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BVerfG nimmt Verfassungsbeschwerden von zwei Apothekern gegen Null-Retaxierung durch die Krankenkasse nicht zur Entscheidung an

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Verfassungsbeschwerden zweier Apotheker gegen Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) nicht zur Entscheidung angenommen, da nach Auffassung des BVerfG Null-Retaxierungen der Krankenkassen nicht gegen die Grundrechte der Apotheker, insbesondere die Berufsfreiheit, verstoßen, wenn ein nicht rabattbegünstigtes Arzneimittel ohne Angabe von Gründen abgegeben wurde, obwohl ein Rabattvertrag besteht.

Nach der Auffassung des BVerfG sollen die Verfassungsbeschwerden schon insoweit keine Aussicht auf Erfolg haben, als die Beschwerdeführer lediglich ihre eigene Auslegung dem Normverständnis des Bundessozialgerichts gegenübergestellt hätten, ohne hinreichend substanziiert aufzuzeigen, dass sich die Auslegung in den angegriffenen Entscheidungen nicht mehr im Rahmen anerkannter Methoden der Rechtsfindung bewegt.


BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 3571/13 -
- 1 BvR 3572/13 -

In den Verfahren
über die Verfassungsbeschwerden

1. des Herrn I…

- Bevollmächtigte:

gegen das Urteil des Bundessozialgerichts vom 2. Juli 2013 - B 1 KR 49/12 R -

- 1 BvR 3571/13 -,

2. des Herrn K…

- Bevollmächtigte:

gegen a) das Urteil des Bundessozialgerichts vom 2. Juli 2013 - B 1 KR 5/13 R -,
b) das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 24. August 2012 - S 3 KR 301/09 -

- 1 BvR 3572/13 -

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch

gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 7. Mai 2014 einstimmig beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.


Gründe:

I.

Die beschwerdeführenden Apotheker wenden sich mit ihren Verfassungsbeschwerden gegen den vollständigen Ausschluss ihrer Vergütungsansprüche (sog. „Retaxation auf Null“) gegen die gesetzlichen Krankenkassen in Fällen der Abgabe von Arzneimitteln unter Außerachtlassung von Rabattverträgen.

1. a) § 129 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung regelt die Verpflichtung von Apotheken zur Abgabe preisgünstiger Arzneimittel in den Fällen, in denen der verordnende Arzt ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet oder die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat (Nr. 1, „aut-idem-Regelung“), zur Abgabe preisgünstiger importierter Arzneimittel (Nr. 2), zur Abgabe von wirtschaftlichen Einzelmengen (Nr. 3) und zur Angabe des Apothekenabgabepreises auf der Arzneimittelpackung (Nr. 4).

Bei der Abgabe eines wirkstoffgleichen Arzneimittels ist nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V die Ersetzung grundsätzlich durch ein Arzneimittel vorzunehmen, für das eine Rabattvereinbarung nach § 130a Abs. 8 SGB V mit Wirkung für die Krankenkasse besteht. Solche Rabattvereinbarungen können die Krankenkassen oder ihre Verbände mit pharmazeutischen Unternehmern für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel treffen (§ 130a Abs. 8 SGB V Satz 1).

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB V gelten für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände unter anderem zu Apotheken und deren Verbänden die §§ 63 und 64 SGB V und die Bestimmungen des 4. Kapitels des SGB V (§§ 69 bis 140h SGB V). Im Übrigen gelten für diese Rechtsbeziehungen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem 4. Kapitel des SGB V vereinbar sind (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V).

b) Das „Nähere“ zur Verpflichtung der Apotheken bei der Abgabe verordneter Arzneimittel regelt auf der Grundlage des § 129 Abs. 2 SGB V ein Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband e.V. in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. März 2007 (im Folgenden: RV). Dort finden sich unter anderem Bestimmungen über das Zustandekommen des Zahlungs- und Lieferanspruchs zwischen Krankenkasse und Apotheke.

