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OLG Hamm: Die Angabe - Jahreswagen - 1 Vorbesitzer 1. Hand - ist irreführend

Oberlandesgericht Hamm

Urteil vom 20.07.2010
Aktenzeichen: I-4 U 101/10


GRÜNDE

A.

Die Antragstellerin betreibt in C einen Kfz.-Handel. Sie platziert ihre Angebote auch über die Internetplattform *Internetadresse*. Die Antragsgegnerin betreibt ebenfalls einen Kfz.-Handel mit Angeboten auf dieser Plattform. Sie hat im Januar 2010 unter anderem einen Seat Ibiza 1,2 Style dort für 10.690,- Euro inseriert. Dabei hat sie den PKW mit der Angabe "Jahreswagen 1 Vorbesitzer" und "1. Hand" beschrieben.

Die Antragsstellerin hat – insoweit unbestritten - behauptet, der annoncierte PKW sei gewerblich zur Vermietung durch die Firmen I und B genutzt worden (Bl. 4 d.A.). Sie hat gemeint, auf diese Art der Nutzung hätte hingewiesen werden müssen, weil das Fahrzeug ausdrücklich als "Jahreswagen – 1 Vorbesitzer/1. Hand" angeboten worden sei. Es läge ein Verstoß gegen §§ 5, 5a UWG vor. Der angesprochene Verbraucher verstehe unter der Bezeichnung "Jahreswagen", dass das Fahrzeug ausschließlich von Werksangehörigen maximal ein Jahr genutzt worden sei, ferner, dass das Fahrzeug durch diesen einen Nutzer besonders ordentlich behandelt, sorgsam gefahren und werterhaltend gepflegt worden sei. Dem stehe eine Nutzung in einer Mietwagenflotte grundsätzlich entgegen, da solche Fahrzeuge von zahlreichen Nutzern gebraucht und erfahrungsgemäß nur bedingt sorgsam gepflegt würden. Darüber hinaus hat die Antragstellerin einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 UWG angenommen, weil in einem Kodex für den Fahrzeughandel im Internet, der bei der Plattform *Internetadresse* über die AGB zur Grundlage der Nutzung der Internetseite gemacht werde, die Verpflichtungen übernommen würden, "zu kennzeichnen, ob das Fahrzeug gewerblich genutzt wurde" und auf die gewerbliche Vornutzung eines annoncierten PKW als Mietwagen hinzuweisen. Dieser Kodex sei für den Adressaten auch deshalb wichtig. weil er in der Fußleiste zu jedem Inserat verlinkt werde. Der Verstoß sei auch spürbar, weil irreführende Angebote im Netz eine hohe Anlockwirkung hätten, denn die Nutzer würden regelmäßig nur einen Teil der Angebote in Betracht ziehen und dabei dem Angebotspreis besonderes Gewicht beimessen, der als Maßstab verzerrt werde, wenn ihm irreführende Eigenschaftsangaben zugrunde lägen.

Auf Antrag der Antragstellerin hat das Landgericht durch Beschluss vom 18.01.2010 der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt,

im geschäftlichen Internetverkehr, insbesondere auf der Internetplattform *Internetadresse*, Mietwagen gegenüber Endverbrauchern mit einer Fahrzeugbeschreibung Jahreswagen – 1 Vorbesitzer/1. Hand – wie im Inserat vom 05.01.2010 unter der Angebotsnummer 2G114791 auf der Internetplattform *Internetadresse* geschehen - anzubieten und nicht darauf hinzuweisen, dass eine gewerbliche Vornutzung des jeweiligen Fahrzeugs als Mietwagen stattgefunden hat.

Hiergegen hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt.

Die Antragstellerin hat beantragt,

den Widerspruch zurückzuweisen und den Beschluss des Landgerichts Essen vom 18.01.2010 aufrecht zu erhalten.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den vorgenannten Beschluss aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie hat gemeint, dass eine Irreführung oder Täuschung des geschäftlichen Verkehrs nicht vorliege. Die Verkehrsanschauung zum Begriff Jahreswagen habe sich geändert. Es sei heute selbstverständlich, dass über 80% der Jahreswagenflotte aus ehemaligen Mietfahrzeugen bestünde, daher müsse auf diesen Umstand auch nicht mehr besonders hingewiesen werden. Die auf der Internetseite als "Kodex" bezeichneten Regelungen seien nur eine Erweiterung der AGB über die Nutzung der Plattform und daher allenfalls vertragsrechtlich von Bedeutung, nicht jedoch verbindlich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 UWG. Die Antragsgegnerin habe sich diesem Kodex nicht freiwillig unterworfen. Das Vorgehen der Antragstellerin hält sie für rechtsmissbräuchlich, weil diese eingestanden habe, gezielt nach Verstößen auf der Internetseite *Internetadresse* gesucht und durch Testanrufe ihre Feststellungen erhärtet zu haben. Das Abmahnverhalten stünde in keinem Verhältnis zu dem Geschäftsumfang der Antragstellerin.

