten Vertreter gelten. Aufgrund der oben genannten haftungsrechtlichen Entscheidung des BGH müssen auch in den Fällen der ärztlichen Haftung für die Frage, was für eine wirksame Vertreterbestellung und die diesbezügliche Einwilligung des Patienten erforderlich ist, dieselben Maßstäbe gelten, die der BGH in der in Bezug genommenen honorarrechtlichen Entscheidung (BGH, Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07 = VersR 2008, 493) aufgestellt hat. Danach gilt, dass ein Wahlarzt im Fall seiner Verhinderung zwar auch die Ausführung seiner Kernleistungen auf einen Stellvertreter übertragen darf, sofern er mit dem Patienten eine entsprechende Vereinbarung wirksam getroffen hat (BGH a.a.O., hier zitiert nach juris, Rn. 8). Ist die Frage der Stellvertretung – wie hier – in AGB geregelt, ist zur wirksamen Vertreterregelung gemäß § 308 Nr. 4 BGB nur eine solche Klausel zulässig, in     der der Eintritt eines Vertreters des Wahlarztes auf die Fälle beschränkt ist, in denen dessen Verhinderung im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung nicht bereits feststeht, etwa weil die Verhinderung (Krankheit, Urlaub etc.) selbst noch nicht absehbar oder weil noch nicht bekannt ist, dass ein bestimmter verhinderter Wahlarzt, auf den sich die Wahlleistungsvereinbarung erstreckt, zu Behandlung hinzugezogen werden muss (vgl. BGH a.a.O. Rn. 9). Überdies ist eine Stellvertretervereinbarung in AGB nach § 308 Nr. 4 BGB nur dann wirksam, wenn darin als Vertreter der ständige ärztliche Vertreter bestimmt ist (BGH, a.a.O. Rn. 10). Außerdem muss auch der ständige ärztliche Vertreter in der Vereinbarung namentlich benannt sein (BGH, a.a.O. Rn. 11).

bb) Aus diesen Rechtsgrundlagen ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass nach dem Inhalt der Rückseite der Wahlleistungsvereinbarung vom 2.5.2007 die Durchführung der Operation primär auf den darin namentlich benannten Beklagten zu 3) als Leiter der Fachabteilung „Chirurgische Klinik (Allgemeinchirurgie)“ beschränkt worden ist.

Alle dafür vom BGH in der vorgenannten Rechtsprechung aufgestellten Kriterien sind hier erfüllt. Es ist sogar eigens hier hervorgehoben, dass der besondere Vorteil der Wahlarztvereinbarung in einem „Hinzukaufen besonderer Qualifikation und Erfahrung“ bestehe. Auf der Rückseite der Wahlleistungsvereinbarung heißt es außerdem:

"Die gesondert berechenbaren ärztlichen Leistungen werden vom leitenden Arzt der Fachabteilung oder der ärztlich geleiteten Einrichtung persönlich oder unter der Aufsicht des leitenden Arztes nach fachlicher Weisung von einem nachgeordneten Arzt der Abteilung ins Weise des Instituts erbracht (§ 4 Abs. 2 GOÄ); im Verhinderungsfall übernimmt die Aufgaben des leitenden Arztes sein Stellvertreter. … Für den Fall der unvorhergesehenen Verhinderung des Wahlarztes der jeweiligen Fachabteilung bin ich mit der Übernahme seiner Aufgaben durch seine nachfolgend genannten ständigen ärztlichen Vertreter einverstanden:"

Es folgt eine Tabelle mit allen Fachabteilungen, allen leitenden Ärzten und deren ständigen Vertretern. In der Spalte der chirurgischen Klinik (allgemein Chirurgie) sind seinerzeit namentlich als Wahlarzt der Beklagte zu 3) aufgeführt und erst danach – eben als einer seiner ständigen Vertreter – der Beklagte zu 2).