Die Bestimmung des § 3 RV lautet:

§ 3
Zahlungs- und Lieferanspruch


(1) Ein Vertrag zwischen Krankenkasse und Apotheke kommt für vertragsgegenständliche Produkte durch die Annahme einer ordnungsgemäßen gültigen vertragsärztlichen Verordnung zustande. Ist ein Preis nicht durch gesetzliche oder vertragliche Regelungen bestimmt, so bedarf es einer Einigung zwischen Apotheke und Krankenkasse über den Preis. Vertragsärztliche Verordnungen dürfen ab Ausstellung längstens einen Monat zu Lasten der Krankenkasse beliefert werden, sofern eine entsprechende Regelung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V getroffen ist. Das Nähere kann in den ergänzenden Verträgen geregelt werden.

(2) Ist eine Voraussetzung nach Absatz 1 nicht erfüllt, so besteht kein vertraglicher Zahlungsanspruch gegenüber der Krankenkasse.


§ 4 RV regelt die Substitutionspflicht gemäß § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Dieser lautet auszugsweise:

§ 4
Auswahl preisgünstiger Arzneimittel


(1) Hat der Vertragsarzt ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet oder die Ersetzung eines unter seinem Produktnamen verordneten Fertigarzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen, hat die Apotheke ein Fertigarzneimittel nach den Vorgaben der Absätze 2 bis 4 abzugeben und zu berechnen.

(2) Hat der Arzt ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet, so stehen die drei preisgünstigsten Arzneimittel zur Auswahl, die der Verordnung entsprechen. Abweichend von Satz 1 ist die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorzunehmen, für das eine Vereinbarung nach § 130a Absatz 8 SGB V (Rabattvertrag) besteht und für das die Voraussetzungen nach Absatz 4 gegeben sind, soweit in den ergänzenden Verträgen nach § 129 Absatz 5 SGB V nichts anderes vereinbart ist.

(3) …

(4) Die Apotheke hat ein wirkstoffgleiches Fertigarzneimittel abzugeben, für das ein Rabattvertrag nach § 130a Absatz 8 SGB V („rabattbegünstigtes Arzneimittel“) besteht, wenn

a) bis d) …

(5) …


§ 11 RV sieht Sanktionsregelungen im Sinne des § 129 Abs. 4 SGB V vor. Die Vorschrift lautet:

§ 11
Vertragsmaßnahmen


(1) Bei Verstößen gegen § 129 Absatz 1 SGB V, gegen die Auskunftspflicht nach § 293 Absatz 5 Satz 4 SGB V, gegen diesen Vertrag oder gegen die ergänzenden Verträge nach § 129 Absatz 5 SGB V können die zuständigen Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen nach Anhörung des Betroffenen, bei Mitgliedsapotheken im Benehmen mit dem zuständigen Mitgliedsverband des Deutschen Apothekerverbandes, folgende Vertragsmaßnahmen aussprechen:

1. Verwarnung

2. Vertragsstrafe bis zu 25.000,00 €

3. bei gröblichen und wiederholten Verstößen Ausschluss des Apothekenleiters/der Apothekenleiterin von der Versorgung der Versicherten bis zur Dauer von zwei Jahren.

(2) Die Vertragsmaßnahmen nach Absatz 1 Ziffer 1 und 2 können auch nebeneinander verhängt werden.
12


Ergänzende Vereinbarungen und Bestimmungen finden sich unter § 13 RV:

§ 13
Ergänzende Bestimmungen


(1) Ergänzend können Vereinbarungen nach § 2 Absatz 4 des Rahmenvertrages getroffen werden.

(2) Im Übrigen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend, soweit sie mit § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem Vierten Kapitel des SGB V vereinbar sind (§ 69 Satz 3 SGB V).


Die Schlussbestimmungen des Rahmenvertrages lauten auszugsweise wie folgt:

§ 14
Schlussbestimmungen


(1) …

(2) Übergangsweise finden für den Abgabezeitraum vom 1. April 2007 bis zum 31. Mai 2007 keine Vertragsmaßnahmen und keine Retaxationen statt, die auf die Nichtbeachtung des § 4 Absatz 4 des Rahmenvertrages gestützt werden, soweit es sich nicht um grobe und systematische Verstöße handelt, die einvernehmlich von den in § 2 Absatz 4 genannten, zuständigen Verbänden festgestellt werden.

