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Beschluss des Verwaltunsgerichtes des Saarlandes zur Zulässigkeit des Betriebs einer Filialapothke durch DocMorris

VERWALTUNGSGERICHT DES SAARLANDES

12.09.2006. Az.: 3 F 38/06

BESCHLUSS

In dem Verwaltungsrechtsstreit

1. der Apothekerkammer des Saarlandes, Körperschaft des öffentlichen Rechts, Zähringer Straße 5, 66119 Saarbrücken,
2. der Frau Apothekerin B. , B-Straße, B-Stadt,
3. des Herrn Apotheker D. , D-Straße, B-Stadt,
4. des Herrn Dr. Apotheker F. , F-Straße, B-Stadt,
5. des Deutschen Apothekerverbands e.V., , H-Straße, H-Stadt,

- Antragsteller -

Prozessbevollmächtigte: (zu 1-5) Rechtsanwälte A. , A-Straße, A-Stadt,

gegen

1. das Saarland, vertreten durch den Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales, Zähringerstraße 12, 66119 Saarbrücken,
2. das Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales, Zähringerstraße 12, 66119 Saarbrücken,

- Antragsgegner -

Prozessbevollmächtigter: (zu 1-2) Rechtsanwälte Dr. J., J-Straße, B-Stadt, - -

beigeladen:DocMorris N.V. L., L-Straße, L-Stadt,

Prozessbevollmächtigte: DIEKMANN Rechtsanwälte, Ballindamm 35, 20095 Hamburg


wegen einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke


hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes in Saarlouis durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Freiherr von Funck, den Richter am Verwaltungsgericht Graus und den Richter am Verwaltungsgericht Kiefer am 12. September 2006

beschlossen:

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller zu 2) bis 4) gegen den Bescheid des Antragsgegners zu 2) vom 29. Juni 2006 wird wieder hergestellt. Der Antragsgegner zu 2) wird verpflichtet, der Beigeladenen aufzugeben, die von ihr betriebene Filialapotheke in B-Stadt, Kaiserstr. 16-18, bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu schließen. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

Die Antragsteller zu 1) und 5) tragen jeweils 1/8 der gerichtlichen Kosten und je 1/8 der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu 2) sowie der Beigeladenen. Der Antragsgegner zu 2) und die Beigeladene tragen je 3/8 der gerichtlichen Kosten und jeweils die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 2) bis 4). Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.


G R Ü N D E :

I. Richtiger Antragsgegner im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ist allein der Antragsgegner zu 2), das Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales. Das als Antragsgegner zu 1) von den Antragstellern im Rubrum aufgeführte Land ist nicht prozessführungsbefugt. Für die Entscheidung über den richtigen Antragsgegner ist der Grundsatz der Akzessorietät des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens maßgebend. Die passive Prozessführungsbefugnis richtet sich wie in der Hauptsache nach § 78 Abs. 1 VwGO (Meissner in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, Oktober 2005, § 78 Rdnr. 53; Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung Großkommentar, 2. Aufl., § 80 Rn. 127). Nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 19 Abs. 2 AGVwGO ist die Anfechtungsklage gegen die Behörde zu richten, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Dies gilt in gleicher Weise für den vorläufigen Rechtsschutz. Zuständige Behörde für die Durchführung des Apothekengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Arzneimittel-, des Apotheken-, des Betäubungsmittel-, des Transfusions- und des Heilmittelwerberechts (AABTHZustV) vom 18. November 2005 (Amtsbl. S. 1880) der Antragsgegner zu 2) (im Folgenden zur Vereinfachung: Antragsgegner). Eine Prozessführungsbefugnis des Antragsgegners zu 1) folgt auch nicht daraus, dass in der Hauptsache eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Erlaubnis erhoben worden ist. Auf die Nichtigkeitsfeststellungsklage ist nämlich § 78 VwGO entsprechend anwendbar. Es ergäbe – wie der vorliegende Fall zeigt - wenig Sinn, die Prozessführungsbefugnis auf der Beklagtenseite in Verfahren, in denen um die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes gestritten wird, anders zu bestimmen als in Verfahren, in denen es um die Rechtmäßigkeit (des selben) Verwaltungsakts geht (Meissner a.a.O. § 78 Rdnr. 21; Sodan/Ziekow a.a.O. § 80 Rn. 129).

II. Der Hauptantrag, mit dem die Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO die Verpflichtung des Antragsgegners zu 2) begehren, die von der Beigeladenen betriebene Apotheke zu schließen, hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist bereits nicht statthaft. Aus § 123 Abs. 5 VwGO ergibt sich der Vorrang des Verfahrens nach §§ 80, 80 a VwGO, soweit es um vorläufigen Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Vollziehung eines Verwaltungsaktes geht. Dies gilt auch in Bezug auf einstweilige Maßnahmen gemäß § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Auflage 2005, § 123 Rdnr. 4; J. Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 80 a Rdnr. 14; a.A. Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl. 1998, Rndr. 655, die der Ansicht sind, dass im Anwendungsbereich der Nichtigkeitsfeststellungsklage vorläufiger Rechtsschutz durch eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO zu gewähren sei). Die fehlende Statthaftigkeit eines Antrags nach § 123 VwGO erstreckt sich auch auf die Hilfsanträge (b) und (c), den Antragsgegner zu 2) zu verpflichten, der Beigeladenen zu verbieten, apothekenpflichtige bzw. verschreibungspflichtige Arzneimittel in den Verkehr zu bringen.

2. Im Übrigen ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch unbegründet. Ein Anordnungsanspruch auf Schließung der von der Beigeladen betriebenen Filialapotheke besteht nicht. Gemäß § 5 Apothekengesetz – ApoG – in der Fassung vom 15. Oktober 1980 (BGBl. I S. 1993), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. August 2005 (BGBl. I S. 2570), hat die zuständige Behörde die Apotheke zu schließen, wenn eine Apotheke ohne Erlaubnis betrieben wird. An einer solchen Erlaubnis würde es dann fehlen, wenn die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis nichtig wäre. Nach Ansicht der Kammer kann jedoch nicht von einer Nichtigkeit der Erlaubnis zum Betrieb einer Filialapotheke ausgegangen werden. Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 44 Abs. 1 SVwVfG nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Besonders schwerwiegende Fehler in diesem Sinne sind solche, die in einem so schwerwiegenden Widerspruch zur geltenden Rechtsordnung und den ihr zugrunde liegenden Wertvorstellungen der Gemeinschaft stehen, dass es unerträglich wäre, wenn der Verwaltungsakt die mit ihm intendierten Rechtswirkungen hätte. Maßgebend ist nicht der Verstoß gegen bestimmte Rechtsvorschriften als solcher, sondern der Verstoß gegen die der Rechtsordnung insgesamt und in bestimmender Hinsicht zugrunde liegenden und diese tragenden Zweck- und Wertvorstellungen, insbesondere auch gegen tragende Verfassungsprinzipien, und das Ausmaß des Widerspruchs zu diesen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2003, § 44 Rdnr. 8). Im vorliegenden Fall liegt zwar unstreitig ein Verstoß gegen Vorschriften des Apothekengesetzes (§§ 2, 7, 8 ApoG) vor. Ob zugleich auch ein schwerwiegender Verstoß im Sinne eines Widerspruchs zu den die Rechtsordnung tragenden Wertvorstellungen bzw. Verfassungsprinzipien vorliegt, erscheint indes zweifelhaft. Jedenfalls fehlt es an der Offenkundigkeit des Verstoßes. Das Gesetz verlangt zusätzlich zur besonderen Schwere des Fehlers, dass der Fehler offenkundig sein muss. Offenkundigkeit bedeutet, dass die schwere Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts ohne weiteres ersichtlich sein muss, d.h. sich geradezu aufdrängen muss. Die Fehlerhaftigkeit muss dem Verwaltungsakt gewissermaßen „auf die Stirn geschrieben“ sein, d.h. es darf die ernsthafte Möglichkeit, dass der Verwaltungsakt doch rechtmäßig sein könnte, nicht bestehen (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rdnr. 12). Eine solche Offenkundigkeit käme hier nur dann in Betracht, wenn ein Verstoß gegen die europäische Niederlassungsfreiheit völlig ausgeschlossen wäre. Dies ist, berücksichtigt man die vom Antragsgegner und der Beigeladenen angeführte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs – EuGH – und die von den Beteiligten zitierte Literatur, nicht der Fall (vgl. unten III.2.a).

