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Sonstige Rechtsgebiete


LG Hamburg: Hausratversicherung muss bei Rolex-Armbanduhren den aktuellen Marktpreis erstatten

Das Landgericht Hamburg hat mit dem von uns erstrittenen Urteil vom 12.02.2021 (Az. 306 O 330/19) entschieden, dass die beklagte Hausratversicherung dem von uns vertretenen Kläger für die ihm entwendete Rolex-Armbanduhr den aktuellen Marktpreis des aktuellen (Nachfolge)modells seiner Uhr zum Schadenszeitpunkt (hier: 16.400,- €) anstatt nur den aktuelle Listenpreis für dieses Modell (8.400,- EUR) ersetzen muss.

Der zu Grunde liegende Versicherungsvertrag legte den Versicherungswert als Neuwert der Sache und weiter fest, dass dies der Betrag sei, „der aufzuwenden ist, um Sachen gleicher Art und Güte im neuwertigen Zustand wiederzubeschaffen“

Im Ergebnis ging es um die Frage, ob sich der geschädigte Versicherungsnehmer damit begnügen muss, dass seine Hausratversicherung ihm lediglich den aktuellen Listenpreis erstattet, wenn der aktuelle Marktwert der Uhr darüber liegt und die Uhr (hier: wegen hoher Nachfrage oder künstlicher Verknappung) auf unabsehbare Zeit nicht bei einem offiziellen Rolex- Konzessionär erhältlich ist.

Das Landgericht Hamburg hat erfreulicherweise entschieden, dass dem Kläger unter Zugrundelegung seiner individuellen Möglichkeiten (kein Stammkunde o.ä.) nicht zuzumuten ist, dass er eine in der Regel mehrjährige Wartezeit in Kauf nehmen muss, bis er die Uhr eventuell (!) bei einem Rolex- Konzessionär zum Listenpreis erwerben kann.

Das Landgericht Hamburg führe in diesem Zusammenhang aus: „….Nach Maßgabe der aufgezeigten Grundsätze ist es dem Kläger jedenfalls nicht zuzumuten, den Ersatz der versicherten Sache durch Neuanschaffung im Interesse des Versicherers auf eine möglichst geringe Entschädigungsleistung ‚mehrere Jahre‘ hintanzustellen…“

Das Urteil ist rechtskräftig.
 



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Am 19.11.2022 haben bislang unbekannte Täter bei einem Einbruchsdiebstahl im Tresorraum der vallog GmbH, Fasanenstraße 77, 10623 Berlin, https://www.hauptstadt-tresor.de Uhren im Wert von mutmaßlich rund 10 Millionen Uhren erbeutet. Darunter sollen sich allein 1.000 Uhren des Uhrenhändlers „Watchmaster“ befinden. Gestohlen wurden hochwertigeUhren bekannter Schweizer Uhrenmanufakturen wie Rolex, Patek Philippe und Audemars Piguet.

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Aus den Gründen des Urteils des Landgerichts Hamburg:

Urteil
IM NAMEN DES VOLKES


In der Sache

- Kläger-

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Diekmann, Feldbrunnenstraße 57, 20148 Hamburg, Gz.: 1022/19

gegen

- Beklagte -

erkennt das Landgericht Hamburg - Zivilkammer 6 - durch den Richter am Landgericht Dr. Sommer als Einzelrichter am 12.02.2021 auf Grund des Sachstands vom 15.01.2021 für Recht:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten seit 08.04.2019 bis 03.07.2019 sowie in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.07.2019 zu zahlen.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 150,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.07.2019 zu zahlen.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Rechtsschutzversicherung des Klägers […] vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 950,51 EUR nebst Zinsen seit 04.07.2019 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand

Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer bei dem Beklagten gehaltenen Hausratversicherung zur Versicherungsscheinnummer […] (Anklage K1) nach einem versicherten Einbruchdiebstahl vom 08.04.2019 in der vom Kläger und der Versicherungsnehmerin gemeinsam genutzten Wohnung in der […] in Hamburg.

Im Zuge des Einbruchdiebstahls entwendeten unbekannt gebliebene Täter eine dem Kläger gehörende Armbanduhr der Marke Rolex, Modell: GMT Master mit der Referenz 16700, rot-blaue Lünette mit Verkaufsdatum vom 30.06.1995.

Der Hausratversicherung, in der der Hausrat des Klägers am versicherten Ort mitversichert ist, liegen die einbezogenen Versicherungsbedingungen Hausrat (VHB 2018) nach dem Tarif „XXX“ zugrunde.