Das Landgericht hat den Beschluss vom 18.01.2010 aufgehoben und den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Es hat in der Bewerbung eines Jahreswagens mit der zusätzlichen Angabe "1 Vorbesitzer" weder eine Täuschung noch die Unterlassung einer gebotenen Aufklärung gesehen. Die Bewerbung unter der Bezeichnung "Jahreswagen" weise lediglich auf das Alter, nicht aber auf weitere Umstände der Nutzung des Fahrzeugs hin. Die Angabe über den Vorbesitzer werde vom angesprochenen Verkehr rein formal als Angabe über die Anzahl der aus den Fahrzeugpapieren ersichtlichen Vorbesitzer verstanden. Über die Frage, ob ein angebotener PKW gewerblich vorgenutzt worden sei, müsse auch nicht aufgeklärt werden, solange der angebotene PKW durch eine solche Nutzung keine Wertminderung erlitten habe. Aufgrund des technischen Fortschritts könne nicht mehr generell davon ausgegangen werden, dass ein besonderer Verschleiß allein aufgrund einer hohen Anzahl verschiedener Benutzer des PKW bereits bei kurzzeitiger gewerblicher Nutzung verursacht werde. Ein eventueller Verstoß gegen den der Internetplattform *Internetadresse* zugrundegelegten Verhaltenskodex könne für sich genommen noch keinen Wettbewerbsverstoß begründen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Antragstellerin. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag, insbesondere ihre Rechtsauffassung dazu, dass ihr ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nicht vorgeworfen werden könne. Die gerügte Irreführung sei keineswegs als unbedeutend anzusehen. Es gehe vielmehr um eine für den Verbraucher erhebliche Eigenschaft des Kaufgegenstandes. Von einer Vielzahl von Abmahnungen könne nicht die Rede sein. Konkreter und damit einlassungsfähiger Vortrag der Antragsgegnerin sei zu vermissen. Unsubstantiiert und zudem sachlich unzutreffend sei die Behauptung der Antragsgegnerin, sie, die Antragstellerin, betreibe nur ein kleines Autohaus, zu dessen Geschäftsumfang die Abmahntätigkeit in keinem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis stehe. Auch die von ihr angesetzten Gegenstandswerte ergäben keinen Hinweis für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen. In der Sache verweist die Antragstellerin auf die Rechtsauffassung des OLG Stuttgart, mit der sich die herrschende Meinung in der Literatur decke. Danach dürfte ein Jahreswagen aus 1. Hand nicht ausschließlich als Mietwagen vorgenutzt worden sein. Sie meint, dass es für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung nicht darauf ankomme, ob die beim Endverbraucher bestehenden Vorbehalte gegen Mietwagen technisch begründet seien oder nicht, denn jedenfalls hätten diese Vorbehalte erheblichen Einfluss auf die Preisgestaltung. Im Zweifel würde sich der Verbraucher bei sonst gleichen Angeboten gegen einen bereits als Mietwagen eingesetzten PKW entscheiden.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschlussverfügung vom 18. Januar 2010 mit der Maßgabe zu bestätigen, dass das Wort "insbesondere" entfällt und dass es nach den Worten "auf der Internetplattform *Internetadresse*" heißt "Anlage K 3 zur Klageschrift, Bl. 21, 22 d.A.)".

