Seit geraumer Zeit soll die Bewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technologie Assessments, HTA) unionsrechtlich geregelt werden. So wurde bereits im Januar 2018 ein Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung von Gesundheitstechnologien und zur Änderung der Richtlinie 2011/24/EU vorgelegt. Die Umsetzung des Verordnungsentwurfs geriet jedoch aufgrund einer möglichen Verletzung des Subsidiaritätsgrundsatzes und damit verbundener Kritik insbesondere seitens des Bundesrates, des französischen Senats, der tschechischen Abgeordnetenkammer und des polnischen Parlaments ins Stocken. Nachdem sich auch das weitere Gesetzgebungsverfahren zu einem bereits im zweiten Halbjahr 2020 erarbeiteten Kompromissvorschlag aufgrund der Corona-Pandemie verzögert hatte, soll dieser nun zwischen der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament verhandelt werden.
Der Kompromissvorschlag enthält insbesondere die folgenden wesentlichen Punkte:*
- Die Rechtsgrundlage wird nicht länger nur auf Art. 114 AEUV, sondern zudem auf Art. 168 AEUV gestützt.
- Die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten in Preisfragen bleibt unberührt – dies gilt sowohl für die Preisbindung als auch für die Erstattung der Kosten für Arzneimittel und Medizinprodukte.
- Der zunächst eingeschränkte Anwendungsbereich der Verordnung soll über die Jahre erweitert werden.
- Die gemeinsamen wissenschaftlichen Bewertungen umfassen alle in den einzelnen Mitgliedsstaaten erforderlichen Aspekte, sind für diese jedoch unverbindlich. Insofern besteht auch kein Verbot, ergänzende nationale Bewertungen durchzuführen.
- Durch die Hersteller auf europäischer Ebene eingereichte Informationen dürfen auf nationaler Ebene nicht erneut angefordert werden.
- Die Europäische Kommission hat eine rein verfahrensrechtliche Rolle.
Bislang ungeklärt ist die Frage der Mehrheitsanforderungen. Während sich insbesondere größere Mitgliedsstaaten für eine qualifizierte Mehrheit mit Stimmgewichtung aussprechen, sind kleine Mitgliedsstaaten gegen eine solche Stimmgewichtung.
Nach Auffassung der Bundesregierung bietet der Verordnungsentwurf die Möglichkeit nationale Fähigkeiten bei der Bewertung von Gesundheitstechnologien zu bündeln, ohne dabei in die mitgliedsstaatlichen Kompetenzen einzugreifen.
_________________________
Unser vorheriger News-Beitrag zur Bewertung von Gesundheitstechnologien mit Stand vom 30.11.2020 findet sich hier.
Zudem finden sich die entsprechenden (Gesetzes-) Materialien unter folgenden Links:
Eine Einordnung des Kompromissvorschlags aus Sicht der Bundesregierung samt des aktuellen Verordnungsentwurfs (englischsprachig):
https://www.reguvis.de/fileadmin/Betrifft-Recht/Dokumente/edrucksachen/pdf/0342_21.pdf (zuletzt aufgerufen am 26.05.2021)
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung von Gesundheitstechnologien und zur Änderung der Richtlinie 2011/24/EU mit Stand vom 31.01.2020:
https://ec.europa.eu/health/sites/default/files/technology_assessment/docs/com2018_51final_de.pdf (zuletzt aufgerufen am 26.05.2020)
Rechtsgebiete
- News(0)
- Apothekenrecht(50)
- Arbeitsrecht(0)
- Arzneimittelrecht(53)
- Biozidrecht(9)
- Cannabisrecht(20)
- Fluggastrecht(99)
- Futtermittelrecht(1)
- Heilmittelwerberecht(20)
- Kosmetikrecht(6)
- Lebensmittelrecht(70)
- Markenrecht(31)
- Medizinprodukterecht(17)
- Musikrecht(0)
- Sonstige Rechtsgebiete(101)
- Tabakrecht(7)
- Tierarzneimittelrecht(11)
- Urheberrecht(20)
- Wettbewerbsrecht(69)
- Wirtschaftsstrafrecht(2)
Haben Sie Fragen? Wir helfen gern!
Falls Sie Fragen zu diesem oder einem ähnlichen Thema haben, freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme mittels des nachstehenden Formulars oder per Email an:
info@diekmann-rechtsanwaelte.de
Sie können uns natürlich auch unter
+49 (40) 33443690 telefonisch erreichen.
Update zur Bewertung von Gesundheitstechnologien/ Health Technology Assessments (HTA)
Bewertung von Gesundheitstechnologien, Health Technology Assessments, HTA, wissenschaftliche Bewertungen, Verordnungsentwurf, Subsidiaritätsrüge, Kompromissvorschlag, Preisbindung, Erstattung, Arzneimittel, Medizinprodukte, Mehrheitsanforderungen, Verhandlungen, Europäisches Parlament, Europäische Kommission