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Steuerhinterziehung und Selbstanzeige als Gegenstand der steuerlichen Beratung

Im Rahmen einer steuerrechtlichen Beratung geht es nicht nur um Fragen der steuerlichen Gestaltung. Es kommt immer wieder vor, daß sich der Mandant wegen einer Steuerhinterziehung offenbart oder sich diese bei der Durchsicht der Unterlagen herausstellt. Auch wenn es mittlerweile Volkssport ist, Steuern zu hinterziehen, bleibt es eine Straftat. Über die Selbstanzeige (§ 371 AO) kann der Mandant in die Legalität zurückkehren und sich straffrei stellen. Allerdings führt die Selbstanzeige nicht dazu, daß das Finanzamt dem Mandanten die hinterzogenen Steuern sowie die Hinterziehungszinsen erläßt.

Durch die Änderungen der Steuergesetze, insbesondere seit Dezember 2001, verschärfte der Gesetzgeber das Steuerstrafrecht. Diese Änderungen betreffen auch die Selbstanzeige, die nur noch unter eingeschränkten Voraussetzungen zur Straffreiheit führt.

1. Rechtslage bis zum 31.12.2001

Bis zum 31.12.2001 verschaffte die Selbstanzeige Straffreiheit, unabhängig von Art und Ausmaß der Steuerhinterziehung. Der Berater mußte lediglich darauf achten, daß die Selbstanzeige den Voraussetzungen des § 371 AO entsprach.

Mit der Selbstanzeige muß der Mandant unrichtige oder unvollständige Angaben berichtigen bzw. unterlassene Angaben nachholen. Diese Angaben müssen vollständig und abschließend sein. Entsprechen die Angaben weiterhin nicht den tatsächlichen Verhältnissen, verliert der Mandant das Privileg des § 371 AO und liefert dem Finanzamt lediglich Material für ein Steuerstrafverfahren.

Zwar ist die Selbstanzeige an eine Form nicht gebunden, doch tendiert die Bedeutung einer mündlichen Selbstanzeige in der anwaltlichen Praxis gegen Null. Schriftlich erfolgt die Selbstanzeige durch Schriftsatz, der alle für die richtige Veranlagung notwendigen Tatsachen enthält. Zum anderen kann man als Selbstanzeige eine – inhaltlich richtige – Steuererklärung abgeben, wenn die Berichtigungsabsicht erkennbar ist oder die Steuerpflicht dem Finanzamt bisher nicht bekannt war.

Ist die Steuerverkürzung bereits eingetreten, muß der Mandant die hinterzogenen Steuern innerhalb einer vom Finanzamt bestimmten Frist zahlen. Erfolgt dies nicht, wird der Mandant nicht straffrei. Der Berater muß zunächst die voraussichtliche Höhe der nachzuzahlenden Steuern bestimmen und mit dem Mandanten klären, ob er wirtschaftlich zur Zahlung in der Lage ist. Kann der Mandant nicht zahlen und erstattet er dennoch Selbstanzeige, wirkt sie allenfalls strafmildernd, nicht aber strafausschließend.

Selbst wenn der Mandant eine ordnungsgemäße Selbstanzeige einreicht, wird er nicht straffrei, sofern einer der Sperrgründe des § 371 (2) AO vorliegen.

Das Privileg entfällt, wenn ein Amtsträger des Finanzamtes zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat beim Mandanten erscheint. Wer ohnehin konkret damit rechnen muß, entdeckt zu werden, handelt nicht mehr freiwillig und soll nicht privilegiert werden. Ein Amtsträger erscheint, wenn er das Grundstück des Mandanten betreten hat. Bis zu diesem Zeitpunkt kann der Mandant noch Selbstanzeige erstatten. Die Selbstanzeige ist jedoch nur insoweit gesperrt, als sie sich auf den Gegenstand der Betriebsprüfung oder den Umfang des Ermittlungsauftrages bezieht. Findet die Betriebsprüfung wegen der Umsatzsteuer statt, kann sich der Mandant zwar nicht mehr für diese, dennoch aber für die Einkommensteuer selbst anzeigen.

Die Strafbarkeit bleibt auch bestehen, wenn das Finanzamt dem Mandanten vor der Selbstanzeige mitteilt, daß es gegen ihn ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet hat. Die Sperrwirkung richtet sich nach dem Umfang des Verfahrens, den das Finanzamt dem Mandaten bekanntgab.

Ist die Steuerhinterziehung bereits entdeckt, führt die Selbstanzeige selbstverständlich auch nicht mehr zur Straffreiheit. Verdächtigt das Finanzamt den Mandanten lediglich, Steuern hinterzogen zu haben, hat es die Tat noch nicht entdeckt. Erst wenn das Finanzamt die Angaben als unrichtig erkannt und konkrete Anhaltspunkte für ein Verschulden des Mandanten hat, ist eine Straffreiheit durch Selbstanzeige ausgeschlossen. Neben das objektive Element der Entdeckung tritt subjektiv, daß der Mandant dies wußte oder zumindest bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen mußte.