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie behauptet, der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin bewege sich im Dunstkreis von Rechtsanwälten, die in weiteren Verfahren gegen Angebote der hier gerügten Art vorgingen. Sie wirft dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin erneut vor, das Abmahngeschäft in eigener Regie zu betreiben, da er die angeblichen Wettbewerbsverstöße selbst ermittele. Die Antragsgegnerin rügt ferner, dass die Antragstellerin die gerichtlichen Verfahren am Sitz der Abgemahnten und nicht an ihrem oder dem ihrer Prozessbevollmächtigten geltend mache, um so die Massenhaftigkeit der Abmahnungen zu verschleiern. In der Sache verneint sie unter Hinweis auf eine zur Akte gereichte Entscheidung des OLG Nürnberg zum Begriff "Jahreswagen" mit näheren Ausführung eine Irreführung. Sie meint, dass die Angabe der Mietwageneigenschaft entbehrlich sei, weil bei einem regel- und vorschriftsmäßig gewarteten Mietwagen der Verschleiß an Motor und sonstiger Mechanik im Allgemeinen nicht weiter fortgeschritten sei als bei einem privat genutzten Fahrzeug. Auch stelle die Mietwageneigenschaft keinen kaufvertraglichen Mangel des Fahrzeugs dar, aufgrund dessen die Rückgabe durch den Händler gefordert werden könne. Die Antragsgegnerin hält das Vorgehen der Antragstellerin nach wie vor für rechtsmissbräuchlich und meint, es werde gegen ein Verhalten vorgegangen, das die Mehrzahl der Händler und Verbraucher als unbedeutend oder zulässig empfinde. Das systematische Durchsuchen des Internet und der gezielte Testanruf zur Erforschung des Verhaltens sprächen ebenfalls für einen Missbrauch. Sie behauptet, die Antragstellerin habe zum Zeitpunkt der Abmahnung lediglich 28 Autos zum Verkauf angeboten. Die Antragsgegnerin werde bereits zum zweiten Mal von der Antragsstellerin abgemahnt.


B.

Die zulässige Berufung der Antragstellerin ist begründet.

I.
Die Antragstellerin ist antragsbefugt gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Die Parteien des Rechtsstreits bieten beide gewerblich gebrauchte PKW auf der Plattform *Internetadresse* an. Sie sind daher direkte Konkurrenten.

II.
Die Antragstellerin handelt nicht rechtsmissbräuchlich nach § 8 Abs. 4 UWG. § 8 Abs. 4 UWG stellt, wie der Senat früher bereits zu dem insoweit funktionsgleichen § 13 Abs. 5 UWG a.F. festgestellt hat, einen besonderen Missbrauchstatbestand dar, der ungeachtet einer an sich bestehenden Klagebefugnis die Klage des missbräuchlich vorgehenden Wettbewerbers unzulässig macht (Senat, Urt. v. 22.6.2004 – 4 U 12/04, BeckRS 2005, 03652; vgl. auch BGH GRUR 1999, 509, 510 - Vorratslücken; GRUR 2002, 357, 359 – Missbräuchliche Mehrfachabmahnung). § 8 Abs. 4 UWG erfasst Verhaltensweisen, bei denen das Vorgehen selbst oder die Art dieses Vorgehens gegen den Verletzer unter Berücksichtigung der gesamten Umstände der vorprozessualen oder prozessualen Geltendmachung rechtsmissbräuchlich ist. Ein Missbrauch liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzfähige Interessen verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (BGH GRUR 2010, 454 Tz. 19 – Klassenlotterie GRUR 2000, 1089, 1090 – Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung; GRUR 2001, 260, 261 –Vielfachabmahner). Darunter fällt insbesondere das Vorgehen im Gebührenerzielungsinteresse oder ein Vorgehen in Behinderungsabsicht. Die von der Antragsgegnerin vorgebrachten Umstände genügen allerdings nicht, um eine Vermutung dahingehend zu begründen, dass die Antragsstellerin aus vorwiegend sachfremden Erwägungen handelt.

