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Sonstige Rechtsgebiete


Kann Glaube rechtsfreien Raum schaffen

Aus gegebenem Anlass verweisen wir auf unseren bereits im Jahr 2008 veröffentlichten Aufsatz zu diesem Thema (APR 2008, S. 29 ff.) - abrufbar hier. Dass dessen Brisanz und Bedeutung mit den Jahren nicht an Aktualität verloren hat, zeigen die jüngsten Ereignisse.

So verweigerten zwei katholische Kliniken die Untersuchung eines möglichen Vergewaltigungsopfers. Die behandelnde Notärztin konnte eine Vergewaltigung nicht ausschließen und ließ zwei Kliniken, die zur Stiftung der Cellitinnen der heiligen Maria des Erzbistum Köln gehören, darum ersuchen, mögliche Tatspuren bei der Patientin festzustellen. Beide Kliniken lehnten dies ab. Ihnen seien solche Untersuchungen untersagt. Denn mit ihnen würde auch ein Beratungsgespräch über eine mögliche Schwangerschaft und deren Abbruch verbunden, sowie die Pille danach verbunden sein. Obwohl die Notärztin zugesichert haben soll, dies schon vorgenommen bzw. verordnet zu haben, blieben die Kliniken bei Ihrer Auffassung.

In einer ersten Stellungnahme der Cellitinnen-Stiftung wurde bestätigt, dass die Abgabe der Pille danach als Notfallkontrazeption nicht angeboten werde. Katholische Krankenhäuser dürften nicht die „Pille danach“ verschreiben, da sie abtreibende Wirkung habe. Dies sei mit den katholischen Grundsätzen nicht zu vereinbaren. Es stellt sich die Frage nach dem Rangverhältnis des katholischen Glaubens und den Ängsten und Interessen einer jungen Frau, die an einem Nachmittag im Dezember auf einer Parkbank aufwachte und sich nur noch erinnern konnte, dass sie am Vorabend ausgegangen war - als Folge von K.O.-Tropfen, die ihr verabreicht wurden.

Bei aller moralischer Diskussion darf nicht vergessen werden, dass das objektive Gut, um das es hier geht, weder die Rechte und Pflichten des Arztes, noch die Rechte des Patienten an sich sind. Es geht um den einzelnen Patienten selbst.

Vor allem im Falle der Abtreibung geht es um das persönliche Gut einer Frau, die sich scheinbar oder tatsächlich in einer Notlage befindet, bedingt durch eine mögliche Verantwortung für einen neuen Menschen. Verantwortung kann nur von den tatsächlich Betroffenen übernommen werden, denn der abweisende Arzt oder die Klinik stehen im Zweifel nicht für das Kind ein, wenn es denn nach ihrem erzieherischen Einsatz als Glaubensprophet und lebendes Gewissen geboren wird. Juristisch ist die aufgeworfene Frage einfach zu beantworten. Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, Patienten zu behandeln. Andernfalls müsste sich der Patient erst einmal überlegen, welcher Glaubensrichtung der Arzt bzw. die Klinik anhängt. Es gehört auch nicht zu den Aufgaben von Ärzten, ihren Kunden moralische Hilfestellung zu leisten oder Einfluss auf moralisch schwierige Entscheidungen zu nehmen.

Im Ergebnis ist zu sehen, dass Glaube in diesem Rahmen keine Rechtfertigung dafür sein kann, sich geltenden Gesetzen zu widersetzen. Die Trennung von Kirche und Staat macht mit einem Blick auf die Weltgeschichte auch Sinn. Wenn man es zulassen würde den Glauben über die Gesetze zu stellen, wäre Tür und Tor offen für weitaus mehr. Der Blick in die Tageszeitungen eröffnet, welche Untaten unter dem Mantel des Glaubens geschehen. Dann lässt sich die Frage ob Glaube rechtsfreien Raum schaffen kann, nicht nur juristisch sondern auch moralisch schnell und eindeutig beantworten.