(3) bis (5) …


c) Gemäß § 129 Abs. 5 Satz 1 SGB V können die Krankenkassen oder ihre Verbände mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Für die Versorgung eines Versicherten der im Ausgangsverfahren beklagten Krankenkasse (im Folgenden: Beklagte) war ein solcher ergänzender Vertrag auf Landesebene in Form des Arzneilieferungsvertrages Ersatzkassen (im Folgenden: ALV-EK) in der ab 1. Juli 2005 geltenden Fassung geschlossen.

2. Im Oktober 2007 gaben die Beschwerdeführer an Versicherte der Beklagten jeweils ein in der ärztlichen Verordnung mit der Maßgabe „aut idem“ bezeichnetes Arzneimittel ab. Die Beklagte hatte für das jeweilige Arzneimittel mit dessen Hersteller keinen Rabattvertrag nach § 130a Abs. 8 SGB V geschlossen, hingegen für andere, mit dem abgegebenen Arzneimittel nach Wirkstoff, Wirkstärke, Darreichungsform, Packungsgröße und Indikationsbereich austauschbare Arzneimittel. Die Beklagte vergütete den Beschwerdeführern unter Abzug des Apothekerrabatts zunächst den jeweils abgerechneten Betrag, machte dann aber jeweils einen Erstattungsanspruch in voller Höhe geltend und rechnete den vergüteten Betrag gegen einen anderen Vergütungsanspruch der Beschwerdeführer auf.

Im Ausgangsverfahren zum Verfahren 1 BvR 3571/13 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte zur Zahlung des zunächst vergüteten Betrags in Höhe von 17,49 €. Die Klage des Beschwerdeführers im Verfahren 1 BvR 3572/13 auf Zahlung von 47,08 € wurde hingegen schon in erster Instanz abgewiesen. Das Bundessozialgericht gab der (Sprung-)Revision der beklagten Krankenkasse im zuerst genannten Verfahren statt und wies die Klage ab. Im zweiten Verfassungsbeschwerdeverfahren wies das Bundessozialgericht die Revision der nunmehrigen Beschwerdeführer mit im Wesentlichen gleicher Begründung zurück.

Der entstandene streitgegenständliche Vergütungsanspruch des jeweiligen Beschwerdeführers sei durch wirksame Aufrechnung der beklagten Krankenkasse mit einem eigenen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in gleicher Höhe erloschen. Mit dem abgegebenen Arzneimittel habe die Apotheke ihre öffentlich-rechtliche Leistungspflicht nicht erfüllt, sondern das Substitutionsgebot für das jeweils „aut idem“ verordnete Rabattarzneimittel missachtet. Der Verstoß gegen das Substitutionsgebot schließe jegliche Vergütung für die Abgabe des Arzneimittels aus. Dies folge schon aus den allgemeinen Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs für Apotheker. Eine Vergütungspflicht würde dem Gesetzeszweck des Substitutionsgebots widersprechen. Mit der Annahme einer Vergütungspflicht wäre außer Acht gelassen, dass eine Arzneimittelabgabe unter Verstoß gegen das Substitutionsgebot keinen Anspruch des Versicherten erfülle. Es bestehe auch kein Anspruch auf Wertersatz oder zumindest auf Erstattung der Kosten der Warenbeschaffung. Wegen der Grenzen eines Vergütungsanspruchs sei auch die Anwendung der Regelungen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen ausgeschlossen. Sowohl der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch als solcher als auch seine Geltendmachung im Aufrechnungswege stünden in Einklang mit höherrangigem Recht. Die in § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 4 Abs. 2 Satz 2 RV liegende Berufsausübungsregelung für Apotheker sei durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt. Die damit verbundene Belastung sei für Apotheker spürbar, aber gering. Diese Berufsausübungsregelung diene in geeigneter Weise und nach vertretbarer Einschätzung des Gesetzgebers in erforderlichem Umfang der Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung. Das Substitutionsgebot sei auch verhältnismäßig. Die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung sei ein Gemeinwohlbelang sogar von überragender Bedeutung. Es begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass das Gesetz die strikte Einhaltung des Substitutionsgebots einfordere und bei insoweit fehlerhafter Abgabe einen Vergütungsanspruch vollständig ausschließe.