2. Rechtslage ab dem 01.01.2002

Mit dem zum 01.01.2002 eingeführten § 370a AO verschärfte der Gesetzgeber das Steuerstrafrecht erheblich. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Steuerhinterziehung unabhängig von Art und Ausmaß als Vergehen bestraft. Im Falle einer schweren Steuerhinterziehung wertete der Gesetzgeber die Straftat zum Verbrechen auf. Schwer ist sie, wenn der Mandant gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande Steuern hinterzieht.

Insbesondere die Gewerbsmäßigkeit, begrifflich aus dem allgemeinen Strafrecht hinreichend bekannt, begründete die Gefahr für den Mandanten, sich nicht nur eines Vergehens, sondern eines Verbrechens schuldig zu machen. Denn die meisten Steuern werden auf periodische Einkünfte erhoben. Setzt der Mandant zum Beispiel für zwei Veranlagungszeiträume ein Arbeitszimmer ab, obwohl die Angabe unrichtig ist, verschafft er sich eine regelmäßige Einnahmequelle und handelt gewerbsmäßig. Gleiches gilt, wenn er periodische Zinseinkünfte verschweigt oder auch nur seinen Arbeitsweg zu hoch ansetzt, um seine Werbungskosten zu erhöhen.

Doch bereits die erstmalige Hinterziehung kann zur Gewerbsmäßigkeit führen. Wer in einer Steuererklärung falsche Angaben zum Arbeitszimmer oder Arbeitsweg macht, wird diese schlechterdings in der nächsten Steuererklärung nicht richtig angeben, sondern sie wiederholen. Die Wiederholungsabsicht reicht für die Gewerbsmäßigkeit aus.

Nur nachrangige Bedeutung wird in der Praxis der Fall haben, daß der Mandant als Mitglied einer Bande handelt, die – wie aus dem allgemeinen Strafrecht ebenfalls bekannt ist – aus mindestens drei Personen bestehen muß.

Unerheblich ist, in welchem Ausmaß der Mandant in diesen Fällen Steuern hinterzieht. Selbst wenn er lediglich die Werbungskosten um EUR 100,00 zu hoch angibt, wird er wegen einer schweren Steuerhinterziehung bestraft.

Hiervon konnte er sich auch durch eine Selbstanzeige nicht befreien. § 371 AO verwies nur auf § 370 AO, nicht jedoch auf § 370a AO.

3. Aktuelle Rechtslage

Aufgrund der Kritik an der Neuregelung hat der Gesetzgeber § 370a AO wieder entschärft.

Die Weiche zwischen Vergehen und Verbrechen wird gestellt, indem auf das Ausmaß der Steuerhinterziehung abgestellt wird. Erst ab einer Schwelle von ca. EUR 500.000 („großes Ausmaß“) wird der gewerbs- oder bandenmäßige Täter als Verbrecher bestraft. Bleibt er unter dieser Schwelle, handelt es sich um ein Vergehen nach § 370 AO.

Damit eröffnet der Gesetzgeber dem „kleinen“ Steuerhinterzieher wieder die Möglichkeit, durch eine Selbstanzeige in die Legalität zurückzukehren.

Aber auch bei einer schweren Steuerhinterziehung muß der Berater den Mandanten auf die Möglichkeit einer Selbstanzeige hinweisen. Zwar entgeht der Mandant durch eine Selbstanzeige einer Bestrafung nicht, allerdings führt die Selbstanzeige zu einem minder schweren Fall, den der Gesetzgeber mit einer geringeren Strafandrohung sanktioniert.

Allerdings ändert der geringere Strafrahmen nichts an der Qualifizierung der Tat als Verbrechen. Die daraus resultierenden Konsequenzen müssen bei der Beratung bedacht werden. Der Steuerfahndung stehen erweiterte Ermittlungsbefugnisse zu, insbesondere kann sie Telefone überwachen und ist zum „Großen Lauschangriff“ befugt. Das Steuerstrafverfahren kann nicht nach §§ 153, 153a StPO eingestellt werden und die Tat bleibt Vortat zur Geldwäsche (§ 261 StGB).

Der Gesetzgeber schwächte jedoch die Verbindung von § 261 StGB und § 370a AO ab, indem nicht mehr das gesamte Vermögen des Täters kontaminiert ist, sondern lediglich die durch die Steuerhinterziehung ersparten Aufwendungen und unrechtmäßig erlangten Steuererstattungen und –vergütungen. Die bisherige Fassung des § 261 StGB führte dazu, daß der Täter wirtschaftlich völlig isoliert war. Soweit ein Dritter Geld des Täters entgegennahm, lief er Gefahr, wegen Geldwäsche verdächtigt und verfolgt zu werden.

Die Frage der Geldwäsche ist auch für den Rechtsanwalt oder Steuerberater von großer Bedeutung, sofern er kontaminierte Vermögenswerte als Honorar entgegennimmt (BGH wistra 2001, 379).

Durch die Neuregelung beseitigte der Gesetzgeber die wesentlichen Kritikpunkte. In der Beratung muß dennoch der Einzelfall genau geprüft werden, um den Mandanten nicht durch eine Selbstanzeige der Strafverfolgung auszusetzen