Ob in der begehrten einstweiligen Anordnung eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache liegen würde, wie der Antragsgegner meint, kann deshalb dahinstehen.

III. Dagegen hat der Hilfsantrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Antragsteller zu 2) bis 4) Erfolg. Der Antrag ist gemäß §§ 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung der Erlaubnis zum Betrieb einer Filialapotheke durch die Beigeladene gemäß §§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, 2. Alt., 80 a Abs. 1 Nr. 1 VwGO im überwiegenden Interesse der Beigeladenen angeordnet.

1. Der Antrag ist hinsichtlich der Antragsteller zu 2) bis 4) zulässig. Im Übrigen ist der Antrag unzulässig, da die Antragsteller zu 1) und 5) nicht antragsbefugt sind.

a. Die Antragsteller zu 1) und 5) können – bei entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO – nicht geltend machen, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein. Eine Antragsbefugnis wäre nur dann gegeben, wenn die Antragsteller zu 1) und 5) entweder geltend machen könnten, dass der betroffene Verwaltungsakt – hier die der Doc Morris N.V. erteilte Erlaubnis zum Betrieb einer Filialapotheke – sie in ihren eigenen Rechten verletzt, oder aber ein Bundes- oder Landesgesetz ein Klagerecht unabhängig von einer Betroffenheit in eigenen Rechten vorsieht (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 Rdnr. 180 f.). Hinsichtlich der Rechte ihrer Mitglieder (der Apothekerinnen und Apotheker) sind die Antragsteller zu 1) bis 5) ohnehin nicht antragsbefugt (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 Rdnr. 171). Letzteres ist unproblematisch.

aa. Eine Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 1) kraft Gesetzes besteht nicht. Die Antragstellerin zu 1), die Apothekerkammer des Saarlandes, ist als öffentliche Berufsvertretung errichtet; sie ist eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 des Saarländischen Heilberufekammergesetzes – SHKG - vom 02. Juni 2003 (Amtsbl. S. 1770), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. April 2005 (Amtsbl. S. 686). Eine Vorschrift, die der Apothekerkammer ein Klagerecht gegen die Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke gemäß § 1 Abs. 2 ApoG einräumt, gibt es nicht. So steht beispielsweise der Industrie- und Handelskammer bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Handwerksrolle gemäß §§ 8 Abs. 4, 12, 16 Abs. 3 der Handwerksordnung – HandwO - der Verwaltungsrechtsweg offen (vgl. Wahl/Schütz in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, § 42 Abs. 2 Rdnr. 228; Kopp/Schenke a.a.O. Rdnr. 181). Anders als etwa in der Handwerksordnung fehlt es hier an einer vergleichbaren Regelung eines Klagerechts durch den Gesetzgeber. Vielmehr wird die Apothekerkammer im Apothekengesetz nicht einmal erwähnt. Der Apothekerkammer steht (anders als beispielsweise der Handwerkskammer bei der Eintragung in die Handwerksrolle, § 8 Abs. 3 Satz 1 HandwO) nicht einmal ein Anhörrecht vor der Entscheidung über die Erlaubniserteilung nach § 1 Abs. 2 ApoG zu. Im Übrigen würde selbst das Recht, in einem Verwaltungsverfahren angehört zu werden, noch kein Klagerecht beinhalten (OVG Koblenz, Beschl. v. 28.10.1986 -12 W 98/96- NVwZ 1987, 239). Dafür, dass die Apothekerkammer im Wege eines Klagerechts zur Einhaltung der Vorschriften des Apothekengesetzes und damit zur Sicherstellung einer verlässlichen Arzneimittelversorgung beitragen soll, lässt sich dem Apothekengesetz nichts entnehmen. Ebenso wenig sieht das Saarländische Heilberufekammergesetz ein Klagerecht der Apothekerkammer gegen die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke vor.

bb. Auch eine Betroffenheit der Antragstellerin zu 1) in eigenen Rechten liegt nicht vor. Mangels ausdrücklicher Zuerkennung eines Klagerechts durch Gesetz könnte eine Antragsbefugnis der Apothekerkammer nur angenommen werden, wenn diese geltend machen kann, dass die Erlaubnis ihre Rechte verletzt. Dafür genügt es nicht, dass die Apothekerkammer ein wie auch immer begründetes ideelles oder wirtschaftliches Interesse an einer Überprüfung der Verwaltungsentscheidung hat. Maßgeblich ist, dass ihre Rechtsstellung berührt ist. Dies setzt voraus, dass die in Frage stehenden Rechtsnormen nicht nur den Belangen der Allgemeinheit dienen, sondern zumindest auch den Schutz Interessen der Antragstellerin zu 1) bezwecken (Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr.n. 83 ff. m.w.N.). Die Rechtsstellung der Apothekerkammer ergibt sich in erster Linie aus dem Saarländischen Heilberufekammergesetz. Gemäß § 2 Abs. 1 SHKG gehören der Kammer als Pflichtmitglieder alle zur Berufsausübung berechtigten Apotheker/Apothekerinnen an, die im Saarland ihren Beruf ausüben. Die Aufgaben der Kammern sind in § 4 Abs. 1 SHKG umschrieben:

§ 4 Aufgaben der Kammern:

(1) Den Kammern obliegen insbesondere folgende Aufgaben:

1. Die beruflichen Belange der Kammermitglieder unter Beachtung des Wohles der Allgemeinheit wahrzunehmen,

2. die Kammermitglieder zur Erfüllung ihrer Berufspflichten anzuhalten und deren Einhaltung zu überwachen, soweit nicht die Beamten die Zuständigkeit des Dienstvorgesetzten gegeben ist;

3. die berufliche Fortbildung der Kammermitglieder zu fördern sowie die Weiterbildung der Kammermitglieder zu regeln,

4. die Aus-, Fort- und Weiterbildung des bei den Kammermitgliedern beschäftigten Personals zu fördern sowie die ihnen nach dem Berufsbildungsgesetz obliegenden Aufgaben wahrzunehmen,

5. die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen und im Veterinärwesen zu fördern,

6. auf ein gedeihliches Verhältnis der Kammermitglieder zueinander und zu anderen Heil- und Hilfsberufen hinzuwirken,

7. die berufsbezogenen Streitigkeiten unter den Kammermitgliedern und bei die Berufsausübung betreffenden Streitigkeiten zwischen Kammermitgliedern und Dritten auch auf Antrag eines/einer Beteiligten zu vermitteln,

8. den öffentlichen Gesundheitsdienst und den öffentlichen Veterinärdienst bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen und bei der Gesundheitsberichterstattung des Landes mitzuwirken,

9. die zuständigen Behörden in Fragen der Gesetzgebung und der Verwaltung zu beraten und zu unterstützen,

10. im ärztlichen und zahnärztlichen Bereich den Notfalldienst an sprechstundenfreien Zeiten und sprechstundenfreien Tagen in Abstimmung mir der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland bzw. mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Saarland sicherzustellen; dabei ist auf eine wohnortnahe und vernetzte Versorgung zu achten,

11. im tierärztlichen Bereich den Notfalldienst an sprechstundenfreien Tagen sicherzustellen,

12. die Dienstbereitschaftsbezirke einzuteilen und bei der Regelung der Dienstbereitschaft auf eine wohnortnahe und vernetzte Versorgung zu achten,

13. die nicht richterlichen Mitglieder der Berufsgerichte und deren Stellvertreter vorzuschlagen.