b) Die Beklagten haben nicht bewiesen, dass ein unvorhergesehener Verhinderungsfall am 2.5.2007 vorgelegen hat und - kumulativ - dass die Klägerin davon rechtzeitig informiert worden ist.

aa) Derartiges haben die Beklagten – bezogen auf den konkreten vorliegenden Fall – bereits nicht vorgetragen.

bb) Auf die Frage der Übertragbarkeit der „Immer-So“-Rechtsprechung zur Einwilligungsaufklärung (BGH, Urteil vom 8.1.1985 – VI ZR 15/83 – Rn. 13, zitiert nach juris = VersR 1985, 361, 362) auf Fälle der Behandlersubstitution kommt es schon aus tatsächlichen Gründen nicht an.

(1) Der Beklagte zu 3) hat eine ständige Praxis, dass nur echte unvorhergesehene Verhinderungen zur Behandlersubstitution führen und diese vor dem Eingriff dem Patienten mitgeteilt werde, nicht bestätigt. Nach seine Angaben ist sogar der Fall des Ansetzens einer Operation in eine Urlaubszeit ein Fall der unvorhergesehenen (= nicht planbaren) Verhinderung, was logisch schon nicht zutreffend sein kann. Weder ist es unvorhergesehen, einen OP-Termin in einen bereits festgelegten Urlaub zu legen, noch ist es unvorhergesehen, wenn man Urlaub trotz bereits terminierter Operation nimmt.

(2) Für die Kommunikation der Behandlersubstitution gab es nach den Angaben des Beklagten zu 3) jedenfalls überhaupt nichts Regelhaftes; vielmehr meinte er sogar, dies der Nachfrage des Patienten im Aufklärungsgespräch überlassen zu können. Die zwingend vom Behandler einzuhaltende Vorgabe, dass ein - tatsächlich bestehender (!) - Verhinderungsfall dem Patienten rechtzeitig mitgeteilt und von diesem die Substitution genehmigt werden müsse, hat seine Grundlage darin, dass - sofern der Patient keine Terminsverlegung möchte - dadurch die vorherige Vertragsgrundlage einvernehmlich abgeändert wird bzw. werden kann. Daran fehlt es hier (ebenfalls).

Die Auffassung, dass eine vorab für den Verhinderungsfall erteilte Zustimmung des Patienten zu einem bestimmten Vertreter ausreicht, die vor der Operation erforderliche Mitteilung des Verhinderungsfalls entbehrlich zu machen, ist abzulehnen. Denn die Zustimmung des Patienten zum Vertreter betrifft nur das grundsätzlich entgegengebrachte Vertrauen zu der Person, wodurch vermieden wird, im Vertretungsfall dem Patienten noch eigens eine Alternative erstmals vorstellen zu müssen. Der Erklärungsgehalt der Zustimmung zu dieser Vertreterperson geht jedoch ohne ausdrückliche zusätzliche Erklärung nicht so weit, dass angenommen werden könnte, der Patient verzichte damit gleichzeitig auf sein Recht, über den Vertretungsfall im Einzelnen so rechtzeitig informiert zu werden, dass er sich noch überlegen kann, ob er den ihm bereits benannten Vertreter in Anspruch nimmt oder lieber zuwarten möchte, bis der Chefarzt bzw. Abteilungsleiter wieder zur Verfügung steht.

(3) Letztgenanntes kann hier ohnehin offenbleiben, da bereits ein Verhinderungsfall weder dargelegt noch bewiesen ist.