1. Ein Indiz für ein sachfremdes Vorgehen folgt nicht daraus, dass die Antragstellerin die Plattform *Internetadresse* gezielt nach Verstößen durchsucht und zur Vorbereitung des Prozesses auch gezielt bei der Antragsgegnerin telefonisch anfragt. Es ist anerkannt, dass zum Nachweis eines Wettbewerbsverstoßes auch Testpersonen, Testanrufe und Testkäufe vorgenommen werden dürfen, insbesondere wenn Verstöße nicht anders als durch Testbefragungen dokumentiert werden können (vgl. BGH GRUR 2007, 802 Tz. 26 – Testfotos). Ein solches Vorgehen ist daher nicht sachfremd, sondern sachdienlich. Ein Indiz dafür, dass ein solches Verhalten zu Gebührenerzielungszwecken erfolgt, mag vorliegen, wenn der Prozessbevollmächtigte eigenmächtig nach Wettbewerbsverstößen fahndet und sich erst nach deren Entdeckung mandatieren lässt. Wird ein Rechtsanwalt allerdings von einem Unternehmer beauftragt, solche Verstöße zu ermittelt und gegen sie vorzugehen, liegt der Fall anders. Dies ändert sich auch nicht dadurch, dass der Prozessbevollmächtigte in einem Bereich tätig wird, in dem auch andere Rechtsanwälte, sei es auch solche, deren Vorgehen ein missbräuchliches Verhalten nahelegen mag, tätig sind. Auch in einem solchen Fall ist ein Antragsteller nicht allein deswegen an einem prozessualen Vorgehen gehindert, weil unlautere Abmahnungen vorkommen. Letzlich ist der Vorwurf, der Prozessbevollmächtigte bewege sich "im Dunstkreis" abmahnfreudiger Rechtsanwälte zu vage, um hieran schwerwiegende Folgen, wie die Aberkennung der Antragsbefugnis zu knüpfen.

2. Auch der Umstand, dass die Antragstellerin einen Gegenstandswert in Höhe von ursprünglich 20.000,- Euro für den hier geltend gemachten Verstoß angesetzt hat, deutet noch nicht auf sachfremde Motive hin, solange nicht feststeht, dass der durch die geltend gemachte Irreführung betroffene Umsatz weitaus geringer zu beziffern ist. Ferner ist nicht ausreichend vorgetragen, dass die Antragsstellerin nur geringfügig am Markt tätig ist. Die Antragsgegnerin selbst trägt vor, dass zum Zeitpunkt der Abmahnung immerhin 28 Internetangebote der Antragstellerin platziert waren. Das deutet nicht auf ein potentiell nur geringfügig betroffenes Umsatzvolumen hin.

3. Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten können sich zwar daraus ergeben, dass ein Gläubiger bei einem einheitlichen Wettbewerbsverstoß getrennte Verfahren anstrengt und dadurch die Kostenlast erheblich erhöht, obwohl eine Inanspruchnahme in nur einem Verfahren für ihn mit keinerlei Nachteilen verbunden ist (BGHZ 144, 165, 170 = GRUR 2000, 1089 – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung, BGH GRUR 2010, 454 Tz. 19 – Klassenlotterie). Auch hierfür gibt es aber keine Anhaltspunkte. Vorliegend sind nur zwei Verfahren ersichtlich. Im hiesigen Verfahren geht die Antragstellerin gegen die in H residierende Antragsgegnerin, im Verfahren vor dem LG Essen 45 O 43/09 gegen eine anders firmierende und in N sitzende Beteiligte vor. Daraus folgt ersichtlich keine missbräuchliche Mehrfachverfolgung.

III.
Da die Antragsstellerin auf lauterkeitsrechtlicher Grundlage vorgeht, wird der Verfügungsgrund nach § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Die Antragstellerin hat durch ihren Geschäftsführer eidesstattlich versichert, von dem hier gerügten Verstoß am 5.1.2010 Kenntnis erlangt zu haben. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung wurde nur eine Woche später, am 13.1.2010 eingelegt. Die Antragsstellerin hat das Verfahren mithin zügig begonnen. Anhaltspunkte, die gegen die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG bestehen, sind nicht ersichtlich.

IV.
Die Antragstellerin kann auch in der Sache Unterlassung der streitgegenständlichen geschäftlichen Ankündigung verlangen. Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 1 mit §§ 3 Abs. 1 Satz 1; 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 UWG, weil die Antragsgegnerin mit ihrer Internetankündigung, die geschäftliche Handlung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist, den angesprochenen Verkehr über eine wesentliche Eigenschaft der zum Verkauf angebotenen Fahrzeuge irreführen kann.

