In ganzseitigen Werbeanzeigen vergleichen Autovermieter ihre Preise. Burger King erklärt, daß 81% der Testesser die Pommes frites des eigenen Hauses besser schmecken als die von McDonald´s. Die neue Wirtschaftszeitung "Euro" fragt, ob die letzte Wirtschaftswoche langweilig war. Deutsche Telekom und Mobilcom brechen einen Werbekrieg vom Zaun. Die Liste läßt sich fortsetzen. Unverkennbar: die Werbestrategien haben sich geändert, der Werbekonsument trifft immer häufiger auf vergleichende Werbung.
Bisher war vergleichende Werbung wegen der restriktiven Rechtsprechung verboten. Ist nun alles anders? Mit vielbeachteten Urteilen des BGH vom 05. Februar ( Az. I ZR 211/95 ) und vom 23. April 1998 ( Az. I ZR 2/96 ) änderte sich die Rechtsprechung grundlegend: Vergleichende Werbung ist nunmehr bei Einhaltung wettbewerbsrechtlicher Mindeststandards zulässig.
Treibende Kraft hinter dieser Entwicklung war die Europäische Union. Die EU-Kommission setzte durch die Richtlinie 97/55/EG einen neuen, europäischen Standard. Es sollen Rechtssicherheit innerhalb der Mitgliedsstaaten und Marktransparenz für den Verbraucher erreicht werden.
Offensichtlich nutzen die Unternehmen die neue Freiheit aus. Welche Spielregeln sie hierbei einhalten müssen, ist ihnen oftmals aber nicht bewußt. Anders lassen sich viele wettbewerbswidrige Werbungen nicht erklären. Eine unzulässige, vergleichende Werbung zieht nach wie vor häufig eine Abmahnung durch den betroffenen Konkurrenten nach sich. Dieser hat nach § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ( UWG ) einen Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz.
Um rechtliche Probleme zu vermeiden, muß der Werbende die Mindeststandards der Richtlinie beachten. Da es sich um EU-Recht handelt, bleibt dem Europäischen Gerichtshof ( EuGH ) in Luxemburg deren verbindliche Auslegung vorbehalten. Doch läßt die bisherige Rechtsprechung ungefähr erkennen, was zulässig ist und was nicht.
Hierzu gelten folgende Spielregeln:
Vergleichende Werbung darf den Konkurrenten und dessen Waren und Dienstleistungen nicht herabsetzen oder verunglimpfen, wie es das Magazin "Euro" gegenwärtig vorführt. Deren Werbung stellt die Frage, ob die letzte Wirtschaftswoche langweilig war. Ein klarer Bezug auf die – angeblich langweilige – Konkurrenz. Dieses Werturteil enthält keinen sachlichen, objektiven Kern. Es setzt herab und verunglimpft. Der Gegenangriff der Deutschen Telekom auf eine Werbung von Mobilcom ( "Wie heißen die doch gleich? Mogelcom!" ) ist gleichfalls kein objektives Werturteil.
Der Vergleich von Waren und Dienstleistungen ist weiter nur zulässig, wenn sie dem gleichen Bedarf dienen oder dieselbe Zweckbestimmung haben. Es soll gerade der Vergleich von Äpfeln mit Birnen verhindert werden. Wettbewerbsrechtlich einwandfrei ist hiernach die Werbung des Autovermieters Sixt. Der Autovermieter Avis bot den Pkw Smart zum Mietpreis von DM 99,00 / Tag an. Es folgte der Konter, daß man bei Sixt für diesen Preis einen echten Mercedes ( eine A-Klasse ) erhält. Diese Produkte sind erkennbar nicht identisch, aber als individuelle Fortbewegungsmittel miteinander vergleichbar.