Soweit in § 4 Abs. 1 Nr. 1 SHKG von der Wahrnehmung der beruflichen Belange der Apotheker unter Beachtung des Wohles der Allgemeinheit die Rede ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass es in erster Linie um die Wahrnehmung der beruflichen Belange der Apotheker geht und das Wohl der Allgemeinheit lediglich zu berücksichtigen ist. Der Apothekerkammer ist daher durch § 4 Abs. 1 Nr. 1 SHKG keine Befugnis zur Geltendmachung von Allgemeininteressen im Klagewege überantwortet.

Soweit die Antragstellerin zu 1) ferner gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 6 SHKG auf ein gedeihliches Verhältnis der Kammermitglieder zueinander und zu anderen Heil- und Heilhilfsberufen hinzuwirken hat, mögen zwar die Einflussmöglichkeiten der Antragstellerin zu 1) faktisch geringer sein, nachdem die Beigeladene nunmehr Inhaberin der Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke ist und somit nicht mehr wie bisher alle Erlaubnisinhaber auch der Kammer angehören. Eine Antragsbefugnis erwächst der Antragstellerin zu 1) hieraus allerdings nicht.

Auch aus § 4 Abs. 1 Nr. 9 SHKG lässt sich kein Klagerecht der Apothekerkammer ableiten. Danach obliegt der Kammer die Aufgabe, die zuständigen Behörden in Fragen der Gesetzgebung und der Verwaltung zu beraten und zu unterstützen. Aus dieser Aufgabenbeschreibung („zu beraten und zu unterstützen“) kann gerade nicht auf ein Klagerecht gegen Einzelentscheidungen der Verwaltung geschlossen werden.

Die Antragstellerin zu 1) selbst macht zur Begründung der ihrer Auffassung nach gegebenen Antragsbefugnis insbesondere geltend, ihre subjektiven Rechte könnten deshalb betroffen sein, weil durch die einer Kapitalgesellschaft erteilte Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheker eine juristische Person Inhaber der Erlaubnis werde, die nach Maßgabe der Bestimmungen des SHKG und der Satzung der Antragstellerin zu 1) nicht Pflichtmitglied in der Apothekerkammer sei und auch nicht werden könne. Damit stünden der Antragstellerin zu 1) nicht die Rechte zu, die ihr kraft Gesetzes und der Satzung gegenüber den anderen Inhabern der Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheker, die Pflichtmitglieder seien, zustünden. Ob allein aus der Frage der Pflichtmitgliedschaft in bestimmten Fällen überhaupt ein Klagerecht hergeleitet werden kann, erscheint überaus zweifelhaft, mag jedoch dahinstehen. Der Antragsgegner und die Beigeladene haben jedenfalls zu Recht darauf hingewiesen, dass gemäß § 2 Abs. 1 SHKG und § 4 Abs. 1 der Hauptsatzung der Apothekerkammer des Saarlandes Pflichtmitglieder alle zur Berufsausübung berechtigten Apothekerinnen und Apotheker sind, die im Saarland ihren Beruf ausüben. Die Pflichtmitgliedschaft knüpft damit gerade nicht an die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke, sondern vielmehr an die Ausübung des Apothekerberufs an. Nach der Erlaubnis-Urkunde vom 29. Juni 2006 obliegt die Verpflichtung zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung der verantwortlichen Apothekerin, Frau Jutta Inge Müller. Diese ist, da sie ihren Beruf im Saarland ausübt, Pflichtmitglied der Antragstellerin zu 1). Ihr gegenüber kann diese die ihr durch das SHKG eingeräumten Rechte und Befugnisse wahrnehmen. Die der Antragstellerin zu 1) zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben eingeräumten Rechte gegenüber den im Saarland tätigen Apothekerinnen und Apothekern werden somit durch die Erteilung der Erlaubnis an die an den Antragsgegner nicht berührt.

cc. Dem Antragsteller zu 5), dem Deutschen Apothekerverband, fehlt ebenfalls –aus vergleichbaren Erwägungen wie bei der Apothekerkammer -, die notwendige Antragsbefugnis. Bei dem Deutschen Apothekerverband handelt es sich um einen Verband zur Wahrung und Förderung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen der Apothekerschaft innerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland. Seine Tätigkeit beruht lediglich auf einer von ihm selbst gegebenen Satzung (Bl. 89 d.A.). Ein Antrags- bzw. Klagerecht des Deutschen Apothekerverbandes ist weder durch Gesetz vorgesehen noch ist ersichtlich, in welchen Rechten dieser durch die Erteilung der Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke an die Beigeladene betroffen sein könnte.

b. Demgegenüber ist eine Antragsbefugnis der Antragsteller zu 2) bis 4) zu bejahen. Diese können als Apothekerinnen bzw. Apotheker, die ihre berufliche Tätigkeit im selben Einzugsbereich wie die von der Beigeladenen betriebene Filialapotheke ausüben, geltend machen, durch die Erlaubnis in ihren Rechten verletzt zu sein. Zwar sind die einschlägigen Vorschriften des Apothekengesetzes nicht drittschützend (aa.). Die Antragsteller zu 2) bis 4) können sich jedoch auf eine mögliche Grundrechtsverletzung berufen (bb.).