3. Mit ihren Verfassungsbeschwerden rügen die Beschwerdeführer jeweils eine Verletzung von Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie von Art. 103 Abs. 2 GG.

a) Für den Eingriff in die Berufsfreiheit durch Versagung jeglichen Vergütungsanspruchs in Anwendung des Rechtsinstituts der pauschalen „Retaxation auf Null“ fehle es an der notwendigen gesetzlichen Grundlage. Die vom Bundessozialgericht angenommene vergütungsrechtliche Rechtsfolge ergebe sich nicht aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte oder aus Sinn und Zweck des Substitutionsgebots gemäß § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Vielmehr sprächen systematische Erwägungen gegen den Ausschluss jeglicher Vergütung als Rechtsfolge. Das Bundessozialgericht habe unter anderem durch Überschreitung der methodischen Gesetzesauslegung und Willkürlichkeit die Grenzen der richterlichen Rechtsanwendung und Rechtsauslegung überschritten. Die vollständige Abweisung der Zahlungsklage entspreche schließlich nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Wirkung der pauschalen „Retaxation auf Null“, die aufgrund ihrer für Apotheken existenzgefährdenden Wirkung als berufswahlnahe Regelung einzustufen sei, gehe weit über die Verfolgung legitimer Gemeinwohlzwecke hinaus, weil sie in vielen Fällen zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Krankenkassen auf Kosten der Apotheken führe. Die pauschale „Retaxation auf Null“ sei schließlich weder geeignet noch erforderlich, um die Steuerungsfunktion der Abgabebestimmungen zu gewährleisten. Insbesondere sei nicht ersichtlich, weshalb das vom Gesetzgeber vorgesehene Sanktionsprogramm gemäß § 129 Abs. 4 SGB V in Verbindung mit § 11 RV nicht ausreichend sein sollte. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur pauschalen „Retaxation auf Null“ sei schließlich auch unverhältnismäßig im engeren Sinne, weil ihre Folgen für den betroffenen Apotheker unzumutbar seien.

b) Darüber hinaus rügen die Beschwerdeführer einen Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG. Unter anderem seien in den angegriffenen Entscheidungen die gesetzlichen Verweisungen auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs willkürlich nicht berücksichtigt worden. Zudem liege eine Verletzung des Gleichbehandlungsverbots vor, weil mit der von den Gerichten angewandten „Retaxation auf Null“ zahlreiche ungerechtfertigte Gleichbehandlungen verbunden seien.

c) Schließlich seien die Beschwerdeführer durch die angegriffenen Entscheidungen in ihren Grundrechten aus Art. 14 GG, auf schuldangemessene Strafe gemäß Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG sowie in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf gesetzliche Bestimmung der Strafbarkeit aus Art. 103 Abs. 2 GG verletzt.


II.


Die Verfassungsbeschwerden sind nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Verfassungsbeschwerden erfüllen nicht die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG. Ihnen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu und ihre Annahme ist nicht zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführer angezeigt. Die Verfassungsbeschwerden haben keine Aussicht auf Erfolg, weil für eine Verletzung der gerügten Grundrechte nichts ersichtlich ist.

1. Auf der Grundlage des Vorbringens der Verfassungsbeschwerden ist nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführer durch die angegriffenen Entscheidungen in ihrer Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt sein könnten.

Das Vorbringen der Beschwerdeführer lässt zwar einen Eingriff in ihre Berufsfreiheit erkennen, weil die aus § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Satz 2 RV folgende Verpflichtung der Apotheker zur Einhaltung des Substitutionsgebots und erst recht der durch die angegriffenen Entscheidungen bestätigte vollständige Vergütungsausschluss die freie Berufsausübung beschränken. Es gibt jedoch weder nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer noch sonst hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Eingriff verfassungsrechtlich zu beanstanden ist, weil mit den angegriffenen Entscheidungen dem Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nicht Rechnung getragen (dazu <a>) oder den inhaltlichen Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG nicht entsprochen wäre (dazu <b>).

a) Mit den Darlegungen der Verfassungsbeschwerden ist zunächst nicht aufgezeigt, dass die formalen Anforderungen in Bezug auf den berufsbezogenen Gesetzesvorbehalt nicht erfüllt sind.