1. Die geschäftliche Handlung fällt unter § 5, nicht unter § 5a UWG. Das Angebot eines Gebrauchtwagens als "Jahreswagen" aus "1. Hand" bzw. mit der zusätzlichen Angabe "1 Vorbesitzer" ist eine unklare und deshalb aufklärungsbedürftige Werbeangabe. In Abgrenzung zu § 5a UWG geht es bei § 5 UWG um Fälle, in denen nicht eine Information vollständig vorenthalten, sondern eine lückenhafte oder missverständliche Information gegeben wird, die gerade wegen ihrer Lückenhaftigkeit aufklärungsbedürftig ist. Bei ihr macht sich der Adressat gerade aufgrund der Angabe Vorstellungen, die erst durch ergänzende Angaben mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung gebracht werden können (Fezer/Peifer, UWG, 2. Aufl. 2010, § 5 Rn 246). Die Antragstellerin rügt auch hier gerade, dass die Bezeichnung Jahreswagen verwendet und in Verbindung hiermit auf die Vornutzung eines Gebrauchtwagens als Mietwagen nicht hingewiesen wurde. Sie gibt insoweit zu erkennen, dass sie keine Klärung darüber begehrt, ob auf eine solche Vornutzung stets hinzuweisen ist, sondern wendet sich ausschließlich dagegen, dass die Aufklärung im Zusammenhang mit der Bewerbung des Fahrzeugs als "Jahreswagen – 1 Vorbesitzer/1. Hand" erfolgt.

2. Die Angabe führt über eine wesentliche Eigenschaft der angebotenen Ware, nämlich die Anzahl und Person des "Vorbesitzers" oder Halters irre. Sie ist geeignet, beim Verbraucher die Vorstellung zu erwecken, dass sich aus der Person des Vorbesitzers keine besonderen Risiken oder Abnutzungen für das angebotene Fahrzeug ergeben, die Einfluss auf die Kaufentscheidung des prospektiven Käufers haben können.

a) Ob eine solche Irreführung schon darin liegt, dass das Fahrzeug als Jahreswagen angeboten wird (ablehnend OLG Nürnberg, Beschlussverfügung v. 8.6.2010, S. 3), kann im Ergebnis offenbleiben, denn hier wurde die Bezeichnung nicht in Alleinstellung, sondern zusammen mit weiteren Ankündigungen verwendet. Daher bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob der Verbraucher der Bezeichnung "Jahreswagen" noch Angaben über eine qualitativ hochwertige Nutzung, etwa durch besonders sorgfältige Werksangehörige (so wohl auch im Ergebnis OLG Köln NJW-RR 1989, 699) entnimmt.

b) Die Irreführung folgt hier daraus, dass zusätzlich zur Verwendung des Begriffs Jahreswagen auf die Anzahl der Vorbesitzer abgestellt wird, ohne dass über die Art des Vorbesitzes aufgeklärt wird. Der Adressat eines Angebots wird die Formulierung "1 Vorbesitzer" nicht darauf beziehen, dass nur ein einziger Halter das Fahrzeug zu Eigentum hatte, es aber von beliebigen Nutzern gefahren wurde. Insoweit kann entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht allein auf die formale Bezeichnung im Kfz.-Brief abgestellt werden. Die Frage, wie viele tatsächliche Nutzer zu welchen Zwecken einen PKW nutzen, ist für die Wertschätzung des Fahrzeugs aus Adressatensicht durchaus von Bedeutung. Die Art des Vorbesitzes ist insbesondere von Bedeutung, wenn der Vorbesitz zu Vermietungszwecken erfolgte. Der Angebotsadressat entnimmt der Art der Vornutzung eines Gebrauchtwagens Informationen darüber, wie das Fahrzeug bisher gefahren und gepflegt wurde. So ist es zu erklären, dass etwa "Rentnerfahrzeuge" gerade in Internetforen als solche besonders beworben werden, weil bei ihnen zu vermuten ist, dass sie besonders schonend gefahren und pfleglich behandelt wurden. In Abgrenzung hierzu werden Fahrzeuge, die von Vermietungsunternehmen eingesetzt werden, häufig von Fahrern mit wechselndem Temperament, wechselnden Fahrfähigkeiten und Sorgfaltseinstellungen benutzt. Allein der Umstand, dass ein Fahrzeug nicht ständig für eigene Zwecke genutzt wird, führt erfahrungsgemäß zu abgesenkten Sorgfaltsanforderungen im Hinblick auf das Interesse an langfristiger Werterhaltung. Unterschiedliches Fahrtemperament bleibt auch nicht ohne jeden Einfluss auf die Verschleißteile eines Fahrzeugs und den Pflegezustand von Lack, Sitzen und "Fahrzeughimmel".