aa. Rechtsgrundlage für die erteilte Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke ist § 1 Abs. 2 ApoG. Danach bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer eine Apotheke und bis zu drei Filialapotheken betreiben will. Gemäß § 7 Satz 1 ApoG verpflichtet die Erlaubnis zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung. Nach § 8 Satz 1 ApoG können mehrere Personen zusammen eine Apotheke nur in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft betreiben. Diese Vorschriften wären drittschützend, wenn sie nicht nur den Belangen der Allgemeinheit Rechnung tragen sollen, sondern zumindest auch den Schutz der Apotheker bezwecken und in ihrem Interesse erlassen worden ist. Die deutsche Rechtsordnung kennt allerdings angesichts der im Grundgesetz zugrunde gelegten freiheitlichen, marktwirtschaftlichen Ordnung grundsätzlich keinen generellen Schutz von Erwerbschancen eines Unternehmens. Insbesondere gewährt das Berufszulassungsrecht prinzipiell keinen Schutz vor der Zulassung von Konkurrenten (vgl. Wahl/Schütz in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, § 42 Abs. 2 Rdnr. 314). Für den Bereich des Apothekenrechts hat das Bundesverwaltungsgericht bereits mit Urteil vom 29. August 1957 – BVerwG I C 87/54 - (NJW 1958, 643) entschieden, dass einem Apotheker kein Klagerecht zusteht, wenn innerhalb seines bisherigen Einzugsgebietes noch einem anderen Apotheker eine Konzession erteilt wird. Die Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen durch die Neuerrichtung einer Apotheke enthält für sich genommen keine Rechtsverletzung. Auf dieser Linie liegen zahlreiche weitere Beispiele aus der Rechtsprechung. So schützt § 8 HandwO einen bereits tätigen Handwerksmeister nicht davor, dass einem Konkurrenten eine Ausnahmegenehmigung zur Eintragung in die Handwerksrolle ohne bestandene Meisterprüfung erteilt wird (BVerwG, Beschl. v. 20.07.1983 -5 B 237/81-, Buchholz 451.45, § 8 HWO Nr. 9). Auch enthält das Gaststättengesetz keine Regelung, die es einem am Ort ansässigen Gastwirt ermöglichen, neue Konkurrenten abzuwehren (OVG Koblenz, Urt. v. 15.07.1981 -2 A 10/81-, NJW 1982, 1301). Ebenso vermittelt Art. 1 § 1 RBerG einem Rechtsanwalt kein subjektives öffentliches Recht gegen die Zulassung eines Rechtsbeistandes (BVerwG, Beschl. v. 06.11.1988 -1 B 157/88-, Buchholz 335, RBerG Nr. 43). § 23 Abs. 1 Satz 1 Ladenschlussgesetz schützt nicht die Konkurrenten von Gewerbetreibenden, denen eine Ausnahmegenehmigung nach dieser Vorschrift erteilt wurde; vielmehr hat das Ladenschlussgesetz in erster Linie eine arbeitsschutzrechtliche Zielrichtung (BVerwG, Urt. v. 23. März 1982 -1 C 157.79-, BVerwGE 65, 167, 172; OVG Greifswald, Beschl. v. 25.11.1999 -2 M 99/99-, NVwZ-RR 2000, 549; a.A. VGH Mannheim, GewArch 1979, 391). Auch obliegt beispielsweise die Entscheidung darüber, ob eine Rezeptsammelstelle erforderlich ist oder nicht, der zuständigen Behörde allein im öffentlichen Interesse; dem Inhaber einer anderen Apotheke steht insoweit kein Abwehrrecht zu (VGH Mannheim, Urt. v. 19.12.1997 -9 S 1039/96- Juris). All diese Entscheidungen deuten darauf hin, dass auch die Vorschriften des Apothekengesetzes nicht dem Schutz der bereits zugelassenen Apotheker, sondern allein dem öffentlichen Interesse an einer Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung (§ 1 Abs. 1 ApoG) und dem wirksamen Schutz vor Gesundheitsgefahren zu dienen bestimmt sind. Eine Antragsbefugnis der Apotheker lässt sich daher mangels drittschützenden Charakters unmittelbar aus den Normen des Apothekengesetzes nicht herleiten.

bb. Eine Antragsbefugnis der Antragsteller zu 2) bis 4) ergibt sich jedoch aus den Vorschriften über den grundrechtlichen Konkurrentenschutz (Art.12 Abs. 1 und Art. 3 GG). Zwar gewährt das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Artikel 12 Abs. 1 GG den Wettbewerbern keinen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Insbesondere umfasst das Grundrecht keinen Anspruch auf Erhaltung eines bestimmten Geschäftsumfangs oder auf die Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten. Vielmehr unterliegen die Wettbewerbspositionen und damit auch der Umsatz und die Erträge dem Risiko laufender Veränderungen je nach den Marktverhältnissen (BVerfG, Urt. v. 17.12.2002 -1 BvL 28, 29, 30/95- BVerfGE 106, 275, 299; Beschl. v. 19. März 2002 -1 BvR 558, 1428/91-, BVerfGE 105, 252, 265). Deshalb kann sich allein aus der staatlichen Konzessionierung eines neuen Konkurrenten noch keine Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben. Darin liegt lediglich eine systemimmanente Verschärfung des marktwirtschaftlichen Konkurrenzdrucks (BVerwG, Urt. v. 18. April 1985 -3 C 34/84-, BVerwGE 71, 183, 193).

Vorliegend erscheint allerdings eine Grundrechtsbeeinträchtigung deshalb möglich, weil der Antragsgegner die §§ 2, 7, 8 ApoG aufgrund der seiner Ansicht nach vorrangig heranzuziehenden Niederlassungsfreiheit (Art. 43 ff. EGV) nicht angewendet und – erstmalig - die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke einer Kapitalgesellschaft erteilt hat. Darin liegt eine Begünstigung der Beigeladenen gegenüber den Antragstellern zu 2) bis 4), die gemäß § 8 ApoG eine Apotheke nur in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft betreiben können. Die Antragsteller machen in diesem Zusammenhang zu Recht geltend, sie seien im Unterschied zur Beigeladenen daran gehindert, die Vorteile des Ausschlusses einer persönlichen Haftung sowie des leichteren Zugangs zum Kapitalmarkt zu nutzen.

In seinem – zur Begründung der Antragsbefugnis von den Antragstellern angeführten - Beschluss vom 17.08.2004 -1 BVR 378/00- (NJW 2005, 273) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass eine Wettbewerbsveränderung durch Einzelakt (dort: die Ermächtigung an die Krankenhausärzte zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten), die erhebliche Konkurrenznachteile zur Folge hat, das Grundrecht der Berufsfreiheit beeinträchtigen kann, wenn sie im Zusammenhang mit staatlicher Planung und der Verteilung staatlicher Mittel steht. Eine solche Situation sei im System des Vertragsarztrechts, insbesondere wegen der Zulassungsbeschränkungen und Deckelungen der Gesamtvergütung, gegeben. Die Einbindung der Vertragsärzte in das System der gesetzlichen Krankenversicherung, das ihnen einen Vorrang gegenüber anderen Ärzten garantiert, korreliere mit dem Anspruch auf Rechtsschutz bei Vernachlässigung der gesetzgeberischen Entscheidung. Ob sich allein aus dieser Entscheidung maßgebliche Hinweise für eine Antragsbefugnis der Antragsteller ergeben, ist allerdings nicht unproblematisch. Gegen eine Übertragung auf den vorliegenden Fall spricht zum einen, dass dem gesetzlich angeordneten Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte im Lichte des Artikel 12 Abs. 1 GG drittschützende Wirkung „vor dem Hintergrund restriktiver Bedarfsplanung und limitierter Gesamtvergütungen“ zuerkannt wurde. Im vorliegenden Fall fehlt eine vergleichbare quantitative Beschränkung des Wettbewerbs für den Bereich des Apothekenmarkts. Auch steht eine durch die Erlaubniserteilung an die Beigeladene in Betracht zu ziehende Wettbewerbsveränderung nicht im Zusammenhang mit staatlicher Planung und der Verteilung staatlicher Mittel. Die Berufsausübung der Apotheker findet – anders als die der Vertragsärzte - nicht in einem staatlich regulierten Markt statt. Maßgeblich vor dem Hintergrund dieser Marktregulierung könnte der folgende, von den Antragstellern zu 2) bis 4) angeführte Satz in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.08.2004 zu verstehen sein:

„Kommt es durch hoheitliche Maßnahmen zu weiter gehenden, an diesen Belangen nicht ausgerichteten Eingriffen in die gesetzlich durchstrukturierten Marktbedingungen, die zu einer Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse führen können, können die im System eingebundenen Leistungserbringer in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt seien.“

Insgesamt erscheint daher fraglich, ob bereits aus der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.08.2004 eine Antragsbefugnis der Antragsteller zu 2) bis 4) hergeleitet werden kann.