Einen „hypothetischen Verhinderungsfall“ gibt es nicht. Die Frage, ob die Klägerin hypothetisch in die Operation des Beklagten zu 2) eingewilligt hätte, hätte man ihr vorher gesagt - unabhängig vom Vertretungsfall - dass jedenfalls am 2.5.2007 nur dieser sie operieren werde, mag zwar für die Frage einer Haftung aus § 823 Abs. 1 ZPO relevant sein. Sie ist es aber nicht für die Haftung der Beklagten aus Vertrag. Die „hypothetische Abänderung“ der vertraglichen Vereinbarung durch den Beklagten zu 3) operiert zu werden in eine solche durch den Beklagten zu 2) operiert zu werden, gibt es rechtlich nicht. Es gibt auch keine „hypothetische Genehmigung“ eines Rechtsgeschäfts mit Genehmigungswirkung. Entweder wird eine vertragliche Abänderung tatsächlich genehmigt oder nicht.

c) Dass die Klägerin die wahlärztliche Rechnung zu einem Zeitpunkt bezahlt hat, als sie vom Eintritt der Komplikation als solcher bereits wusste und ihr auch bekannt war, dass sie nicht durch den Beklagten zu 3) sondern durch den Beklagten zu 2) operiert worden ist, führt nicht dazu, dass die Haftung der Beklagten entfällt. Der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln, welches in einer Zahlung der Arztrechnung eine mögliche konkludente nachträgliche Billigung der Behandlersubstitution sieht (vgl. Urteil vom 12.10.1995 – 5 U 234/94 = VersR 1997, 115), vermag sich der Senat aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht anzuschließen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin die Zahlung der Rechnungen mit einem etwa dahingehenden Bewusstsein vorgenommen hätte, die Durchführung der Operation durch den Beklagten zu 2) nachträglich zu genehmigen. Ein solches Erklärungsbewusstsein wird ein Patient auch generell bei Vornahme der Zahlung nicht haben.

Folge aus alldem ist vorliegend, dass der Eingriff – mindestens – pflichtwidrig war und die Beklagten schon deshalb aus der Nichteinhaltung der vertraglichen Vereinbarung haften.

d) Der Schaden ist auch kausal auf die Vertragspflichtverletzung zurückzuführen. Es ist unstreitig die - behandlungsvertragswidrig - tatsächlich durchgeführte Operation, die den Schaden verursacht hat.

aa) Die Zurechnung scheidet auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Adäquanz aus. Schließlich ist die die Wahlarztvereinbarung und der darin vorgegebenen Behandlerreihenfolge mit der Klägerin gerade unter dem Gesichtspunkt der Inaussichtstellung der höheren Expertise abgeschlossen worden. Ob diese tatsächlich in der Reihenfolge („Ranking“) vorlag, wie der Vertragstext die Behandler aufführt, ist insoweit ohne Belang.

bb) Dass die Operation, wäre sie durch den Beklagten zu 3) durchgeführt worden, zum gleichen Schaden geführt hätte, ist nicht festzustellen.

Es ist Sache der Beklagten, darzulegen und nachzuweisen, dass derselbe Schaden auch eingetreten wäre, wenn der Beklagte zu 3) die Operation durchgeführt hätte (Einwand des gleichen Verlaufs bei hypothetisch rechtmäßigem Alternativverhalten, vgl. BGH NJW 2005, 1718; 2012, 850). Das können die Beklagten nicht. Dass derselbe Schaden auch dann entstanden wäre, kann aber auch nicht vermutet werden. Der Beklagte zu 3) hat - wie er noch einmal eigens klargestellt hat - die gleiche Kompetenz für die Operation. Ob der Beklagte zu 2) nach der Behauptung der Beklagten mehr praktische Erfahrung hat mit Schilddrüsenoperationen, kann dahinstehen. Er wäre allenfalls als Assistent zur Operation beigezogen worden. Das ist ein anderes Szenario, bei dem nicht von vornherein feststeht, dass dieselbe Nervverletzung schicksalhaft entstanden wäre. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass etwa aus anatomischen Besonderheiten die rechte Seite bei der Klägerin von niemandem - ex post betrachtet - ohne Nervverletzung hätte oper    iert werden können. Die bloße Möglichkeit, dass sich bei Operation durch den Beklagten zu 3) dieselbe Nervverletzung eingestellt hätte, genügt nicht (vgl. BGH NJW 1993, 520, 522; 2012, 2022).