Die von der Antragstellerin zum Beleg einer Irreführung angegebene Rechtsprechung ist in diesem Punkte allerdings nur eingeschränkt aussagekräftig. Die angegebenen Judikate befassen sich sämtlich mit der Frage, ob die fehlende Angabe über die Art des Vorbesitzes dazu führt, dass ein so verkauftes Fahrzeug mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB ist. Zum Teil geht es noch enger um die Frage, ob ein Mangel bereits vorliegt, wenn das Fahrzeug nicht von einem Werksangehörigen gefahren wurde (so der Fall BGH NJW 2009, 2694, 2695), zum Teil um die Frage, ob ein von einem Werksangehörigen "eingefahrener" PKW gleichwohl mangelhaft ist, wenn er eine gewisse Zeit nach der Erstnutzung stillgelegt wurde (so der Fall BGH NJW 2009, 1588). Hieraus folgt noch keine Antwort auf die Frage, ob bei Angabe eines einzelnen Vorbesitzers unter zusätzlicher Verwendung des Wortes "Jahreswagen" der Verbraucher jedenfalls nicht vermutet, dass der Vorbesitzer ein Mietwagenunternehmen war und eine anderslautende Wirklichkeit aufklärungsbedürftig ist. Das ändert allerdings nichts daran, dass aus lauterkeitsrechtlicher Sicht die Art des Vorbesitzes eine wesentlich Angabe darstellt, in der klarzustellen ist, ob der Vorbesitz zu Vermietungszwecken erfolgte.

c) Die unterlassende Angabe kann zu einer Irreführung führen. Der typische Adressat des vorliegend zu beurteilenden Internetangebots wird der verwendeten Formulierung nicht entnehmen, dass der Vorbesitzer ein Mietwagenunternehmen war. Daher weicht die Wirklichkeit von der Vorstellung des Verbrauchers ab und ist jedenfalls geeignet, ihn zu täuschen. Nach dem Vortrag der Antragstellerin wurde das beworbene Fahrzeug von Mietwagenunternehmen wie I und B vermietet. Die Antragsgegnerin hat dem nicht gezielt widersprochen. Ihr Vortrag wendet sich dagegen, in einer solchen Nutzung eine Abweichung zu der Verbrauchervorstellung zu sehen. Daraus lässt sich nur entnehmen, dass die Behauptung der Antragstellerin in diesem Punkte unwidersprochen bleibt, also davon auszugehen ist, dass die Nutzung durch ein solches Mietwagenunternehmen bei dem beworbenen Fahrzeug tatsächlich stattgefunden hat.
d) Es erscheint plausibel, dass ein potentieller Käufer, der zwei gleichalte Fahrzeuge zum Kauf angeboten erhält, unter denen sich ein ehemaliges Mietfahrzeug befindet, voraussichtlich dem anderen Fahrzeug den Vorzug geben wird, wenn beide Fahrzeuge zum gleichen Preis offeriert werden. Daher ist die unterlassene Klarstellung über diesen Umstand auch relevant für die Marktentscheidung, die der Angebotsadressat voraussichtlich treffen wird.

e) Da das Angebot bundesweit abrufbar war, die Antragsgegnerin überdies für sich generell in Anspruch nimmt, Mietwagenunternehmer als Vorbesitzer auch dann zu verschweigen, wenn ein Jahreswagen mit nur einem Vorbesitzer angeboten wird, ist die Irreführung geeignet, den Wettbewerb auf dem Gebrauchtwagenmarkt spürbar zu beeinträchtigen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Erheblichkeit der Irreführung bereits im Rahmen des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG zu prüfen ist (so Köhler/ Bornkamm, § 5 UWG Rn 151 m.w.N.) oder ob insoweit auf § 3 Abs. 1 Satz 1 UWG abzustellen ist (Fezer/Peifer, UWG, 2. Aufl. 2010, § 5 Rn 264). Dafür, dass die Angabe die wettbewerbsrelevante Erheblichkeitsschwelle überschreitet, spricht der Vortrag der Antragsgegnerin selbst. Sie wendet ein, dass ein Großteil der "Jahreswagen" aus ehemaligen Mietfahrzeugen rekrutiert wird. Gerade dadurch, dass generell reklamiert wird, diese Mietwagen als Jahreswagen mit nur einem Vorbesitzer anzubieten, wird die Gefahr einer nicht nur spürbaren, sondern sogar erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs erzeugt.

IV.
Auf die Frage, ob daneben noch ein Verstoß gegen § 5a UWG oder eine Irreführung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 UWG vorliegt, kommt es im Ergebnis nicht mehr an, da bereits der Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UWG das beantragte Verbot trägt.

V.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.