Das Fehlen einer ausdrücklichen normativen Regelung bedeutet nicht notwendig, dass eine die Berufsfreiheit einschränkende Gerichtsentscheidung den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG widersprechen müsste (vgl. BVerfGE 37, 67 <77>; 54, 224 <234 f.>; 80, 269 <279>; 82, 209 <224 f.>). Aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG angeordneten Vorrang des Gesetzes folgt kein Verbot für den Richter, gegebenenfalls vorhandene gesetzliche Lücken im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung zu schließen (vgl. BVerfGE 108, 150 <160>). Das Bundesverfassungsgericht beschränkt seine Kontrolle insoweit darauf, ob das Fachgericht bei der Rechtsfindung die gesetzgeberische Grundentscheidung respektiert und von den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in vertretbarer Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BVerfGE 82, 6 <13>; 96, 375 <394 f.>; 111, 54 <81 f.>; 122, 248 <258>).

Auf dieser Grundlage begegnen die angegriffenen Entscheidungen im Hinblick auf die Beachtung des Gesetzesvorbehalts keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Die vom Bundessozialgericht vorgenommene Auslegung des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Satz 2 RV und § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V bewegt sich vielmehr im Rahmen herkömmlicher Rechtsfindung. Den angegriffenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts lässt sich zumindest nachvollziehbar entnehmen, dass die Vergütungsansprüche der Apotheken durch § 129 SGB V in Verbindung mit den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 Satz 1 SGB V geregelt werden, und auf dieser Rechtsgrundlage hier die Beschwerdeführer keinen Vergütungsanspruch erworben haben.

Dieser Auslegung stehen weder der Wortlaut des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V noch die Entstehungsgeschichte der Norm oder systematische Erwägungen entgegen. Es ist Aufgabe und Befugnis der Fachgerichte, die Zweifelsfragen, die sich - wie hier - mangels einer ausdrücklichen Regelung bei der Gesetzesanwendung stellen, mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden zu beantworten (vgl. BVerfGE 79, 106 <120>). Zu diesen anerkannten Methoden zählen auch die teleologische und die systematische Auslegung, die das Bundessozialgericht vorliegend angewandt hat (vgl. BVerfGE 48, 246 <256 ff.>). Auch der Entstehungsgeschichte des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V lässt sich kein Hinweis entnehmen, der gegen das gewonnene Auslegungsergebnis spricht. Aus den Darlegungen der Verfassungsbeschwerden folgt nichts anderes. Die Beschwerdeführer stellen lediglich ihre eigene Auslegung dem Normverständnis des Bundessozialgerichts gegenüber, ohne hinreichend substantiiert aufzuzeigen, dass sich die Auslegung in den angegriffenen Entscheidungen nicht mehr im Rahmen anerkannter Methoden der Rechtsfindung bewegt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb die Regelung von Sanktionen, die im Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 4 SGB V zu erfolgen hat und hier mit den Vertragsmaßnahmen nach § 11 RV auch getroffen wurde, unter systematischen Gesichtspunkten gegen die vom Bundessozialgericht angenommene Rechtsfolge sprechen sollte, zumal auch im einschlägigen Rahmenvertrag das Nebeneinander von Vertragsmaßnahmen und Retaxationen vorausgesetzt wird (vgl. § 14 Abs. 2 RV).