3. Der Klägerin steht ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000,00 € zu, § 253 BGB.

Der eingriffsbedingte Schaden der Stimmstörung also solche ist als kausaler Primärschaden unstreitig. Dass er sich inzwischen als Dauerschaden manifestiert hat, steht aufgrund des weiteren Beweisergebnisses zur Überzeugung des Senats fest, wobei insoweit zugunsten der Klägerin wegen der Manifestation der Irreversibilität das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO eingreift.

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal hervorgehoben hat, dass die Beklagten schon erstinstanzlich bestritten haben, dass ein Dauerschaden vorliege, ist das überholt. Der Eintritt des Dauerschadens ist bereits durch das eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D. vom 7.9.2011 bewiesen (vgl. GA Seite 9, Ziffer 5 = Bl. 112 d.A.). Auch der Senat konnte sich der Berufungsverhandlung während der persönlichen Anhörung der Klägerin, die diese nur mit äußerst heiserer Flüsterstimme unter großer körperlicher Anstrengung bewältigen konnte, einen persönlichen Eindruck von dem nach über 6 Jahren massiv beeinträchtigenden bestehenden Zustand der Stimmstörung der Klägerin machen. Die Auswertung der Krankenunterlagen der Klägerin durch den Sachverständigen hat ergeben, dass diese nur noch eine geringe Chance auf allenfalls teilweise Verbesserung des Zustands hat, sofern sie sich operativen Eingriffen am Kehlkopf unterziehen würde. Dies ist ihr w    egen der geringen Erfolgsaussicht, zudem auch nur auf eine Teilverbesserung bei gleichzeitig erheblichem Operationsrisiko – die Klägerin ist bereits 77 Jahre alt – nicht zuzumuten und auch nicht als Mitverschulden anzulasten.

Der Betrag von 30.000,00 € ist als Schmerzensgeld angemessen und erforderlich. Die Klägerin ist in ihrer Kommunikationsfähigkeit dauerhaft schwerwiegend beeinträchtigt. Das belastet den Austausch mit anderen und die Pflege sozialer Kontakte sowie das Empfinden von Lebensfreude nachvollziehbar erheblich. Insbesondere ist der Klägerin ein schnelles Gespräch mit spontaner Rede und Gegenrede kaum möglich. Sie muss sich stark konzentrieren, um mit inzwischen erlernten Techniken mit ihrer Flüsterstimme verstanden zu werden. Davon konnte sich der Senat selbst in der persönlichen Anhörung der Klägerin überzeugen. Eine logopädische Technik der Klägerin, die aufgefallen ist, ist, dass sie für den nötigen Druckaufbau beim Sprechen von Sätzen, die mehr als ca. vier bis sechs Worte umfassen, sowohl beim Ausatmen als teilweise auch sogar beim Einatmen Worte formuliert. Das ist für sie sichtlich anstrengend. Sie ist insoweit auch darauf angewiesen, Trinkwasser mit sich zu führen, um regelmäßig die Mundhöhle und den Rach    en feucht zu halten.

Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass die Schmerzensgelder, die selbst unter Anpassung mit Rücksicht auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten einem Betrag von 30.000,00 € deutlich übersteigen, in Fällen zuerkannt werden, denen regelmäßig noch schwerwiegendere Beeinträchtigungen zugrunde liegen. In dem vom Landgericht Osnabrück entschiedenen Fall (30.000,00 € mit immateriellem Vorbehalt, nach Indexanpassung ca. 42.000,00 € mit immateriellem Vorbehalt, Urteil vom 25.2.1992 – 3 O 398/89, Schmerzensgeldbeträge, 31. Auflage, Nr. 2821) lag zum einen eine vollständige Stimmbandlähmung vor; außerdem waren eine zusätzliche Notoperation in Form eines Luftröhrenschnitts sowie noch eine weitere dritte Operation erforderlich geworden.