§ 17 VHB 2018 bestimmt, dass der Versicherer bei abhandengekommenen Sachen den Versicherungswert nach § 15 Ziffer 1 zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles ersetzt. § 15 Ziffer I Nummer 1 VHB 2018 legt den Versicherungswert auf den Neuwert der Sache und weiter fest, dass dies der Betrag ist, ,,der aufzuwenden ist, um Sachen gleicher Art und Güte im neuwertigen Zustand wiederzubeschaffen". Gemäß § 20 Ziffer II Nummer 1 und 2 VHB 2018 ist die Entschädigung ab dem Tag der Schadenmeldung mit mindestens 4 Prozent pro Jahr zu verzinsen.

Die Armbanduhr mit der Referenz 16700 wurde im Zeitraum von 1988 bis 1999 hergestellt, die Referenz mit der Nummer 16710 in der Zeit zwischen 1989 und 2007. Ab 2018 wurde die Referenz 126710 BLRO des Modells „GMT Master II" mit rot-blauer Keramik-Lünette zu einem Listenpreis von 8.400 EUR produziert (im Folgenden auch: „Keramik-Pepsi“).

Mit E-Mail vom 08.04.2019 - am Schadentag - erstattete die Versicherungsnehmerin dem Beklagten Meldung über den Einbruchdiebstahl (Anlage K10).

Mit Schreiben vom 04.06.2019 bot der Beklagte dem Kläger eine Entschädigungsvereinbarung für das „Nachfolgemodell der Firma Rolex“ gemäß Listenpreis in Höhe von 8.400 EUR an (Anlage K2). Mit Schreiben vom 25.06.2019 führte der Beklagte zur Begründung weiter an, dass eine Zahlung über die vom Kläger mit Frist bis zum 03.07.2019 begehrten 16.340,00 EUR als Mindestbetrag (Anlage K3) für dieses Nachfolgemodell auch vor dem Hintergrund nicht in Betracht komme, dass dieses Modell derzeit nicht lieferbar und daher nur auf dem Sekundärmarkt zu beziehen sei, da der über den Listenpreis hinausgehende Verkaufspreis lediglich einen nicht versicherten „Affektionswert“ darstelle (Anlage K4).

Mit seiner dem Beklagten am 21.10.2019 zugestellten Klage begehrt der Kläger in der Hauptsache Versicherungsleistungen sowie Ersatz des von ihm in der Rechtsschutzversicherung vereinbarten Selbstbehaltes in Höhe von 150,00 EUR nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger behauptet, der tatsächliche Marktwert der Referenz 126710 BLRO des Modells „GMT Master II“ belaufe sich auf mindestens 16.340 EUR Er ist der Ansicht, dass dieser behauptete Marktwert infolge der Nichtverfügbarkeit des Nachfolgemodells zum Listenpreis der Entschädigungsberechnung zugrunde zu legen sei. Er ist weiter der Ansicht, dass unter Zugrundelegung der vom gerichtlich bestellten Sachverständigen […] ermittelten Preisspanne von 16.400,00 EUR - 17.500,00 EUR als der Betrag, der auf dem Sekundärmarkt für den Erwerb aufzuwenden ist, er einen Anspruch auf das arithmetische Mittel in Höhe von 16.950 EUR habe.

Nach Zahlung in Höhe von 8.400 EUR durch den Beklagten am 29.11.2019 haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für teilweise erledigt erklärt.

Der Kläger beantragt zuletzt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen restlichen Betrag in Höhe von 8.550,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten vom 08.04.2019 bis zum 03.07.2019 sowie in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 04.07.2019 zu zahlen;

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 150,00 EUR nebst Zinsen seit 04.07.2019 zu zahlen; (sic!)

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Rechtsschutzversicherung des Klägers […] außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 950,51 EUR nebst Zinsen seit 04.07.2019 zu zahlen;

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat Beweis über die Höhe des Neuwertes der entwendeten Armbanduhr des Klägers durch Einholung eines schriftlichen Wertgutachtens erhoben. Auf die gutachterliche Stellungnahme des gerichtlich bestellten Sachverständigen […] vom 02.07.2020 sowie auf dessen Ergänzungsgutachten vom 27.11.2020 wird ebenso wie auf die Hinweise des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2020 sowie im Beweisbeschluss vom 07.05.2020 Bezug genommen und verwiesen.

Mit Zustimmung der Parteien wurde die Durchführung des schriftlichen Verfahrens angeordnet. Dabei ist als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, der 15.01.2021 bestimmt worden.


Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage hat- soweit über sie nach übereinstimmender teilweiser Erledigung noch zu entscheiden war- auch in der Sache weit überwiegend Erfolg.

1.