Allerdings kann das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG auch dann beeinträchtigt sein, wenn der Staat das Verhalten der Unternehmer im Wettbewerb regelt. Dafür „genügt, dass durch staatliche Maßnahmen der Wettbewerb beeinflusst und die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit dadurch behindert wird (BVerfG, Beschluss vom 25.03.1992 – 1 BvR 298/96 - BVerfGE 86, 28, 37 m.w.N.; Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl. 2002, Art. 12, Rdnr. 15). Eine derartige Regelung des Wettbewerbs hat der Staat hier für den Bereich der Apotheken vorgenommen. Das Apothekengesetz enthält eine Vielzahl von Vorschriften, die den Zugang und die Teilnahme am Wettbewerb regulieren. Neben den im § 2 Abs. 1 ApoG genannten persönlichen Voraussetzungen (z.B. Approbation, Zuverlässigkeit, gesundheitliche Eignung), die ein Antragsteller zur Erlaubniserteilung erfüllen muss, macht das Apothekengesetz in den §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 4, Abs. 5 ApoG Einschränkungen hinsichtlich des Betriebs mehrerer Apotheken (maximal 3 Filialen, alle Apotheken müssen innerhalb desselben Kreises oder innerhalb derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten liegen). § 7 ApoG verpflichtet zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung. In § 8 ApoG ist die bereits erwähnte Rechtsformbeschränkung beim Betrieb einer Apotheke (Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder Offene Handelsgesellschaft) festgelegt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 18.04.1985 – 3 C 34/84 – (BVerwG 71, 183, 193) eine Grundrechtsbeeinträchtigung angenommen „bei Maßnahmen, mit denen der Staat zielgerichtet gewisse Rahmenbedingungen verändert, um zu Lasten bestimmter Unternehmen eine im öffentlichen Interesse gewünschten Erfolg herbeizuführen“. Dabei handele es sich anders als bei der Veränderung sozialer Bedingungen nicht um einen bloßen Reflex staatlicher Maßnahmen. Nicht viel anders liegt der Fall hier. In Anbetracht der Äußerungen des saarländischen Gesundheitsministers (vgl. Pressemeldung des Antragsgegners vom 03.07.2006; FAZ vom 10.08.2006 „Saarland will Apothekenmarkt aufbrechen“) erscheint es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass der Antragsgegner durch die Nichtanwendung der nationalen Vorschriften des Apothekenrechts zielgerichtet eine Veränderung der Marktbedingungen – durch eine Aufgabe des im deutschen Apothekenrecht geltenden Fremd- und Mehrbesitzverbots - erreichen will. Zwar erscheint fraglich, ob man zum gegenwärtigen Zeitpunkt angesichts der Erlaubnis zum Betrieb lediglich einer Filialapotheke durch die Beigeladene bereits davon sprechen kann, dass bereits ein Verdrängungswettbewerb zu Lasten der bereits ansässigen Apotheker eingesetzt hat. Im Hinblick auf die erstmalige Erteilung der Erlaubnis an eine Kapitalgesellschaft ist jedoch zumindest eine Veränderung der wettbewerblichen Rahmenbedingungen, wenn nicht gar eine Wettbewerbsverzerrung durch den Antragsgegner anzunehmen (vgl. BVerfGE 105, 252, 268, wo eine Grundrechtsbeeinträchtigung durch marktbezogene Informationen des Staates lediglich unter der Voraussetzung verneint wurde, dass „der Einfluss auf wettbewerbserhebliche Faktoren ohne Verzerrung der Marktverhältnisse nach Maßgabe der rechtlichen Vorgaben für staatliches Informationshandeln erfolgt“.). Aufgrund der weiter reichenden Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung und des Ausschlusses einer persönlichen Haftung bei Kapitalgesellschaften bestehen nunmehr unterschiedliche Voraussetzungen für die Teilnahme am Wettbewerb der Apotheker untereinander. Es liegt eine Begünstigung der Beigeladenen vor, welche die Chancengleichheit der übrigen Wettbewerbsteilnehmer beeinträchtigt. In der Literatur (Wahl/Schütz in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, § 42 Abs. 2 Rdnr. 320) ist für derartige Fälle zur Antragsbefugnis ausgeführt:

„Im Bereich sonstiger Konkurrentenbegünstigungen geht es um die gleiche Freiheit der Marktteilnehmer. Wird hier gegen eine Vorschrift verstoßen, welche die Bedingungen der Teilnahme am Wettbewerb regelt, so wird dem Konkurrenten ein Wettbewerbsvorsprung verschafft, auf den der Kläger seiner eigenen Bindung wegen nicht in gleicher Weise reagieren kann. Entsteht ihm hierdurch ein Nachteil, so muss er gegen die rechtswidrige Begünstigung vorgehen können.“

Ebenso ist der vorliegende Fall nach Ansicht der Kammer zu beurteilen. Aufgrund der Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke an die Beigeladene wird das bisher durch die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften gekennzeichnete System (Fremdbesitzverbot) verlassen. Dadurch werden die Wettbewerbschancen der übrigen Apothekerinnen und Apotheker zu ihrem Nachteil verändert. Diesen steht daher, soweit sie im selben Einzugsgebiet (hier: die Stadt B-Stadt) wie die Beigeladene als Apotheker tätig sind, ein Klagerecht aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 GG hiergegen zu. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Anforderung an die Antrags- bzw. Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO nicht überspannt werden dürfen (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, Großkommentar, 2. Auflage, § 42 Rdnr. 381 m.w.N.). Ziel dieser Norm ist es, Popularklagen auszuschließen. Eine Rechtsverletzung muss lediglich möglich sein. Eine Klagebefugnis besteht nur dann nicht, wenn „offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte entweder nicht bestehen oder nicht zustehen können“ (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 Rdnr. 65 f.). Die Kammer ist jedoch nicht der Ansicht, dass das Recht auf Chancengleichheit im beruflichen Wettbewerb aus § 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 GG der Betroffenen Apothekerin und Apotheker nach keiner denkbaren Betrachtungsweise beeinträchtigt sein kann.

So zeigen etwa der von der BILD-Zeitung vorgenommene Preisvergleich zwischen der Doc Morris Apotheke und einer anderen Apotheke in B-Stadt sowie die sich daraufhin bildenden Käuferschlangen vor der Doc Morris Apotheke recht deutlich, dass es zu einer Verlagerung von Käuferströmen kommen kann. Dies gilt unabhängig von dem Umstand, dass eine Preisbindung der Apotheken beim Verkauf von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln besteht.

Chancengleichheit bedeutet für die Wettbewerber, dass die vom Staat durch die Regelung des Apothekengesetzes gesetzten Bedingungen für alle Marktteilnehmer in gleicher Weise gelten. Eine Verletzung dieses Rechts erscheint durch die in der Nichtanwendung der deutschen Vorschriften liegende Begünstigung der Beigeladenen als Kapitalgesellschaft möglich. Eine Antragsbefugnis der ebenfalls in B-Stadt als Apotheker tätigen Antragsteller zu 2) – 4) ist daher zu bejahen.

2. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist, soweit er zulässig ist, auch begründet. Im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist eine Abwägung der beteiligten Vollzugs- und Aufschubinteressen unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmen. Lässt sich bereits bei summarischer Prüfung feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und die Betroffenen nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), so besteht regelmäßig kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung; auch ein überwiegendes Interesse des Begünstigten kann in einem solchen Fall nicht angenommen werden. Umgekehrt besteht kein schutzwürdiges privates Interesse der Betroffenen, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakts verschont zu bleiben (vgl. J. Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 12. August 2006, § 80 Rdnr. 73 f.). Selbst wenn nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine eindeutige Antwort im Sinne einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit auf die Frage nach der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts gegeben werden kann, so können die Erfolgsaussichten gleichwohl bei der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO berücksichtigt werden, etwa wenn erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der behördlichen Maßnahme bestehen (vgl. J. Schmidt a.a.O., Rdnr. 75).

a. Im vorliegenden Fall lässt sich die Frage nach dem Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit beantworten. Der Antragsgegner ist der Auffassung, das Mehr- und Fremdbesitzverbot des Deutschen Apothekenrechts stelle eine nicht erforderliche und damit unverhältnismäßige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit (Art. 43, 48 EGV) dar. In seinem Urteil in dem Verfahren Kommission/Griechenland (Rechtssache C-140/03, Slg. 2005, I-3177) habe der EuGH entschieden, dass den berechtigten Gesundheitsinteressen im Fall von Optikergeschäften durch die Pflicht, einen qualifizierten Optiker in jedem Geschäft anzustellen, Genüge getan werden könne. Diese Überlegungen seien auf Apotheken übertragbar. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des unmittelbar wirkenden Gemeinschaftsrechts seien die entgegenstehenden Vorschriften des nationalen Rechts jedenfalls bei einem (hier angeblich vorliegenden) evidenten Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit außer Acht zu lassen. Der Antragsgegner beruft sich zur Begründung seiner Auffassung vor allem auf ein in seinem Auftrag erstelltes Rechtsgutachten des Rechtswissenschaftlers Prof. Dr. Streinz. Aus diesem Gutachten ergibt sich allerdings auch, dass zahlreiche Stimmen in der Literatur von einer Gemeinschaftskonformität des Mehr- und Fremdbesitzverbots ausgehen (S. 31 – 35 des Gutachtens Streinz). Eine ausdrückliche Entscheidung des EuGH zur Vereinbarkeit der einschlägigen deutschen apothekenrechtlichen Vorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht gibt es bisher nicht. Zudem ist fraglich, ob die Entscheidung des EuGH betreffend den Fall der griechischen Optikergeschäfte so ohne weiteres auf die Situation, wie sie dem deutschen Apothekengesetz zugrunde liegt, übertragen werden kann. In der Rechtsgutachterlichen Stellungnahme von Prof. Dr. Schwarze, die von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) in Auftrag gegeben wurde, werden hinsichtlich einer solchen Übertragbarkeit nicht zu Unrecht erhebliche Bedenken geäußert (S. 10 ff. des Gutachtens Schwarze). So sind mit der Abgabe von Arzneimitteln erheblich höhere Risiken für die öffentliche Gesundheit verbunden als beim Betrieb eines Optikergeschäfts. Diese erhöhten Gesundheitsgefahren können unter Umständen weitergehende Schutzmaßnahmen rechtfertigen. Von daher bedürfte es näherer Überprüfung, ob die vom EuGH im Optikerfall angenommenen Vorkehrungen (Anwesenheit eines ausgebildeten Optikers im Geschäft, zivilrechtliche Haftung für das Verhalten des angestellten Optikers, Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung) auch im Bereich der Apotheken ausreichend wären. Zumindest der deutsche Gesetzgeber scheint bisher jedenfalls von der Notwendigkeit eines weiterreichenden Schutzes auszugehen. Während der Betrieb eines Optikergeschäfts als im Wesentlichen handwerklich geprägter Beruf in der deutschen Handwerksordnung (Anlage A Nr. 33) geregelt ist, ist das Apothekenwesen als Teil der Gesundheitsvorsorge in einem eigenen Gesetz (dem Apothekengesetz) geregelt worden. Auch handelt es sich bei dem Beruf des Apothekers im Unterschied zu dem des Optikers um einen Heilberuf, der eine akademische Ausbildung voraussetzt. All diese Unterschiede sprechen gegen eine unproblematische Übertragung der Optiker-Entscheidung des EuGH auf Apotheken.

Nach der Rechtsprechung des EuGH hindert die Niederlassungsfreiheit die Mitgliedsstaaten grundsätzlich nicht, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um Schaden von der Allgemeinheit abzuwenden. Nationale Maßnahmen, welche die Ausübung der im EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten behindern, sind zulässig, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Die Maßnahmen dürfen nicht in diskriminierender Weise angewandt werden, sie müssen zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen, des weiteren müssen sie zur Erreichung des verfolgten Zieles geeignet sein und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist. Im übrigen hat der EuGH ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Gesundheit und das Leben der Menschen den ersten Rang einnehmen und es Sache der Mitgliedsstaaten ist, in den durch den Vertrag gesetzten Grenzen zu bestimmen, auf welchem Niveau sie diesen Schutz gewährleisten wollen (EuGH, Urt. v. 11.12.2003, Rechtssache C – 322/01 Deutscher Apothekerverband/DocMorris; NJW 2004, 131, 135 Rdnr. 103). Allerdings ist eine nationale Regelung oder Praxis nur dann mit dem EG-Vertrag vereinbar, soweit sie für einen wirksamen Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen erforderlich ist, d.h. die Gesundheit oder das Leben nicht durch Maßnahmen genauso wirksam geschützt werden können, die die Niederlassungsfreiheit weniger beschränken (EuGH, a.a.O., Rdnr. 104). Ob der EuGH das in Deutschland seit dem Jahr 2003 gelockerte Mehrbesitzverbot und das durch die vorliegende Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke an eine Kapitalgesellschaft vor allem betroffene Fremdbesitzverbot des deutschen Apothekenrechts als eine aus Gründen des Gesundheitsschutzes erforderliche Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ansehen würde, erscheint aus der Sicht der Kammer – im Hinblick auf die erwähnten unterschiedlichen Gesundheitsrisiken beim Betrieb von Optikergeschäften und Apotheken - zum gegenwärtigen Zeitpunkt durchaus offen.

In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass der EuGH in seinem Urteil vom 31. Mai 2005 (Rechtssache C – 438/02; Slg. 2006, I-4551) eine der in jenem Verfahren gestellten Vorlagefragen, die sich ausdrücklich auf die Vereinbarkeit des in Schweden geltenden staatlichen Monopols für den Einzelhandelsverkauf von Arzneimitteln mit der Niederlassungsfreiheit bezog, lediglich deshalb nicht beantworten musste, weil die konkrete Ausgestaltung eine Diskriminierung von Arzneimitteln aus anderen Mitgliedsstaaten nicht ausschloss. Ob man dem entnehmen kann, der EuGH habe damit indirekt das – über das Deutsche Recht noch hinausreichende - Apothekenmonopol in Schweden gebilligt (so das Gutachten Schwarze, S. 24 f.), erscheint allerdings zweifelhaft. Jenes Verfahren zeigt aber die europarechtliche Problematik apothekenrechtlicher Bestimmungen und spricht eher gegen die in dem Gutachten von Streinz (S. 60 f.) vertretene Ansicht, nach der ein „evidenter“ oder „hinreichend manifester“ Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtliche Niederlassungsfreiheit vorliegen soll.