Vergleichende Werbung ist auch unzulässig, wenn durch sie die Gefahr der Verwechslung mit dem Konkurrenten entsteht. Die Firma Mobilcom wirbt im Stil der Deutschen Telekom ( Darstellung, Schriftzug, Verwendung der Farbe Magenta ) mit ihrem Tarif für Ferngespräche. Der flüchtige Beobachter erkennt hierin zunächst eine Werbung der Deutschen Telekom. Die Zeichen der Deutschen Telekom nehmen damit in ihrer Unterscheidungskraft ab. Diese Werbung stellt zwar direkt keinen Vergleich zwischen den Waren und Dienstleistungen der Deutschen Telekom und Mobilcom her, doch hat der BGH entschieden, daß vergleichende Werbung jede Werbung ist, die die Waren und Dienstleistungen des Konkurrenten oder den Konkurrenten zumindest mittelbar erkennen läßt. Dies ist hier der Fall; die Werbung ist wettbewerbswidrig. Die Deutsche Telekom hat bereits eine – noch nicht rechtskräftige – einstweilige Verfügung gegen diese Werbung erwirkt.
Grundsätzlich zulässig ist nunmehr der Vergleich der Eigenschaften von Waren und Dienstleistungen. Diese müssen aber "objektiv, wesentlich und nachprüfbar" sein.
"Objektiv" bedeutet hier, daß der Vergleich nicht den Geschmack oder das Image zum Gegenstand haben darf. Die unsachliche vergleichende Werbung ist sowohl nach altem als auch nach neuem Recht unzulässig. Amerikanische Werbeverhältnisse wird es in Europa – zumindest vorerst – nicht geben. Unsachlich ist die Werbung des Fast-Food-Unternehmens Burger King, in der die Behauptung aufgestellt wird, 81 % der Testesser würden die Pommes frites des eigenen Hauses besser schmecken als die von McDonald´s. Diese Aussage mag zwar richtig sein, doch stellt der Geschmack - auch der einer repräsentativen Testgruppe - keine objektive Tatsache dar.
Nicht "objektiv" ist auch der Werbekrieg, der in den USA zwischen Coca-Cola und Pepsi stattfindet. Die Werbungen haben allein das Image der jeweiligen Marke zum Gegenstand. Ein Werbevergleich stellt einen Intelligenztest nach, in dem ein Affe die eigene Cola trinkt, ein anderer das Konkurrenzprodukt. Ein Affe zeigt sodann eine erstaunliche Intelligenz, während der andere aus dem Labor ausbricht, mit einem Jeep zum Strand fährt und sich mit Bikini-Schönheiten vergnügt.
Wann eine Eigenschaft "wesentlich" ist, läßt sich mit gesundem Menschenverstand beantworten. Die Motorleistung, der Benzinverbrauch und das Unfallverhalten sind bei einem Pkw sicher wesentliche Eigenschaften, die Musikleistung des Radios oder die Qualität der Freisprechanlage hingegen nicht. Die Umweltbelastung durch ein Waschmittel war früher – im Gegensatz zu heute – nicht wesentlich.
"Nachprüfbar" war laut BGH, was der Verbraucher durch einen eigenen Vergleich bestätigen konnte. Dem EuGH genügt es nun, wenn der Vergleich dem Nachweis bloß zugänglich ist. Wird also mit dem CO2 Ausstoß eines Pkw geworben, kann der Durchschnittsverbraucher den Test nicht nachstellen. Da hierzu aber diverse Institutionen ( TÜV, ADAC ) in der Lage sind, ist diese Werbung wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.
Selbstverständlich ist damit auch der Vergleich von Preisen grundsätzlich zulässig. Der Preis ist eine der wichtigsten Eigenschaften einer Ware oder Dienstleistung. Einen klassischen Preisvergleich stellt die Werbung des Autovermieters Europcar dar. Europcar stellt dem eigenen Angebot, die Vermietung eines Mercedes CLK Cabrio für DM 99,00 / Tag, das Angebot der Firma Sixt gegenüber, die für dieses Fahrzeug einen Mietpreis von DM 249,00 / Tag verlangen. Unterscheiden sich aber Nebenleistungen, wie z.B. Serviceleistungen oder Garantien, erheblich, muß der Werbende diese erkennbar machen. Die Nebenleistungen tragen oft stark zur Preisbildung bei. Der Preis allein sagt dann wenig über das Leistungsangebot aus, das dahinter steht. Ein nur auf die Hauptleistung bezogener Vergleich stellt hier keine Markttransparenz her.
Preise für unterschiedliche Mengen darf der Werbende nicht miteinander vergleichen. Auf nur vorübergehende Preissenkungen muß die Werbung hinweisen.
