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Vorschlag einer Verordnung über die Bewertung von Gesundheitstechnologien - Health Technology Assessments (HTA)

Um die Bewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessments, auch als HTA abgekürzt) künftig auf europäischer Ebene regulieren zu können, hat die Kommission bereits im Jahr 2018 einen Vorschlag für eineVerordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung von Gesundheitstechnologien und zur Änderung der Richtlinie 2011/24/EU angenommen. Zur Umsetzung der Verordnung bedarf es jedoch noch einer Verständigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat.

Bei der Bewertung von Gesundheitstechnologien handelt es sich um eine Methodik zur Bewertung medizinischer Verfahren und Technologien, wobei sowohl auf klinische, also wissenschaftliche, als auch auf nichtklinische Aspekte wie wirtschaftliche, ethische, organisatorische, soziale und rechtliche Faktoren abgestellt wird. Dabei umfassen Gesundheitstechnologien gem. Art. 3 lit. l der Richtlinie 2011/24/EU i.V.m. Art. 2 lit. c des Verordnungsentwurfs „Arzneimittel, Medizinprodukte, medizinische und chirurgische Verfahren sowie Maßnahmen zur Prävention von Krankheiten oder in der Gesundheitsversorgung angewandte Diagnose- und Behandlungsverfahren“. Zum jetzigen Zeitpunkt fällt die Bewertung von Gesundheitstechnologien in den mitgliedsstaatlichen Kompetenzbereich. Insofern kommt es auf der Grundlage von Art. 15 der Richtlinie 2011/24/EU zwar zu temporären und freiwilligen Kooperationen zwischen einigen Mitgliedsstaaten. Eine dauerhafte Zusammenarbeit gibt es jedoch nicht. Zudem sind die Staaten selbst im Falle einer Kooperation nicht an die gemeinsamen Forschungsergebnisse gebunden, so dass im Zweifel doppelte Erhebungen mit einem entsprechenden Mehraufwand für die nationalen HTA-Stellen durchgeführt werden. Was einerseits jedoch die mitgliedsstaatliche Souveränität erhält, führt auf der anderen Seite zu einer Fragmentierung des Unionsrechts, welche sich insbesondere in landesspezifischen und damit erschwerten Marktzugangs- und Nachweiserfordernissen äußert. Um dem in Zukunft entgegenzuwirken, möchte die Europäische Union künftig eine ständige (projektbasierte) Zusammenarbeit erwirken, wobei auf gemeinsame Instrumente, Verfahren, frühzeitige Dialoge und Bewertungen zurückgegriffen werden soll. Umgesetzt werden soll dies durch den vorstehenden Gesetzesentwurf der Kommission. Hierzu sind ein „Unterstützungsrahmen sowie Verfahren für die Zusammenarbeit bei der Bewertung von Gesundheitstechnologien auf Unionsebene“ und „gemeinsame Vorschriften für die klinische Bewertung von Gesundheitstechnologien“ bezweckt, Art. 1 Abs. 1 des Verordnungsentwurfs.

Zum jetzigen Zeitpunkt sieht Art. 4 des Verordnungsentwurfs - auch unter Berücksichtigung der mehr als 190 Abänderungsvorschläge des Europäischen Parlaments - die Errichtung einer Koordinierungsgruppe vor, welcher Vertreter der Mitgliedsstaaten und der Kommission angehören. Diese soll dann für alle EU-Länder verbindliche Beschlüsse hinsichtlich einzelner Gesundheitstechnologien fassen. Die erforderliche Vorarbeit wird dabei weiterhin durch die nationalen HTA-Stellen durchgeführt, jedoch von der Koordinierungsgruppe organisiert. Gegenstand der gemeinsamen Bewertung sollen gem. Art. 5 des Verordnungsentwurfs zentral zugelassene Arzneimittel, einige innovative Arzneimittel, Medizinprodukte der Klassen IIb und III, In-Vitro Diagnostika sowie Gesundheitstechnologien i.S.d. Richtlinie 2011/24/EU sein. Die Ergebnisse der Bewertung sollen auf nationaler Ebene dann insbesondere als Entscheidungshilfe bei der Zuteilung von Haushaltsmitteln im Gesundheitsbereich dienen und verbindlich sein, Art. 8 Abs. 1 des Verordnungsentwurfs. Eine zusätzliche Bewertung durch die Mitgliedsstaaten wäre dann nur noch hinsichtlich solcher klinischen und nichtklinischen Kriterien möglich, die auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene keine Beachtung gefunden haben, Art. 8 Abs. 1a des Verordnungsentwurfs.

