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BVerfG: Amtsgericht Hamburg muss wegen abweichender Rechtsprechung zur öffentlichen Zugänglichmachung iSv 19a UrhG Berufung zulassen

Das BVerfG hat durch Beschluss vom 26. April 2010 (Az.: 1 BvR 1991/09) ein Urteil des Amtsgerichts Hamburg (Az.: 36A C 60/09) aufgehoben, wonach das Speichern eines urheberrechtlich geschützten Werkes im „öffentlichen Bereich“ eines Servers ohne Einbindung in eine Website kein öffentliches Zugänglichmachen nach § 19a UrhG darstellt.

In dem Fall, der dem mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Ausgangsurteil des Amtsgerichts Hamburg zugrunde lag, ging es um urheberrechtlich geschütztes Kartenmaterial, welches zwar in einer *.pdf-Datei im öffentlichen Bereich eines Servers abgelegt, nicht aber in eine Website eingebunden worden war.

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, ein Unternehmen, welches das Kartenmaterial über einen Onlinedienst vertreibt, hatte den Beklagten, dessen Tochter die *.pdf-Datei ohne Lizenz hochgeladen hatte, abgemahnt. Daraufhin gab der Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, verweigerte jedoch die Zahlung von Schadensersatz.

Die Besonderheit dieser „Veröffentlichung“ bestand darin, dass der Kartenausschnitt nicht auf dem „üblichen“ Wege, nämlich durch das Aufrufen einer Website, sondern lediglich über eine Suchmaschine abgerufen werden konnte.

Das Amtsgericht Hamburg sah darin keine „öffentliche Zugänglichmachung“ i.S.v. § 19a UrhG und verneinte daher einen Schadensersatzanspruch nach §§ 97 Abs. 1, Abs. 2, 19a UrhG. Hierfür sei es erforderlich, dass das urheberrechtlich geschützte Werk mit Hilfe der üblichen Zugangswege auffindbar sei. Dazu zähle das Auffinden über eine Suchmaschine nicht, da auf diese Weise das Werk nur rein zufällig gefunden werden könne. Es wies die Klage daher ab.

Mit dieser Auffassung weicht das Amtsgericht Hamburg jedoch von der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur, aber insbesondere auch von der Rechtsprechung der ihm übergeordneten Gerichte, namentlich des Landgerichts Hamburg und des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, ab. Danach bedeutet „öffentlich zugänglich machen“ nicht, dass die Öffentlichkeit auch von dem Werk Notiz nehmen muss. Ausreichend ist vielmehr, dass die Möglichkeit besteht, davon Kenntnis zu nehmen (vgl. etwa Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 19a, Rn. 6). Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte in einem vergleichbaren Fall eine öffentliche Zugänglichmachung „im Rechtssinne“ bejaht und lediglich die für eine einstweilige Verfügung erforderliche Dringlichkeit nicht für gegeben erachtet (OLG Hamburg, Beschluss v. 23.11.2006, Az. 5 W 168/06, ZUM 2007, 917 f.).

Da das Amtsgericht Hamburg die Berufung nicht zugelassen und der folgenden Nichtzulassungsbeschwerde trotz Hinweises auf mehrere anderslautende Urteile auch der Hamburger Gerichte nicht abgeholfen hatte, erhob die Klägerin des Ausgangsverfahrens Verfassungsbeschwerde.

Die 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat der aus ihrer Sicht offensichtlich begründeten Verfassungsbeschwerde durch Beschluss nach §§ 93c, 25 BVerfGG stattgegeben und das Urteil des Amtsgerichts Hamburg aufgehoben. Zur Begründung führte sie aus, das Urteil verstoße gegen die Rechtsschutzgarantie aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG. Die durch das Amtsgericht unterlassene Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 ZPO sei vor dem Hintergrund des Gebots effektiven Rechtsschutzes sachlich nicht zu rechtfertigen, erweise sich damit als willkürlich und schränke den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar ein. Die Zulassung der Berufung sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Zuständigkeitsbereich des Hanseatischen Oberlandesgerichts erforderlich gewesen. Denn sowohl das Landgericht Hamburg als auch das Hanseatische Oberlandesgericht seien der Auffassung, lediglich über eine Suchmaschine oder die Kenntnis einer URL erreichbare Kartenausschnitte erfüllten den Tatbestand des § 19a UrhG und stellten damit eine Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung dar.

Das BVerfG weist schließlich noch ausdrücklich darauf hin, dass es dem Amtsgericht freigestanden habe, wie erfolgt zu entscheiden. Es habe lediglich die Berufung zulassen müssen.

Die in diesem Beschluss aufgeworfene Problematik war, insbesondere auch im Hinblick auf Kartenausschnitte, bereits Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Entscheidungen. „Öffentlich zugänglich machen“ im Rechtssinne bedeutet nach überwiegender Ansicht in der Rechtsprechung eben nicht, die Möglichkeit des Zugriffs auch durch technische Mittel zu fördern. Vielmehr ist bereits die theoretische Möglichkeit der Kenntnisnahme der rechtsverletzenden Datei, sei es unter Zuhilfenahme von Suchmaschinen oder durch anderweitige Kenntnis von der URL, für eine Rechtsverletzung ausreichend.

Für die Beseitigung der Störung im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens reicht daher das Entfernen eines Links auf die rechtsverletzende Datei nicht aus. Es ist zudem erforderlich, auch die Datei selbst zu löschen.

Darüber hinaus wird in vielen Fällen zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nach § 97 Abs. 1 UrhG die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erforderlich sein. Hinsichtlich des genauen Inhalts einer derartigen Erklärung empfiehlt es sich, anwaltlichen Rat einzuholen.

Falls Sie in diesem Zusammenhang juristische Hilfe benötigen, können Sie sich jederzeit gern vertrauensvoll an uns wenden.