Der – fälschliche – Eindruck, es handele sich um einen sog.Gesamtvergleich der angebotenen Waren und Dienstleistungen, ist ebenfalls wettbewerbswidrig. Wirbt eine Supermarktkette mit dem Angebot, eine Dose Cola koste DM 0,39, während die Konkurrenz hierfür DM 0,59 verlangt, erweckt dies nicht den Eindruck, daß die Waren in diesem Supermarkt generell günstiger sind. Dieser Vergleich ist zulässig. Anders liegt der Fall bei einem Vergleich mit vielen Produkten, die punktuell herausgesucht wurden, weil gerade sie günstiger sind. Hier entsteht durchaus der Eindruck, daß das Preisniveau insgesamt niedriger liegt. Diese Werbung ist wegen Irreführung des Verbrauchers unzulässig.
Eine Werbung kann auch in der Form vergleichen, daß sie das eigene Produkt mit dem guten Ruf eines Konkurrenzproduktes bewirbt. Man spricht von der anlehnend vergleichenden Werbung, die zukünftig ebenfalls grundsätzlich zulässig ist. Der französische Automobilhersteller Renault bewarb sein Auto-Notrufsystem mit: "Beruhigend, daß Mercedes an alles denkt – beruhigend, daß sie nicht die einzigen sind!" Renault machte sich den Ruf der Marke Mercedes-Benz mit dieser Werbung zunutze, um das Eigenprodukt zu vermarkten.
Der anlehnenden vergleichenden Werbung sind durch das allgemeine Verbot der unlauteren Rufausnutzung Grenzen gesetzt. Unzulässig, weil unlauter, ist ein erheblicher Eingriff in die Rechte des Konkurrenten, der in dieser Form nicht notwendig ist. Renault darf das Auto-Notrufsystem also nicht bewerben, indem sämtliche Vorzüge und die Qualität des Systems der Firma Mercedes-Benz angepriesen werden und lediglich am Ende der Werbung der Hinweis erfolgt, daß das eigene System die gleichen Leistungen bietet. Vielmehr muß regelmäßig das Eigenprodukt beworben und erst am Schluß mit dem System der Konkurrenz verglichen werden.
Die persönliche vergleichende Werbung ist ebenfalls nach wie vor wettbewerbswidrig. Sie vergleicht nicht mit Waren oder Dienstleistungen des Konkurrenten, sondern allein mit dem Konkurrenten selbst. Es besteht also ein Verbot für den Vergleich, nicht bei dem vorbestraften Konkurrenten, sondern bei dem unbescholtenen Werbenden zu kaufen.
Wie vergleichende Werbung in der Praxis unter der Richtlinie 97/55/EG beurteilt werden wird, bleibt abzuwarten. Beachtet der Werbende die Mindeststandards, wird ihm Ärger jedoch erspart bleiben.
Bei rechtswidriger Werbung kann der verletzte Konkurrent zwar Unterlassung verlangen – oft aber ohne Erfolg, weil die Werbung bereits ausgestrahlt wurde und der Anspruch allein für die Zukunft wirkt. Er kann auch Schadensersatz fordern. Hierbei stößt er jedoch meist auf Probleme.
Er muß nämlich im Prozeß beweisen, daß ihm durch die unzulässige Werbung ein konkreter Schaden entstanden ist. Wie aber will McDonald´s beweisen, daß der eigene Umsatz mit Pommes frites durch die – unzulässige – Werbung von Burger King zurückgegangen ist? Wie will die Deutsche Telekom diesen Beweis gegen die Firma Mobilcom führen? Eine Vielzahl von Gründen sind denkbar, die zu dem geringeren Umsatz führten. Man wird kaum beweisen können, daß gerade die angegriffene, wettbewerbswidrige Werbung hierfür verantwortlich war. Die Gerichte haben oft noch nicht einmal konkrete Anhaltspunkte, um den eingetretenen Schaden auch nur schätzen zu können.
Konkreter Schaden sind lediglich die Anwaltskosten für die Abmahnung, die jedoch, bei einer erfolgreichen Werbung wirtschaftlich unbedeutend sind. Die rechtlichen Sanktionen schrecken daher häufig nicht ab.
Vergleichende Werbung bringt deshalb zwar manchmal Ärger, aufgrund der geringen Risiken jedoch auch Spaß – zumindest dem Werbenden und dem Publikum.
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