Von zentraler Bedeutung ist in diesem Kontext auch die Frage nach der Reichweite der gemeinschaftsrechtlichen Kompetenztitel. Während die Kommission den Verordnungsentwurf noch auf Art. 114 AEUV, also auf die Vereinheitlichung des Binnenmarktes, gestützt hat, beruft sich das Europäische Parlament auf Art. 168 AEUV. Für beide Ermächtigungsnormen gilt jedoch die Schranke des Art. 168 Abs. 7 AEUV, derzufolge den Mitgliedstaaten die Verantwortung für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitiken sowie für die Organisation des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung obliegt. Unmittelbar nach Veröffentlichung des Verordnungsentwurf haben der Deutsche Bundestag und der Deutsche Bundesrat daher eine Subsidiaritätsrüge erlassen. Dabei wird nicht nur die Gefahr einer Abwertung deutscher Standards im Gesundheitswesen gesehen – vielmehr wird die Bewertung von Gesundheitstechnologien als nationale Zuständigkeit eingestuft und die Kompetenz der Union damit direkt angezweifelt. Neben der BRD haben auch andere Länder wie beispielsweise Frankreich Bedenken an dem Verordnungsentwurf kundgetan. Diese können keinesfalls mit einem bloßen Austausch der Kompetenznorm ausgeräumt werden. Insofern bleibt abzuwarten, welche inhaltlichen Zugeständnisse das Europäische Parlament und der Rat den Mitgliedsstaaten möglicherweise noch machen oder ob die Verordnung eines Tages wohlmöglich sogar dem EuGH vorleget wird. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben der Europäische Rat beziehungsweise seine vorbereitenden Dienststellen den Verordnungsentwurf (und die Abänderungen des Europäischen Parlaments) zwar bereits dreifach erörtert. Wann genau das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen wird, ist jedoch noch nicht ersichtlich.

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Die entsprechenden (Gesetzes-) Materialien finden sich unter folgenden Links:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung von Gesundheitstechnologien und zur Änderung der Richtlinie 2011/24/EU, COM(2018) 51 final:
https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/technology_assessment/docs/com2018_51final_de.pdf (zuletzt abgerufen am 30.11.2020)

Arbeitsunterlage der Kommissionsdienstellenzusammenfassung der Folgenabschätzung, Begleitunterlage zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung von Gesundheitstechnologien und zur Änderung der Richtlinie 2011/24/EU, SWD(2018) 42 final:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52018SC0042&from=DE (zuletzt abgerufen am30.11.2020)

Angenommene Texte des Europäischen Parlaments:
https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-8-2019-0120_DE.pdf (zuletzt abgerufen am 30.11.2020)

Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung von Gesundheitstechnologien und zur Änderung der Richtlinie 2011/24/EU (Health Technology Assessment – HTA), BT-Drs. 19/1296 (Antrag auf Subsidiaritätsrüge):
https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/012/1901296.pdf (zuletzt abgerufen am 30.11.2020)

Beschluss des Bundesrates, BR-Drs. 34/18 (Beschluss) (Subsidiaritätsrüge des Bundesrates):
https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2018/0001-0100/34-18(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1 (zuletzt abgerufen am 30.11.2020)

Unterrichtung durch die Europäische Kommission, zu BR-Drs. 34/18 (Beschluss) (Stellungnahme der Europäischen Kommission auf die Subsidiaritätsrüge):
https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2018/0001-0100/zu34-18(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1 (zuletzt abgerufen am 30.11.2020)