Eine offensichtliche Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der angegriffenen Erlaubnis zum Betrieb einer Filialapotheke durch die Beigeladene kann nach alledem aus der Sicht der Kammer nicht angenommen werden. Dies gilt um so mehr, als sich bei Annahme eines Verstoßes der Vorschriften des Deutschen Apothekengesetzes gegen Gemeinschaftsrecht die weitere, höchst umstrittene und bisher gerichtlich nicht geklärte Frage stellen würde, ob eine Verwerfungskompetenz der nationalen Behörden besteht, welche die Gefahr einer „anarchischen“ Verwerfungspraxis unter Missachtung der Entscheidungen des parlamentarischen Gesetzgebers in sich tragen würde (zur Verwerfungskompetenz von Behörden vgl. Kahl in Calliess/Ruffert, Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag, 2. Aufl. 2002, Art. 10 EGV Rdnr. 43 m.w.N.; Jarass/Beljin NVwZ 2004, 1, 4).

b. Lässt sich somit im Eilverfahren keine endgültige Aussage über die Rechtsmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts treffen, da die sich stellenden schwierigen europarechtlichen Rechtsfragen keiner eindeutigen Beantwortung in dem einen oder anderen Sinne zugänglich sind, so hat das Gericht unter Abwägung aller Umstände, insbesondere der Vollzugs- und der Suspensivfolgen zu prüfen, ob das Interesse des Begünstigten (hier: der Beigeladenen) an der Anordnung der sofortigen Vollziehung das Interesse der Drittbetroffenen (hier: der Antragsteller) an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage überwiegt. Bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung hat das Gericht allerdings nicht nur die Interessen der Antragsteller und der durch die Anordnung des Sofortvollzugs begünstigten Beigeladenen, sondern alle in der Sache sonst betroffenen öffentlichen und privaten Interessen zu berücksichtigen (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O. § 80 Rdnr. 153; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren, 4. Aufl. 1998, Rdnr. 869).

Dies zugrunde legend kann nach Ansicht der Kammer nicht von einem überwiegenden Interesse der Beigeladenen am Sofortvollzug ausgegangen werden. Soweit in dem Bescheid des Antragsgegners vom 07.08.2006, mit dem die sofortige Vollziehung angeordnet wurde, ausgeführt ist, die aufschiebende Wirkung hätte eine möglicherweise unumkehrbare Vernichtung des bereits eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs (Art. 14 Abs. 1 GG) zur Folge, ist zu berücksichtigen, dass die Schutzwürdigkeit der Beigeladenen insofern deutlich herabgemindert ist, als es einen solchen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor Erlass der hier gerade im Streit befindlichen Erlaubnis noch nicht gab. Die behaupteten Investitionskosten von 513.587,-- Euro werden durch die Größe und den wirtschaftlichen Geschäftsumfang der Beigeladenen, die nach ihren eigenen Angaben einen Jahresumsatz von 150 Millionen Euro erzielt hat (vgl. Manager-Magazin vom 02.07.2006), deutlich relativiert. Die getätigten Investitionen sind zudem bei einer Aussetzung der Vollziehung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht gänzlich verloren. Auch unter Berücksichtigung der geltend gemachten, im einzelnen nicht näher bezifferten laufenden Kosten durch Verbindlichkeiten gegenüber Vermietern, Angestellten und Banken erscheinen die in die Interessenabwägung einzustellenden wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen nicht derart gewichtig, dass sie eine Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs zwingend gebieten würden. Insoweit ist auch zu beachten, dass die Eingehung dieser Investitionskosten in Anbetracht der den Beteiligten bekannten Ungewissheit darüber, ob die Erlaubnis nicht nur erteilt, sondern im Rahmen der zu erwartenden gerichtlichen Verfahren auch als rechtmäßig bestätigt wird, eine (bewusste) unternehmerische Risikoentscheidung darstellt.

Zwar werden die beruflichen Betätigungsmöglichkeiten der Antragsteller zu 2) und 4) als solche durch die Erlaubnis zum Betrieb einer Filialapotheke durch die Beigeladenen nicht unmittelbar beeinträchtigt. Auch ist durchaus fraglich, ob man bei der Eröffnung von lediglich einer Filialapotheke in naher Entfernung bereits von einer drohenden Existenzvernichtung bzw. von einem Auszehrungs- oder Verdrängungswettbewerb sprechen kann, zumal an der fraglichen Stelle bereits zuvor ebenfalls eine Apotheke betrieben wurde. Andererseits ist die rechtliche Position der Antragsteller zu 2) und 4) insofern deutlich schutzwürdiger, als deren eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb bereits seit längerem besteht.

Nach alledem hat die Kammer erhebliche Zweifel, ob das Interesse der Beigeladenen am Sofortvollzug das Interesse der Antragsteller an der Aussetzung des Verfahrens überwiegt. Bei dieser Sachlage kommt dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der deutschen Rechtsvorschriften des Apothekengesetzes – im Hinblick auf die offene Frage, ob ein Verstoß gegen die europäische Niederlassungsfreiheit vorliegt - im Rahmen der Interessenabwägung ausschlaggebende Bedeutung zu. Dem deutschen Apothekenrecht liegt ausgehend von der Erkenntnis, dass Arzneimittel keine gewöhnlichen Waren, sondern die wichtigsten Hilfsmittel der ärztlichen Kunst zur Heilung und Vorbeugung von Krankheiten sind und zur Linderung von Schmerzen dienen, und dass dem Apotheker, dem vorrangig die geordnete Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zukommt, als besonderem, qualifizierten Beruf des Gesundheitswesen eine große Verantwortung im Rahmen der öffentlichen Aufgabe der Arzneimittelversorgung obliegt, das Leitbild des „Apothekers in seiner Apotheke“ zugrunde (vgl. BVerfG, Urt. v. 13. Febr. 1964 -1 BvL 17/61-, -1 BvR 494/60, 128/61- BVerwGE 17, 233; BVerwG, Urt. v. 11. März 1993 -3 C 90/90- Buchholz 418.20 Nr. 27). Die Erfüllung der für die Volksgesundheit wichtigen öffentlichen Aufgaben durch den Apotheker hält der Gesetzgeber am besten dann für gewährleistet, wenn die allseitige Verantwortung für den Betrieb der Apotheke in einer Hand liegt, d.h. wenn der Apotheker, der für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben einzustehen hat, auch Eigentümer der Apotheke ist (vgl. BVerfG, a.a.O.). Ausdruck dieses Leitbildes ist neben der in § 7 ApoG normierten Verpflichtung des selbständigen Apothekers zur persönlichen Leitung die Bestimmung des § 8 ApoG. Danach können mehrere Personen zusammen eine Apotheke nur in der Rechtsform einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft betreiben. Des weiteren sind Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge, unzulässig. Das nach diesen Bestimmungen bestehende Verbot des Fremdbesitzes schließt die Errichtung von Apotheken aus bloßen Gründen der Kapitalanlage bzw. Kapitalnutzung aus (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 14.02.1997 -13 B 2312/96- m.w.N., Juris). Nach der Konzeption des Apothekengesetzes soll eine Aufspaltung der Verantwortung des Apothekers in eine gesundheitliche und eine wirtschaftliche Leitung gerade vermieden werden (vgl. OVG Bautzen, Urteil v. 08.06.2004 -2 B 468/03-, Juris: OVG Münster, Beschl. v. 07.04.1995, NJW 1996, 2443). Ziel ist es zu verhindern, dass Personen, die für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung keine Verantwortung tragen, Einfluss auf die Führung von Apotheken eingeräumt wird, und auf diese Weise sicher zu stellen, dass die im öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Volksgesundheit liegende Arzneimittelversorgung sachgerecht wahrgenommen wird (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 24.09.1993 -9 S 1742/93- DVBl. 1994, 485 m.w.N.). Demzufolge haben vertragliche Gestaltungen, bei denen der beherrschende Einfluss über den Apothekenbetrieb bei einer apothekenrechtlich nicht verantwortlichen Person liegt oder die unzulässige Einwirkungsmöglichkeiten auf andere Apothekenbetriebe und eine Beteiligung an deren wirtschaftlichen Erfolg eröffnen, in der Vergangenheit zum Widerruf einer Apothekenbetriebserlaubnis wegen persönlicher Unzuverlässigkeit geführt (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 14.02.1997. a.a.O.; OVG Bautzen, Urt. v. 08.06.2004, a.a.O.).

