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Neue EU-Bio-Verordnung tritt ab 2021 in Kraft: die wichtigsten Änderungen im Überblick

„Bio“ ist der höchste gesetzliche Standard der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion. Er ist unionsrechtlich normiert und wird seit Inkrafttreten der ersten EU-Öko-Verordnung im Jahr 1993 laufend ergänzt und weiterentwickelt. Seit der ersten großen Überarbeitung des Bio-Rechts in den Jahren 2007 und 2008 gilt aktuell die EU-Öko-Verordnung 834/2007, welche von den Durchführungsverordnungen (EG) Nr. 889/2008 sowie Nr. 1235/2008 vervollständigt wird. Seitdem die Europäische Kommission 2014 allerdings den Ausschlag für einen weiteren umfassenden Revisionsprozess gegeben hat, müssen sich Hersteller und Verarbeiter jedoch auf eine erneute Generalüberholung des Bio-Rechts gefasst machen: die neue „EU-Verordnung Nr. 2018/848 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökol./biol. Erzeugnissen sowie zur Aufhebung der VO Nr. 834/2007“ ist bereits 2018 in Kraft getreten und ist ab dem 1. Januar 2021 von allen Bio-Betrieben und –Kontrollstätten anzuwenden. 

Erweiterung des Geltungsbereichs

Der in Artikel 2 bestimmte Geltungsbereich der Verordnung wird erweitert: Neben den bisher umfassten Kategorien (lebende und unverarbeitete Erzeugnisse einschließlich Saatgut und Pflanzenvermehrungsmaterial, verarbeitete Lebens- und Futtermittel sowie Produkten aus Aquakultur und Imkerei) ist die VO auch auf der Landwirtschaft nahe stehende Produkte, wie z.B. Bienenwachs, Mate, Wolle, Salz und Häute anzuwenden. Dies ist dem 1. Anhang der VO zu entnehmen und löst das Problem der rechtlichen Einordnung von Grenzfällen. 

Mehr regionales Futter für Bio-Tiere

Pflanzenfresser sollen künftig ab 2023 mindestens 70 % ihrer Futtermittel aus dem eigenen Betrieb bzw. hilfsweise aus regionalem Anbau erhalten. Für Schweine und Geflügel soll dieser Wert lediglich 30 % betragen, dafür aber schon ab 2021 gelten. Eine Ausnahme ergibt sich für Jungtiere, die diese Regelung bis frühestens 2025 noch nicht treffen soll. 

Größere Toleranz bei Herkunftsangaben

Besteht ein Produkt zu wenigstens 95 % aus Bio-Produktion, darf es die Bezeichnung „biologisch“ sowie „ökologisch“ führen, Artikel 25. Diese Vorschrift bleibt insoweit bestehen. Änderungen ergeben sich aus den Artikeln 30 bis 33 der VO bzgl. Herkunftsangaben. Durfte bisher eine regionale Herkunftsangabe bei einer Zusammensetzung des Produktes aus mindestens 98% regionalen Zutaten verwendet werden, toleriert der Gesetzgeber künftig eine Abweichung von nicht länger 2%, sondern bis zu 5 %. Darüber hinaus ergeben sich keine maßgeblichen Änderungen für die Kennzeichnung von Bio-Produkten. 

Ausräumung der Rechtsunsicherheiten bzgl. Babynahrung

Aus dem 2. Anhang geht hervor, dass Babynahrung nun weiterhin auch dann mit der Bezeichnung „biologisch“ versehen werden darf, wenn sie mit Mineralstoffen, Vitaminen, Mikronährstoffen und/oder Aminosäuren angereichert ist. Die bisher bestehenden Unsicherheiten beim Status von biologischer Baby-Nahrung hat der Gesetzgeber so mit einer geschickteren Formulierung aufgelöst. 

Import von Erzeugnissen aus Drittländern

Um den administrativen Aufwand zu verringern, welche die bisherigen Importregelungen mit sich bringen, bestimmen die Artikel 44 bis 48 der Verordnung, dass Drittlandimports nur dann möglich sein sollen, wenn die einschlägigen Vorgaben der VO auch in den betroffenen Drittländern umgesetzt werden. Hierbei soll jedoch besonderen klimatischen oder traditionellen Gegebenheiten jeweils Rechnung getragen werden.

Änderungen beim Zukauf von Saat- und Pflanzgut sowie Tieren

Künftig soll der Zukauf nur noch für solche Tiere erlaubt sein, welche biologisch aufgezogen worden sind. Ein Zukauf aus konventioneller Aufzucht soll jedoch übergangsweise bis voraussichtlich 2035 erlaubt sein. Diese Regelung trifft auch Saatgut, welches ebenfalls nur dann gekauft und genutzt werden darf, wenn es aus Bio-Erzeugung stammt. Auch konventionelles Saatgut bleibt jedoch für Bio-Produzenten bis 2035 legal käuflich und verwertbar. Zur Information sollen hierzu jeweils Datenbanken bereitgestellt werden. 

Sonstiges Erwähnenswertes

Die Pflichten, die der Verringerung von Kontaminationsrisiken sowie dem Umgang mit Verdachtsfällen dienen, werden gemäß den Artikeln 27 bis 29 allen Unternehmen der Wertschöpfungskette auferlegt. Bisher waren etwa verarbeitende Unternehmen von diesen Pflichten ausgenommen.

Das Gleiche gilt für die Pflichten, die sich hinsichtlich der Verwendung und Zulassung von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln ergeben: auch von diesen Pflichten waren verarbeitende Unternehmen bisher ausgenommen.
Zutaten oder Stoffe, welche Nanomaterial enthalten, welches absichtlich als solches hergestellt worden ist (VO Nr. 2005/2283), dürfen künftig nicht mehr „biologisch“ ge- oder äquivalent benannt werden. Dies ergibt sich aus Artikel 7 der neuen Öko-Verordnung.

Der Verordnung fehlen jedoch noch wichtige Regelungen, welche im Rahmen von Durchsetzungsverordnungen erlassen werden und bis Mitte 2020 veröffentlicht werden sollen. Hierzu gehören z.B. Details zu den besonderen Zulassungen bei Drittländerimports sowie die neu erstellte Reinigungs- und Desinfektionsmittelliste oder auch konkrete Bestimmungen zum Auslauf von Bio-Tieren.