Ebenso wenig lässt sich aus den Darlegungen der Beschwerdeführer entnehmen, dass sich der in den angegriffenen Entscheidungen angenommene Ausschluss der Regelungen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen nicht mehr im Rahmen herkömmlicher Rechtsfindung bewegen könnte. Dass die Beschwerdeführer aufgrund historischer und teleologischer Erwägungen zu einem anderen Auslegungsergebnis gelangen, bewegt sich auf einfach-rechtlicher Ebene und genügt für sich genommen noch nicht, um die gerügte Verfassungswidrigkeit zu begründen.

b) Zudem sind mit den Verfassungsbeschwerden keine Umstände dargetan oder sonst ersichtlich, nach denen die angegriffenen Entscheidungen den inhaltlichen Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG nicht standhalten könnten.

Die Gerichte sind zwar, wenn sie Einschränkungen der grundsätzlich freien Berufsausübung für geboten erachten, an dieselben Maßstäbe gebunden, die nach Art. 12 Abs. 1 GG auch den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers einschränken (vgl. BVerfGE 54, 224 <235>; 97, 12 <27>; 108, 150 <160>), die in dem hier gerichtlich bestätigten Vergütungsausschluss liegende Berufsausübungsregelung ist jedoch durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt.

aa) Soweit die Beschwerdeführer die Auffassung vertreten, die pauschale „Retaxation auf Null“ sei als berufswahlnahe Regelung einzustufen, lässt sich auf der Grundlage ihres Vortrags schon nicht die besondere Intensität der wirtschaftlichen Beeinträchtigung erkennen, die insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erforderlich ist (vgl. BVerfGE 13, 181 <187>; 16, 147 <165>; 30, 292 <314>). Dessen ungeachtet dient die Bindung der Apotheker an das Substitutionsgebot - auch nach Ansicht der Beschwerdeführer - der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung und damit der Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung. Dieses Ziel kann als überragend wichtiger Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfGE 68, 193 <218>; 114, 196 <248>) ausreichend sein, um selbst einen Eingriff mit berufswahlregelnder Wirkung zu rechtfertigen.

bb) Zudem gibt es keine Hinweise darauf, dass das Bundessozialgericht bei seinen Entscheidungen durch den vollständigen Vergütungsausschluss unverhältnismäßig in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit der Beschwerdeführer eingegriffen hätte.

(1) Auch auf der Grundlage der Ausführungen der Beschwerdeführer ist nicht erkennbar, dass die vom Bundessozialgericht gewählte Auslegung nicht geeignet ist, um dem genannten Gemeinwohlbelang zu dienen. Ebenso wenig überzeugt die Auffassung der Beschwerdeführer, wonach die pauschale „Retaxation auf Null“ nicht erforderlich sei, weil es mildere und insbesondere differenziertere Mittel gebe, um den Abgabevorschriften Wirksamkeit zu verleihen.

Insbesondere legen die Beschwerdeführer nicht plausibel dar, dass die nach § 129 Abs. 4 SGB V in Verbindung mit § 11 RV vorgesehene Möglichkeit einer Vertragsmaßnahme ein gleich wirksames, aber die Berufsfreiheit weniger fühlbar einschränkendes Mittel (vgl. BVerfGE 30, 292 <316>; 75, 246 <269>; 80, 1 <30>; 117, 163 <189>) ist, um die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung zu erreichen. Entscheidend ist, dass die Vertragsmaßnahmen nicht bereits im konkreten Fall auf die Verletzung des Substitutionsgebots reagieren können.

Ein auf die „Sowiesokosten“ im Falle der Abgabe eines Rabattvertragsarzneimittels beschränkter Vergütungs- beziehungsweise Bereicherungsanspruch stellt zwar ein milderes Mittel als der vollständige Vergütungsausschluss dar, ist aber nicht in gleicher Weise geeignet. Es liegt im Gegenteil auf der Hand, dass der Ausschluss jeglicher Vergütung wegen der weitergehenden Nachteile für die Apotheken stärkere Wirkungen für die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots zeigt.

(2) Schließlich ergibt sich auf der Grundlage des Vorbringens der Beschwerdeführer keine Unzumutbarkeit des vollständigen Vergütungsausschlusses bei einem Verstoß gegen das Substitutionsgebot. Das Ausmaß einer wirtschaftlichen Betroffenheit durch den Vergütungsausschluss im Falle eines Verstoßes gegen das Substitutionsgebot haben die Beschwerdeführer weder in Hinblick auf ihre eigenen Betriebe noch in genereller Hinsicht hinreichend konkret dargelegt. Gegen eine Annahme der Unzumutbarkeit spricht zudem entscheidend, dass es die Beschwerdeführer selbst in der Hand haben, ihre Vergütungsansprüche durch ein pflichtgemäßes, dem Substitutionsgebot entsprechendes Ausgabeverhalten zu verdienen und für sich zu sichern. Auch unter Berücksichtigung des beispielhaft geschilderten Fehlers bei Abgabe eines rabattierten Importarzneimittels ist nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführer durch beachtliche Gründe, wie überhöhte Sorgfaltsanforderungen oder Notlagen, allgemein oder auch nur in konkreten Situationen gehindert sein könnten, ihren Verpflichtungen bei angemessener Pflichtanstrengung zu genügen.

2. Auch der gerügte Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Bedeutung als Willkürverbot ist nicht ersichtlich.

Willkürlich ist ein Richterspruch nur dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet wird. Von einer willkürlichen Missdeutung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13>; 96, 189 <203>).

Aus den vorstehenden Gründen zur Einhaltung der Vorgaben in Bezug auf den Gesetzesvorbehalt (vgl. oben II. 1. a) ergibt sich zugleich, dass die vom Bundessozialgericht vertretene Rechtsauffassung nicht willkürlich in diesem Sinne ist. Auch die in diesem Zusammenhang von den Beschwerdeführern angeführten Argumente lassen diesen Schluss nicht zu. Ebenso wenig lassen die angegriffenen Entscheidungen eine willkürliche Nichtberücksichtigung der gesetzlichen Verweisungen auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzesbuchs erkennen. Die Beschwerdeführer haben zudem die behauptete „wechselhaft-willkürliche Bejahung und Verneinung eines abschließenden Charakters der kollektivvertraglichen Sanktionsregelungen“ nicht nachvollziehbar belegt. Ungeachtet seiner fraglichen verfassungsrechtlichen Relevanz kann auch dem Hinweis der Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, wonach das Bundessozialgericht die Trennung von Vergütungs- und Sanktionsvorschriften im Falle der Krankenkasse bejahe, sie dann aber vermeintlich willkürlich zulasten der Apotheken aufhebe.

3. Soweit die Beschwerdeführer darüber hinaus nur pauschal eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 Abs. 1 GG) durch die „Retaxation auf Null“ in Bezug auf verschiedene Vergleichsgruppen wie Vertragsärzte, Leistungserbringer außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung sowie die gesetzlichen Krankenkassen rügen, fehlt es an der erforderlichen Auseinandersetzung mit nahe liegenden Gründen für eine Differenzierung (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Februar 2008 - 1 BvR 1778/05 -, juris; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Dezember 2009 - 2 BvR 1957/08 -, juris).

4. Auch der gerügte Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG ist nicht dargelegt.

Die Beschwerdeführer setzen sich weder damit auseinander, dass die Frage der Entstehung einer dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG unterfallenden Rechtsposition durch eine gesetzliche Regelung eine einfachrechtliche Frage ist (vgl. 45, 142 <179 f.>; BVerfGK 16, 207 <228>), noch haben sie, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, hinreichend substantiiert aufgezeigt, dass die zu einem vollständigen Ausschluss der Vergütung führende Auslegung verfassungsrechtlich zu beanstanden ist.

5. Die Ausführungen in den Verfassungsbeschwerden lassen schließlich auch keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG erkennen.

Es fehlt schon an einem Eingriff in den Schutzbereich des Art. 103 Abs. 2 GG durch die Rechtsprechung zur pauschalen „Retaxation auf Null“, weil es insoweit nicht genügt, dass eine Maßnahme an ein rechtswidriges Verhalten anknüpft (vgl. BVerfGE 105, 135 <153>; 109, 133 <167>; 117, 71 <110>).

6. Nach alledem ist auch eine Verletzung der Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht auf schuldangemessene Strafe gemäß Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG nicht ersichtlich.

7. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.