Der Kläger hat nach den streitgegenständlichen VHB 2018 einen Anspruch auf restliche Versicherungsleistungen betreffend den Neuwert nach§ 15 Ziffer 1 Nummer 1 VHB 2018 in Höhe von 8.000 EUR. Der vom Kläger darzulegende und - wie hier im Bestreitensfall - zu beweisende Wert, der aufzuwenden ist, um eine mit der entwendeten Armbanduhr nach Art und Güte gleichwertige Uhr im neuwertigen Zustand wiederzubeschaffen, beträgt 16.400 EUR.

a)

Im Rahmen des Anspruchs des Versicherten einer Hausratversicherung auf Neuwertentschädigung kommt es auf die Kosten der Wiederbeschaffung einer Sache gleicher Art und Güte zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles an. Hierbei ist nicht auf die historischen Anschaffungskosten, sondern, wie das Gericht bereits in seinen Hinweisen vom 27.02.2020 sowie vom 07.05.2020 dargelegt hat, auf die am Schadentag geltenden Preise aus der Perspektive des Versicherten und damit auf seine Bezugsmöglichkeiten abzustellen.

Allgemeingültige Maßstäbe betreffend die Frage, in welcher zeitlichen Hinsicht die Wiederbeschaffung hiernach für den Versicherten (noch) zumutbar ist, bestehen nicht. Der Tatrichter ist daher gehalten, in eine Gesamtbetrachtung einzutreten und zu beurteilen, ob dem Versicherten im Einzelfall ein gegebenenfalls längeres Zuwarten als Ausfluss seiner Schadensminderungsobliegenheit angesonnen werden kann.

b)

Der Sachverständige […] hat in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 02.07.2020- soweit hier von Interesse - sinngemäß ausgeführt, dass nach der unverbindlichen Preisempfehlung des Uhrenherstellers die „Keramik-Pepsi“, soweit sie vorrätig gehalten werde, für einen Preis von 8.400 EUR bei einem Konzessionär zu beziehen sei und je nach Anbieter auf dem Sekundärmarkt zwischen 16.400 EUR bis 17.500 EUR hätten bezahlt werden müssen. Er hat weiter ausgeführt, dass Konzessionäre, darunter solche, die in Hamburg ansässig seien, Wartelisten führten, sofern und soweit die Uhren der Marke Rolex bei ihnen nicht vorrätig seien.

In seinem Ergänzungsgutachten vom 27.11.2020 hat er weiter ausgeführt, dass die Keramik-Pepsi auf dem Hamburger Markt bei einem lizenzierten Händler / Verkäufer weder am 08.04.2019 noch aktuell erhältlich sei und Interessenten voraussichtlich „mehrere Jahre" warten müssten, um dieses Modell dort käuflich zu erwerben.

Nach Maßgabe der aufgezeigten Grundsätze ist es dem Kläger jedenfalls nicht zuzumuten, den Ersatz der versicherten Sache durch Neuanschaffung im Interesse des Versicherers auf eine möglichst geringe Entschädigungsleistung „mehrere Jahre“ hintanzustellen.

Gründe, derentwegen der Kläger die „Keramik-Pepsi“ nicht zu dem niedrigsten der von dem Sachverständigen […] ermittelten und von den Parteien nicht angegriffenen Angebote auf dem Sekundärmarkt beziehen kann, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

2.

Der Kläger hat weiter Anspruch auf vertragliche (Anzeige-) Zinsen gemäß § 20 Ziffer II Nummer 1 und 2 VHB 2018 in Höhe von 4 Prozent ab dem 08.04.2019 sowie ab dem 04.07.2019 unter dem Gesichtspunkt des Verzuges nach §§ 286 Absatz 1 und 2, 288 BGB.

3.

Der Anspruch des Klägers auf Erstattung des Selbstbehaltes sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen folgt ebenfalls aus Zahlungsverzug.

Soweit der Kläger in seinem Klageantrag zu 2) aus dem Schriftsatz vom 25.10.2019 lediglich „Zinsen seit 04.07.2019“ beansprucht, war der Klageantrag in entsprechender Anwendung von §§ 133, 157 BGB wie zuerkannt auszulegen. Insoweit war zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits mit seinem angekündigten Klageantrag zu 1) in der Klageschrift vom 18.09.2019 den auf die Selbstbeteiligung entfallenden Betrag mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz angegeben hat.

II.

Die Kosten (-misch-) entscheidung ergeht auf Grund von §§ 92 Absatz 2 Nummer 1, 91a Absatz 1 ZPO.

Die Kosten des Rechtsstreits waren im Hinblick auf den für erledigt erklärten Klageanspruch nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes dem Beklagten nach § 91a ZPO aufzuerlegen. Zwar hat der Beklagte dem Kläger vorgerichtlich bereits den später für erledigt erklärten Teil angeboten. Mit der Entschädigungsvereinbarung wären jedoch auch weitergehende Ansprüche des Klägers abgegolten gewesen, so dass der Kläger hierauf nicht eingehen musste.

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht - ohne Berücksichtigung des Rechtsgedankens aus §§ 91a Absatz 2 Satz 1, 794 Absatz 1 Nummer 3 ZPO (näher Wagner, JA 2019, 217)- auf §§ 709 Satz 1 und 2 ZPO