Nachdem die Europäische Kommission das zentral zugelassene Präparat „EllaOne®“ – eine sog. „Pille danach“ – aus der Rezeptpflicht entlassen hat (sog. RX-2-OTC-Switch), herrscht unter Apothekern große Verunsicherung, ab welchem Zeitpunkt, in welcher Umverpackung und unter welchen (Beratungs)voraussetzungen das Präparat ohne Rezept abgegeben werden darf. Ein Überblick. Das Bundesgesundheitsministerium hat bereits angekündigt, die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV), nach welcher der Wirkstoff Ulipristal, den „EllaOne®“ enthält, unter die Verschreibungspflicht fällt, zu ändern und einen entsprechenden Änderungsentwurf vorgelegt, der zügig umgesetzt werden soll.
Schon am 06.03.2015 könnten die Änderungen Thema im Bundesrat sein. Der Änderungsentwurf sieht – unabhängig von der Entscheidung der Kommission zu „EllaOne® - vor, ab Inkrafttreten der AMVV in ihrer neuen Fassung auch Notfallkontrazeptiva aus der Verschreibungspflicht zu entlassen, die den Wirkstoff Levonorgestrel enthalten sowie ab 08.01.2016 auch sämtliche „Pillen danach“, die den Wirkstoff Ulipristal enthalten. In Bezug auf Ulipristal-haltige Präparate gilt die Freigabe bis dahin nur für „EllaOne®“. Da es sich bei „EllaOne®“ um ein zentral, also in allen Mitgliedsstaaten der EU zugelassenes Arzneimittel handelt, gilt die Entscheidung der Kommission ab sofort auch in Deutschland, sodass das Präparat nach hiesiger Auffassung insoweit auch ab sofort rezeptfrei abgegeben werden könnte.
Vorsichtshalber empfehlen wir allerdings mit der rezeptfreien Abgabe von „EllaOne®“ noch zu warten, bis die AMMV entsprechend geändert worden ist. Für Levonorgestrelhaltige Präparate gilt die Rezeptfreiheit ohnehin erst ab Inkrafttreten der AMVV in ihrer neuen Fassung. Ein Abwarten ist vor allem aber auch deswegen angezeigt, weil unabhängig von der Frage, ab welchem Zeitpunkt die Rezeptfreiheit von „EllaOne®, denn nun besteht, es in jedem Fall auch der Anpassung der Umverpackung und der Packungsbeilage an die Rezeptfreiheit bedarf.
Der Hersteller von „EllaOne®“, HRA Pharma, hat bereits angekündigt hieran zu arbeiten und will offenbar im Laufe des Februar 2015 entsprechende Anpassungen vornehmen. Unklar ist zum jetzigen Zeitpunkt zudem, welchen ggf. erhöhten Beratungsbedarf (und Protokollierungspflichten!) Apotheker zukünftig im Rahmen der rezeptfreien Abgabe von Notfallkontrazeptiva trifft. Vorgaben zur Beratung finden sich in dem Änderungsentwurf zur AMVV nicht. Einen ersten Hinweis könnte insoweit die seitens des Berufsverbandes der Frauenärzte (BVF) zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin (DGGEF) (für Bereitschaftsärzte) herausgegebene Checkliste zur Verordnung von Notfallkontrazeptiva geben (http://www.bvf.de/pdf/richtlinien/DIAG_Albring_Checkliste_31_07_2013.pdf). Hier bedarf noch Einiges der Klärung; von der Frage, ob die Abgabe an Frauen unter 20 Jahren trotz OTC-Status nur mit ärztlicher Verschreibung möglich sein soll, dem Problem, dass bei übergewichtigen Frauen die „Pille danach“ möglicherweise weniger wirksam ist, bis hin zu der Forderung, dass die Betroffenen das Präparat gleich noch in der Apotheke einnehmen sollen. Einige Stimmen befürworten gar eine Orientierung an der Handhabung in der Schweiz, wo der Apotheker eine Beratungsgebühr erheben kann.
Die Frage des künftigen Umfangs der Beratungspflichten bei der rezeptfreien Abgabe von Notfallkontrazeptiva ist in Ansehung der offensichtlichen Haftungsrisiken, die sich möglicherweise bis hin zu den Unterhaltskosten für ein ungewolltes Kind trotz „Pille danach“ erstrecken, sowohl für Präsenz-, als auch Versandapotheker von erheblicher Bedeutung.
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