Dem vorliegenden Fall eher vergleichbar ist die Entscheidung des OLG Köln vom 14.4.2008 – 5 U 135/07, wobei zwar unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskostenindexanpassung sich ein Schmerzensgeld von 32.000,00 € ergeben würde, jedoch lagen in jenem Fall – anders als hier – eine beidseitige Stimmbandlähmung sowie Aufklärungsfehler von besonderem Gewicht vor (OLG Köln, a.a.O., VersR 2009, 261). Hingegen hat das OLG Celle im Falle einer ähnlichen dauernden Stimmbandschädigung nach Schilddrüsenoperation, wobei die dortige Klägerin ebenfalls noch in der Lage ist, zumindest flüsternd und heiser zu sprechen, ein Schmerzensgeld von 45.000,00 DM (22.500,00 €) zuzüglich immateriellen Vorbehalts zuerkannt, was nach Indexanpassung einem Betrag von 29.000,00 € entspricht. Da vorliegend einerseits kein immaterieller Vorbehalt beantragt wurde, andererseits hinsichtlich des Dauerschadens ohnehin keine Veränderung mehr zu erwarten ist und keine Erfolg versprechenden und gleichzeitig zumutbaren Therapieoptionen mehr bes    tehen, ist ein weiterer Aufschlag zwar erforderlich, jedoch mit weiteren 1.000,00 € angemessen.

4. Der materielle Schaden wird geltend gemacht für die der Klägerin bisher entstandenen Kosten durch Zuzahlungen für logopädische Behandlungen (Seite 7 der Klageschrift = Bl. 7 d.A.) in Höhe von 100,00 €. Zwar ist der dafür als nachzureichen angekündigte Beleg nicht vorgelegt worden. Das ist aber unschädlich, da diese Kosten zu keinem Zeitpunkt bestritten worden sind. Sie gelten daher gemäß § 138 Abs. 2 und 3 ZPO als zugestanden.

5. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten sind als adäquater Bestandteil des materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruchs auch ohne Verzug zu erstatten (vgl. Palandt/ Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 249 Rn. 56). Die Kosten, die die Klägerin insoweit geltend macht, sind nach einem Streitwert von 40.100 € mit 1.762,39 € zu hoch angesetzt (Anlage 5 = Bl. 20 d.A.). Das war entsprechend dem insgesamt berechtigten Forderungsbetrag von 30.100,00 € unter Zugrundelegung der einschlägigen Vorschriften für die Anwaltskosten anzupassen.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291, 187 Abs. 1 BGB. Rechtshängigkeit ist jeweils am 8.4.2011 eingetreten (Bl. 32, 35 R d.A.).


III.

Die Kostenentscheidung entspricht den wechselseitigen Anteilen des Obsiegens und Unterliegens, §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708
Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO für die Beklagten zuzulassen. Dass die Anforderungen an die berechtigte Behandlersubstitution in den Fällen der Wahlarztvereinbarung im Haftungsrecht dieselben sind wie im Honorarrecht, ist höchstrichterlich bislang nur durch sogenanntes obiter dictum bestätigt worden (vgl. BGH, Urteil vom 11.5.2010 – VI ZR 252/08 = ZfSch 2010, 490, hier zitiert nach juris, Rn. 7). Unabhängig davon kann womöglich von Bedeutung sein, dass der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln, wonach in einer „anstandslosen“ Bezahlung einer Wahlarztrechnung eine konkludente Genehmigung der Behandlersubstitution in Abweichung der zwischen Patient und Arzt zuvor getroffenen Wahlarztvereinbarung liegen könne (Urt. v. 12.10.1995 – 5 U 234/94 = VersR 1997, 115), das Oberlandesgericht Braunschweig auch aus den o. g. rechtlichen Erwägungen nicht folgt.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren hat ihre Grundlagen in §§ 3, 4 Abs. 1 ZPO, 43 Abs. 1, 47 Abs. 1 ZPO.

OLG Braunschweig 1. Zivilsenat, Urteil vom 25.09.2013, 1 U 24/12