An dieser Konzeption der Einheit von gesundheitlicher Verantwortung und wirtschaftlichem Eigentum hat der Gesetzgeber auch in seinem Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 19.11.2003 (BGBl. 2003 I, 2190) festgehalten. Damals hat der Gesetzgeber zwar das Mehrbesitzverbot in begrenztem Umfang gelockert (Zulassung von bis zu drei Filialapotheken), zugleich aber das Fremdbesitzverbot, das im vorliegenden Fall im Mitteilpunkt steht, ausdrücklich aufrechterhalten. In den Gesetzesmaterialien ist hinsichtlich der Beibehaltung des Fremdbesitzverbots ausgeführt, dass mit Fremdbesitz von öffentlichen Apotheken in einem Gesundheitssystem wie dem deutschen keine verlässlichen Erfahrungen vorliegen, die im Hinblick auf den Verbraucherschutz, die Arzneimittelsicherheit und die Versorgungssicherheit notwendig sind. Der Betreiber soll in jedem Fall weiter persönlich den Vorschriften unterliegen, die das Apothekenrecht für Apothekenleiter vorsieht (vgl. BT-Drucks. 15/1525 S. 160, Zu Artikel 20 – Änderung des Gesetzes über das Apothekenwesen - Zu Nummer 3).

An der Einhaltung dieser gesetzgeberischen Grundentscheidung durch die Behörden besteht jedenfalls solange ein erhebliches öffentliches Interesse - im Interesse der Volksgesundheit -, bis die Vereinbarkeit oder Nichtvereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften mit der Europäischen Niederlassungsfreiheit im Hauptsacheverfahren geklärt ist. Bei der Gesundheit der Bevölkerung und der sachgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln handelt es sich um hohe Rechtsgüter, mit denen nicht vorschnell oder gar leichtfertig umgegangen werden darf. Eine Abkehr von der bisherigen, in den Vorschriften des Apothekengesetzes zum Fremdbesitzverbot zum Ausdruck kommenden Vorstellung des Gesetzgebers, wonach die gesundheitliche Verantwortung und das wirtschaftliche Eigentum nicht auseinander fallen dürfen und damit eine Einflussnahme von außen vermieden werden soll, bedarf einer sorgfältigen Prüfung durch den Gesetzgeber. Nach der bisherigen Konzeption des Gesetzgebers ist dem Apotheker, dem zugleich das Eigentum an der Apotheke zusteht, die für die Volksgesundheit wichtige Arzneimittelversorgung als öffentliche Aufgabe übertragen worden (vgl. BVerfG, Urteil vom 13. Februar 1964, a.a.O.). Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung dieser gesetzgeberischen Grundentscheidung kommt erhebliches Gewicht zu. Die Kammer hält es nicht für ausgeschlossen, dass bei einer Erlaubniserteilung an Kapitalgesellschaften sachfremde Einflussmöglichkeiten (z.B. durch die finanzielle Beteiligung von Arzneimittelherstellern) die Arzneimittelversorgung bestimmen und damit finanzielle Interessen in Widerstreit zu einer sachgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln treten. So hat beispielsweise auch die Beigeladene gegenüber der Presse ihre Absicht erklärt, ihr Unternehmen zu einem Gesundheitskonzern auszubauen (vgl. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 13.08.2006). Vom Gewicht her vergleichbare öffentliche Interessen, die für eine sofortige Vollziehung sprechen, lassen sich dem gegenüber nicht finden. Die von dem Antragsgegner gegenüber der Presse ins Feld geführte Senkung der Arzneimittelausgaben durch mehr Wettbewerb ist keineswegs unbestritten. In dem Parallelverfahren 3 F 39/06 sind umfangreiche Gutachten vorgelegt worden, die das Gegenteil belegen sollen. Eine abschließende Bewertung, ob eine „Freigabe des Apothekenmarktes“ tatsächlich zu einer erheblichen Kostensenkung führen würde, kann im (summarischen) einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht erfolgen. Bei dem in der öffentlichen Diskussion genannten weiteren Argument, es würden durch die Ansiedlung der Beigeladenen neue Arbeitsplätze im Saarland entstehen, handelt es sich um bloße mittelbare Interessen, die im übrigen dem Interesse an der Erlaubniserteilung als solches gelten, nicht aber ein öffentliches Interesse am Sofortvollzug begründen.

Nach alledem besteht – bis zu einer Klärung der offenen Frage der Gemeinschaftskonformität - ein erhebliches öffentliches Interesse an der Einhaltung und Durchsetzung der nationalen Rechtsvorschriften des Apothekengesetzes. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis zum Betrieb einer Filialapotheke ist daher wieder herzustellen.

IV. Der weitere Hilfsantrag, den Antragsgegner zu 2) zu verpflichten, die Apotheke der Beigeladenen zu schließen, ist gemäß § 80 a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft. Nach diesen Vorschriften kann das Gericht, wenn ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den einen anderen begünstigenden Verwaltungsakt einlegt, die Behörde verpflichten, einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten zu treffen. Zwar ergibt sich bereits aus der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, dass aus der angefochtenen Erlaubnis keine Folgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art gezogen werden dürfen. Die aufschiebende Wirkung bewirkt, dass nicht nur behördliche Vollziehungshandlungen, sondern auch die Ausnutzung der Erlaubnis durch den Begünstigten unzulässig sind (zum Meinungsstreit vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rdnr. 22 f.; J. Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 80 Rdnr. 6). Gleichwohl hält die Kammer es in Anbetracht der Sachlage für angebracht, zur Klarstellung und zur Sicherstellung des Suspensiveffekts die Schließung der von der Beigeladenen betriebenen Apotheke durch den Antragsgegner bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren anzuordnen.

V. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO, 162 Abs. 3 VwGO.


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten und den sonst von der Entschei¬dung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes zu.
Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht des Saarlandes, Kaiser-Wilhelm-Straße 15, 66740 Saarlouis, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entschei¬dung einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde inner¬halb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.
Die Beschwerde muss durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Prozessbevollmächtigten eingelegt werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskör¬perschaften auch durch Beamte und Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
In Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen ist die Beschwerde nicht ge¬geben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro nicht übersteigt.

gez. von Funck Graus Kiefer

Ausgefertigt:


Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle