Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 30.08.2021 (Az. 22 U 33/21) entschieden, dass der Reiseveranstalter trotz Stornierung durch den Vertragspartner den vollständigen Reisepreis für eine Klassenfahrt zurückzuerstatten hat, da zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung aufgrund der Corona-Pandemie eine erhebliche Beeinträchtigung der geplanten Reise am Reisezielort konkret zu befürchten war. Dabei handele es sich bei der Corona-Pandemie grundsätzlich um einen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB, der zum entschädigungslosen Rücktritt des Reisenden berechtige. Unerheblich wäre, dass zu dem Zeitpunkt des erklärten Rücktritts durch das Auswärtige Amt noch keine Reisewarnung ausgesprochen worden sei.
Entscheidend sei, dass es sich bei dem Covid-19-Virus um einen neuartigen Krankheitserreger handelt, der akute Atemwegserkrankungen hervorruft, die im schlimmsten Fall tödlich verlaufen können und gegen den es weder eine Therapiemöglichkeit noch einen Impfstoff gibt (gab).
Zudem würden erziehungsberechtigten Eltern bei einer Klassenfahrt erwarten, dass die Schülerinnen und Schüler in einem sicheren Umfeld reisen könnten. Die Pandemielage im Reiseland England sei jedoch akut gewesen und die Wahrscheinlichkeit, sich am Reisezielort mit dem Corona-Virus zu infizieren, deutlich höher gewesen, als wenn die Schülerinnen und Schüler zu Hause geblieben wären. Erschwerend käme schließlich hinzu, dass die Gefahr bestanden habe, dass die Reiseteilnehmer im Falle einer im Rahmen der Reise stattgefunden Infektion das Virus bei ihrer Rückkehr in ihre jeweiligen Haushalte tragen würden.
Aus dem Urteil:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 01.02.2021 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Detmold unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.703,- € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.05.2020 zu zahlen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 8.703,- € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückzahlung des Reisepreises für eine infolge der COVID-19-Pandemie stornierte Kassenfahrt.
Die Klägerin ist eine rechtsfähige kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts und wird im Impressum der Website der Aschule in B als Träger der Schule aufgeführt. Unter dem 24.01.2020 buchte die an der Aschule beschäftigte Lehrkraft Frau C bei der Beklagten, einer auf Klassenfahrten und Gruppenreisen spezialisierten Reiseveranstalterin, eine Gruppenreise nach Liverpool für die Zeit vom 15.03. bis zum 21.03.2020. In dem von der Lehrerin unterschriebenen Buchungsformular (Anlage B5 zum Schriftsatz der Beklagten vom 25.11.2020, Bl. 96 GA) ist als „Vertragspartner“ die Aschule angegeben. Neben der Unterschrift der Lehrerin, die in dem Formular als „Ansprechpartner“ aufgeführt ist, wurde der Stempel der Schule verwendet. Unter dem 29.01.2020 stellte die Beklagte der Aschule einen Reisepreis in Höhe von 9.666,- € in Rechnung (Anlage K1 zur Klageschrift, Bl. 6 GA), den die Klägerin bezahlte. Mit E-Mail vom 12.03.2020 (Anlage B1 zur Klageerwiderung, Bl. 58 GA) stornierte die Lehrerin Frau C die Gruppenreise gegenüber der Beklagten. Diese stellte der Aschule unter dem 31.03.2020 eine Stornorechnung (Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 7 GA), aus der sich ein überzahlter Betrag in Höhe von 963,- € ergab, den die Beklagte in der Folgezeit an die Klägerin zurückzahlte. Mit anwaltlichen Schreiben vom 01.04.2020 (Anlage K3 zur Klageschrift, Bl. 8 f. GA) und letztmalig vom 12.05.2020 (Anlage K9 zur Klageschrift, Bl. 21 f. GA) forderte die Klägerin die Beklagte vergeblich zur Zahlung des Differenzbetrages in Höhe von 8.703,- € zuletzt bis zum 25.05.2020 auf. Wegen der Einzelheiten der zwischen den Parteien geführten außergerichtlichen Korrespondenz wird auf die mit der Klageschrift zur Gerichtsakte gereichten wechselseitigen Schriftsätze (Anlagen K3 bis K9, Bl. 8 ff. GA) Bezug genommen.
Die Klägerin hat u.a. unter Hinweis auf die Angaben im Impressum der Webseite der Aschule behauptet, dass sie deren Schulträger sei. Sie ist der Ansicht gewesen, der Reisevertrag sei über die insoweit bevollmächtigte Lehrkraft der Schule zwischen ihr und der Beklagten zustande gekommen. Hilfsweise hat sie die Genehmigung des Vertrages über die Buchung der Schulreise erklärt. Sie hat die Auffassung vertreten, dass aufgrund der auch in England grassierenden Coronavirus-Pandemie bereits zum Zeitpunkt der Stornierung der Reise am 12.03.2020 eine Situation vorgelegen habe, die sie gemäß § 651h Abs. 3 BGB zum entschädigungslosen Reiserücktritt berechtigt habe.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.703,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.05.2020 zu zahlen und ihr vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 808,13 € zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht gewesen, dass eine Lehrkraft bei der Buchung einer Klassenfahrt als Vertreter für die an der Reise teilnehmenden Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern handele und die Klägerin daher nicht aktivlegitimiert sei. Weiter hat sie gemeint, selbst wenn ein Rückerstattungsanspruch bestehe, könne die Klägerin infolge einer primärrechtskonformen, die EU-Grundrechtecharta berücksichtigenden Auslegung der Pauschalreise-Richtlinie (EU) 2015/2302 und der Transformationsvorschrift des § 651h Abs. 5 BGB nur die Ausstellung eines Reisegutscheins verlangen. Sie ist der Ansicht gewesen, sowohl diese Frage als auch diejenige, welche konkreten Kriterien für die Annahme unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände i.S.v. § 651h Abs. 3 BGB gelten würden, sei durch nationale Gerichte nicht ohne vorherige Vorlage an den EuGH zu entscheiden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Klägerin gegen die Beklagte weder ein vertraglicher Anspruch auf Rückzahlung des restlichen Reisepreises aus § 651h Abs. 5 BGB noch ein bereicherungsrechtlicher Zahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 1. Fall BGB zustehe. Zwischen der Klägerin und der Beklagten sei kein Pauschalreisevertrag i.S.d. §§ 651a ff. BGB zustande gekommen und die Klägerin daher nicht aktivlegitimiert. Vertragspartner der Beklagten seien vielmehr die angemeldeten Schülerinnen und Schüler. Denn grundsätzlich sei davon auszugehen, dass eine an einer Schule beschäftigte Person, die eine Schulklasse für eine gemeinschaftliche Fahrt anmelde, im Namen der angemeldeten Schülerinnen und Schüler handele, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten würden. Die im vorliegenden Fall bestehenden Besonderheiten reichten im Ergebnis jedoch nicht aus, um von dem Regelfall abzuweichen. Ein Anspruch aus einer Leistungskondiktion komme nicht in Betracht, da die Klägerin im Dreiecksverhältnis zwischen Schulträger, Reiseveranstalter und SchülerInnen bzw. Eltern lediglich als Zahlstelle Leistungen der Letztgenannten gegenüber der Beklagten erbracht habe. Mangels Anspruchs in der Hauptsache stünden der Klägerin gegen die Beklagte auch die geltend gemachten Nebenforderungen nicht zu. Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Sie rügt, dass entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts das von diesem in Bezug genommene Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 23.01.1986 (1 U 40/85) vorliegend nicht einschlägig sei und die Auslegung der beiderseitigen Willenserklärungen unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände ergebe, dass die Klägerin Vertragspartnerin der Beklagten geworden sei. Unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ist sie der Auffassung, dass die für die Klägerin handelnde Lehrkraft im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 12.03.2020 vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 651h Abs. 3 BGB habe ausgehen dürfen.
Die Klägerin beantragt,
abändernd die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.703,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.05.2020 zu zahlen und ihr vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 808,13 € zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, wobei sie eine Bevollmächtigung der Lehrkraft durch die Klägerin bestreitet.
Von einer weiteren Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Nach Zustimmung beider Parteien hat der Senat das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet mit der Gelegenheit zur Einreichung von Schriftsätzen bis zum 09.08.2021.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Hauptsache begründet. In Bezug auf die als Nebenforderung geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist sie indes unbegründet.
1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung des restlichen, noch nicht erstatteten Reisepreises in Höhe von 8.703 € aus §§ 651h Abs. 1 S. 2, 346 ff. BGB i.V.m. § 651h Abs. 5 BGB zu.
a) Zwischen den Parteien ist ein Pauschalreisevertrag im Sinne von § 651a BGB zustande gekommen.
aa) Bei der am 24.01.2020 gebuchten Klassenfahrt handelt es sich um eine Pauschalreise i.S.v. § 651a BGB, da die Beklagte im Rahmen der Gruppenreise mit der Beförderung und der Beherbergung der Reiseteilnehmer mehrere Reiseleistungen i.S.v. § 651a Abs. 3 BGB für den Zweck derselben Reise schuldete.
bb) Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts ist der Pauschalreisevertrag zwischen den Parteien zustande gekommen und ist die Klägerin aktivlegitimiert.
(1) Wer Vertragspartner des mit der Beklagten geschlossenen Reisevertrages ist, ist im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB ausgehend vom Wortlaut der Erklärungen unter Berücksichtigung der Interessenlage der Parteien, der Begleitumstände und des Grundsatzes von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu ermitteln (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 80. Aufl. 2021, § 133 Rn. 14 ff.).
Danach ist die Klägerin Vertragspartnerin der Beklagten geworden.
(a) Maßgeblich ist der Inhalt der schriftlichen Buchung vom 24.01.2020 (vgl. Anl. B5 zum Schriftsatz der Beklagtenseite vom 25.11.2020, Bl. 96 GA). Nach deren insoweit eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut sollte die in B (Niedersachsen) ansässige Aschule Vertragspartnerin der Beklagten sein. Denn diese ist in dem Buchungsvordruck ausdrücklich als „Vertragspartner“ aufgeführt (Kasten oben links), was durch die Unterschrift, versehen mit dem Schulstempel (unten rechts), bestätigt wird. Die an der Aschule tätige Lehrkraft Frau C, die die Buchungsanmeldung unterschrieben hat, wird in dem Formular indes lediglich als „Ansprechpartner“ aufgeführt, was angesichts des eindeutigen Erklärungsinhalts bereits gegen die vom Landgericht vorgenommene Auslegung spricht, diese habe den Reisevertrag im Namen der an der Reise teilnehmenden Schülerinnen und Schüler abgeschlossen.
(b) Die Aschule selbst ist jedoch nicht rechtsfähig, sondern stellt lediglich eine rechtlich unselbständige Organisationseinheit der Klägerin dar. In einem solchen Fall entspricht es den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs, dass der dahinter stehende Schulträger als juristische Person für die Schule verpflichtet und berechtigt wird. Etwas anderes kann sich zwar dann ergeben, wenn im Schulgesetz des betreffenden Bundeslandes eine hiervon abweichende Regelung getroffen wird. § 113 Abs. 4 S. 2 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG), wonach die zur Durchführung einer Schulfahrt abgeschlossenen Verträge von der Schule im Namen des Landes abgeschlossen werden, mithin nicht der Schulträger, sondern das Land haftet, ist hier indes nicht einschlägig, da es sich bei der Aschule nicht um eine Schule in öffentlicher, sondern um eine solche in freier Trägerschaft handelt. Für solche Schulen sieht daher auch die vom Niedersächsischen Kultusministerium am 11.06.2020 erlassene Handreichung zu der Frage, wie mit Stornokosten bei abgesagten Schulfahrten umzugehen ist, vor, dass insoweit Vertragspartner nicht das Land Niedersachsen, sondern der jeweilige private Schulträger ist (vgl. Anl. K 13 zum Schriftsatz der Klägerin vom 21.10.2020, Bl. 67 GA). Dass die Klägerin Schulträger der Aschule ist, wird von der Beklagten in der Berufungsinstanz nicht mehr in Abrede gestellt (Bl. 240 GA).
(c) Der Umstand, dass die Klägerin in der Buchung vom 24.01.2020 keine Erwähnung findet, steht ihrer Verpflichtung nicht entgegen. Nach § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB wirkt eine von einem Vertreter im Rahmen seiner Vertretungsmacht abgegebene Willenserklärung auch dann für und gegen den Vertretenen, wenn sie der Vertreter zwar nicht ausdrücklich in dessen Namen abgibt, die Umstände jedoch ergeben, dass sie im Namen des Vertretenen erfolgen soll. Als Auslegungsregel beantwortet die Vorschrift nicht nur die Frage, ob der Vertreter im Namen eines anderen gehandelt hat. Sie ist vielmehr auch dann maßgebend, wenn ungewiss ist, in welchem Namen der Vertreter einen Vertrag abschließt (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.1987 – VII ZR 299/86 –, Rn. 17, juris). In einem solchen Fall ist die Willenserklärung des Vertreters ebenfalls gemäß §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung aller Umstände auszulegen, wobei von Bedeutung ist, wie sich die Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte und die Interessenlage der Parteien für einen objektiven Betrachter in der Lage des Erklärungsgegners darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.1987 aaO).
Vorliegend spricht nicht nur die Verkehrssitte, wie ausgeführt, für ein Handeln im Namen der Klägerin. Diese Auslegung entspricht vielmehr auch den berechtigten Interessen der Vertragsparteien, insbesondere dem Interesse der Beklagten, da diese im Falle einer vertraglichen Bindung der Schule und damit – wie hier - dem Schulträger mit diesem einen regelmäßig verlässlichen und solventen Vertragspartner hat. Auch das eigene Handeln der Beklagten im Rahmen der Vertragsabwicklung und der außergerichtlichen Korrespondenz spricht dafür, dass die Anmeldung auch aus ihrer Sicht nicht im Namen der Schülerinnen und Schüler oder ihrer Erziehungsberechtigten, sondern im Namen der Schule bzw. der hinter dieser stehenden Klägerin als Schulträger erfolgt ist. So hat sie sowohl die Rechnung als auch die Stornorechnung an die Aschule adressiert und den von der Klägerin gezahlten Reisepreis nach erfolgter Stornierung in Höhe von 963 € auch an diese zurückerstattet. Irgendwelche Zweifel daran, dass es sich bei der Klägerin um ihre Vertragspartnerin handelt, hat sie in der gesamten außergerichtlichen Korrespondenz nicht geäußert. Vielmehr hat sie noch mit anwaltlichem Schreiben vom 20.04.2020 (Anl. K6 zur Klageschrift, Bl. 14 ff. GA) den Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Abschluss eines Vergleichs angeboten, der eine Erstattung an die Aschule vorsah. Aus der Stornierungserklärung der anmeldenden Lehrkraft vom 12.03.2020 folgt entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts nichts anderes. Denn die dort geäußerte Hoffnung, dass es möglich sei, „den Eltern doch noch einen kleinen Betrag zurückzuerstatten“, ist aus verständiger Sicht dem Umstand geschuldet, dass die Eltern der an der Reise teilnehmenden Schülerinnen und Schüler im Innenverhältnis zur Schule bzw. dem Schulträger zur Übernahme der Kosten verpflichtet und im Falle einer Stornierung vom Reiseveranstalter zurückerstattete Beträge mithin an diese auszukehren sind.
(d) Dem gefundenen Auslegungsergebnis steht schließlich auch nicht das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 23.01.1986 (Az. 1 U 40/85) entgegen, auf das das Landgericht seine Würdigung maßgeblich gestützt hat. Denn die vom Landgericht angeführte obergerichtliche Entscheidung ist hier nicht einschlägig. Anders als bei dem hier zu beurteilenden Sachverhalt war in dem dort entschiedenen Fall ein Handeln des beklagten Lehrers im Namen des Schulträgers schon nach der übereinstimmenden Auslegung des Vertrages durch die Vertragsschließenden nicht anzunehmen mit der Folge, dass der insoweit allein maßgebende übereinstimmende Wille der Parteien dem hier gefundenen Auslegungsergebnis von vornherein entgegenstand.
(2) Die auf Abschluss des Reisevertrages gerichtete Willenserklärung ist wirksam durch die Lehrerin Frau C für die Klägerin abgegeben worden. Dem diesbezüglichen Vorbringen der Klägerin, die Lehrkraft sei zum Abschluss des Vertrages mit Wirkung für und gegen sie bevollmächtigt gewesen (Bl. 120 GA), ist die Beklagte in erster Instanz nicht entgegengetreten. Ihr erstmaliges Bestreiten der Bevollmächtigung in der Berufungsinstanz (vgl. Bl. 241 GA) ist nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO unzulässig, nachdem Zulassungsgründe weder vorgebracht noch glaubhaft gemacht sind. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an, da die Klägerin die Willenserklärung jedenfalls genehmigt hat, §§ 180, 177 Abs. 1 BGB (vgl. Bl. 120 GA).
b) Die Klägerin ist am 12.03.2020 über die Schule wirksam von dem Reisevertrag gemäß § 651h Abs. 1 S. 1 BGB zurückgetreten mit der Folge, dass die Beklagte ihren Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis verloren (§ 651h Abs. 1 S. 2 BGB) und diesen vollständig nach § 651h Abs. 5 BGB an die Klägerin zurückzuzahlen hat. Denn zugunsten der Klägerin greift § 651h Abs. 3 BGB ein, so dass ein aufrechenbarer Entschädigungsanspruch der Beklagten nach § 651h Abs. 1 S. 3, Abs. 2 BGB ausscheidet.
aa) Der mit der Stornierung der streitgegenständlichen Reise per E-Mail vom 12.03.2020 schlüssig erklärte Rücktritt ist wirksam durch die an der Aschule tätige Lehrerin Frau C für die Klägerin erfolgt. Denn die Klägerin hat die Rücktrittserklärung der Lehrkraft (konkludent) genehmigt, indem sie diese für sich in Anspruch nimmt (§§ 180, 177 Abs. 1 BGB).
bb) Nach § 651h Abs. 3 S. 1 BGB kann der Reisende entschädigungslos von der Reise zurücktreten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Nach § 651h Abs. 3 S. 2 BGB sind Umstände dann unvermeidbar und außergewöhnlich, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich hierauf beruft, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären. Gemäß Erwägungsgrund 31 der Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, Amtsblatt der Europäischen Union L 326/1, liegen derartige Umstände zum Beispiel dann vor, wenn etwa wegen des Ausbruchs einer schweren Krankheit am Reiseziel erhebliche Risiken für die menschliche Gesundheit bestehen (vgl. Führich, Rücktritt vom Pauschalreisevertrag vor Reisebeginn wegen Covid-19-Pandemie, NJW 2020, 2137 Rn. 2).
Ob dies, wie erforderlich, zum Zeitpunkt der Reise der Fall sein wird, ist bei einer vor Reiseantritt abgegebenen Rücktrittserklärung durch eine Prognoseentscheidung zu beurteilen, im Rahmen welcher danach zu fragen ist, ob die konkrete Reise aus einer ex-ante-Betrachtung heraus erheblich beeinträchtigt sein wird (vgl. AG Frankfurt, Urteil vom 11.08.2020 – 32 C 2136/20 -, juris Rn. 38; AG München, Urteil vom 27.10.2020 – 159 C 13380/20 -, juris Rn. 19; LG Frankfurt, Urteil vom 04.05.2021 – 3-06 O 40/20 -, juris Rn. 28; BeckOK BGB/Geib 58. Ed. 1.5.2021, BGB § 651h Rn. 21a). Die Frage, von welchem Gefährdungsgrad an insoweit eine erhebliche Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, lässt sich dabei nur nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung des konkreten Inhalts des Reisevertrags beantworten (vgl. BGH, Urteil vom 15.10.2002 – X ZR 147/01 -, juris Rn. 12). Zu berücksichtigen ist daher zum einen mit welcher Wahrscheinlichkeit, für welche Rechtsgüter Gefahren drohen und zum anderen auch, ob der konkreten Reise, wie etwa im Falle von Abenteuer- oder Expeditionsreisen, ein gewisses Gefahrenpotential bereits immanent ist und demzufolge von einer besonderen Risikobereitschaft der Reisenden ausgegangen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 15.10.2002, aaO; AG Stuttgart, Urteil vom 13.10.2020 – 3 C 2559/20 -, juris Rn. 16 m.w.N.; Staudinger, Anmerkung zur Entscheidung des AG München, Urteil vom 27.10.2020 (159 C 13380/20) – Zur Frage der Rückerstattung des Reisepreises nach dem Rücktritt vom Pauschalreisevertrag ohne explizite Reisewarnung in Zeiten von COVID-19, DAR 2021, 35-38). Für eine Beeinträchtigung der Reise durch die COVID-19-Pandemie wird insoweit vertreten, dass es für eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 651h Abs. 3 BGB ausreicht, wenn ein konkretes Risiko für einen erheblichen Gesundheitsschaden besteht, weil im Rahmen der Reise bzw. am Reiseort im Vergleich zum Wohnort des Reisenden und der Zeit der Reisebuchung ein deutlich erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht (vgl. AG Stuttgart, Urteil vom 13.10.2020 aaO; AG Köln, Urteil vom 14.09.2020 – 133 C 213/20 -, BeckRS 2020, 23502 Rn. 18 m.w.N.; BeckOK BGB/Geib BGB § 651h Rn. 20a m.w.N.; BeckOGK/Harke, 1.5.2021, BGB § 651h Rn. 47 m.w.N.). Dem schließt sich der Senat an.
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 651h Abs. 3 BGB hier vor und konnte die Klägerin von der für den Zeitraum vom 15.03. bis 21.03.2020 gebuchten Reise nach Liverpool (Großbritannien) am 12.03.2020 entschädigungslos zurücktreten.
Bei der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) handelt es sich wie bei anderen Seuchen grundsätzlich um einen unvermeidbaren, außergewöhnlicher Umstand im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB (vgl. AG München, Urteil vom 27.12.2020 aaO, BeckOG BGB/Geib BGB § 651h Rn. 20a m.w.N.). Zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 12.03.2020, die per E-Mail um 22.17 Uhr (vgl. Anl. B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 30.09.2020, Bl. 58 GA) erfolgte, war aufgrund der COVID-19-Pandemie eine erhebliche Beeinträchtigung der geplanten Reise konkret zu befürchten.
Zwar trifft es zu, dass das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland erst am 17.03.2020 aufgrund der Coronavirus-Pandemie eine Reisewarnung für Reisen in das gesamte Ausland erlassen hat, was bei der Prognoseentscheidung mithin außer Betracht zu bleiben hat. Dies ist indes nicht entscheidend, da eine für den Reisezeitraum geltende Reisewarnung zwar ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer hinreichenden Gefahrenlage darstellt (vgl. LG Frankfurt, Urteil vom 04.05.2021, aaO Rn. 28; BeckOGK/Harke BGB § 651h Rn. 47), aber keine Voraussetzung für einen Rücktritt gemäß § 651h Abs. 3 BGB ist (vgl. AG Köln, Urteil vom 14.09.2020, aaO Rn. 18; AG Stuttgart, Urteil vom 13.10.2020 aaO Rn. 18; BeckOGK/Harke BGB § 651h Rn. 47).
Entscheidend ist vielmehr Folgendes: Zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung, die nur drei Tage vor Reisebeginn erfolgt ist, war bekannt, dass es sich bei dem SARS-CoV 2 Virus um einen neuartigen Krankheitserreger handelt, der akute Atemwegserkrankungen hervorruft, die im schlimmsten Fall tödlich verlaufen können und gegen den es weder eine Therapiemöglichkeit noch einen Impfstoff gibt (vgl. merkblatt-covid19-data.pdf vom Gesundheitsdienst des Auswärtigen Amtes, Stand: 10.03.2020; Täglicher Lagebericht des Robert Koch Instituts (RKI) zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 12.03.2020). Hinzu kommt, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO), deren Warnungen im Rahmen der Prognoseentscheidung ebenfalls von Bedeutung sind (vgl. AG Stuttgart, Urteil vom 13.10.2020 aaO Rn. 18; jurisPK-BGB/Steinrötter, 9. Aufl., § 651h Rn. 22 (Stand: 11.05.2020); Staudinger/Ruks; Rechtsfragen zu Pauschal- und Flugreisen in Zeiten der Corona-Krise, DAR 2020, 314 (316); Führich, NJW 2020, 2137 (2139) Rn. 7) am 30.01.2020 einen internationalen Gesundheitsnotstand wegen der Infektionsgefahr ausgerufen und COVID-19 am 11.03.2020 zur weltweiten Pandemie erklärt hatte (vgl. www.euro.who.int/de/health-topics/health-emergencies/coronavirus-covid-19/news/news/2020/3/who-announces-covid-19-outbreak-a-pandemic, zuletzt aufgerufen am 23.08.2021; allgemeinkundig i.S.d. § 291 ZPO). Damit lag klar auf der Hand, dass es sich nicht um ein kurzfristiges Ereignis handelte, sondern um eine „sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation“ (vgl. Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID19) vom 12.03.2020), bei der angesichts der bisherigen Entwicklung des weltweiten Infektionsgeschehens mit einem weiteren Anstieg der Fallzahlen zu rechnen und ein Schutz vor Ansteckung nur durch strenge Hygienemaßnahmen, soziale Distanzierung und Quarantänemaßnahmen zu erreichen war (vgl. www.euro.who.int/de/health-topics/health-emergencies/coronavirus-covid-19/news/news/2020/3/who-announces-covid-19-outbreak-a-pandemic, zuletzt aufgerufen am 23.08.2021; allgemeinkundig i.S.d. § 291 ZPO). In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem wissenschaftlichen Chefberater der Regierung, E, und dem medizinischen Berater der Regierung, F, erklärte der britische Premierminister Boris Johnson am Tag des Rücktritts, dem 12.03.2020, dass „das hier keine normale Grippe“ sei, sondern „in dieser Generation die schlimmste Gesundheitskrise, die wir erleben“. Die Epidemie werde Großbritannien mit voller Wucht treffen. Das Land hinke nur etwa vier Wochen hinter Italien hinterher. Dass sich ein Großteil der Bevölkerung mit dem Virus infizieren werde, sei nicht mehr zu verhindern. Die Bevölkerung müsse sich darauf einstellen, „dass noch viel mehr Familien geliebte Angehörige vorzeitig verlieren werden“. Die aktuellen Zahlen wurden mit 590 offiziellen Infektionen, bis zu 10.000 geschätzten Infektionen und 10 Todesfällen vorgestellt, wobei nach Angaben des Chefberaters E in den nächsten Wochen mit einer drastisch steigenden Zahl der Krankheitsfälle zu rechnen sei. (vgl. Prime Minister`s statement on coronavirus (COVID-19): 12 March 2020 –GOV.UK, zuletzt aufgerufen über www.gov.uk am 23.08.2021; Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 14.03.2020 (Anl. K10)). Das Gefährdungsniveau im Vereinigten Königreich (UK) wurde daher noch am selben Tag auf die Stufe „hoch“ angepasst (vgl. www.dailxmail.co.uk/health/article-8105941/Chief-medics-rause-coronavirus-threat-HIGH-UK.html, zuletzt aufgerufen am 23.08.2021). Umfassende Quarantänemaßnahmen und Einschränkungen für Großveranstaltungen sollte es dennoch zunächst keine geben. Vielmehr verfolge man, so Chefberater E, die Strategie, die Epidemie so zu steuern, dass die Bevölkerung durch die Krankheit geschleust werde, um Immunität aufzubauen, ohne dass das Gesundheitssystem zusammenbreche (vgl. Prime Minister`s statement on coronavirus (COVID-19): 12 March 2020 –GOV.UK, zuletzt aufgerufen über www.gov.uk am 23.08.2021; Artikel Zeit online: "Boris Johnson: Bloß nicht zu früh in Quarantäne", zuletzt aufgerufen am 23.08.2021 über www.zeit.de; Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 14.03.2020 (Anl. K10)).
Die aus diesen Informationen hervortretende Gefahrenlage in Bezug auf ein unbekanntes Virus, bei dem die Mortalität der Infektion noch nicht absehbar war und gegen das es weder Therapie noch Impfung gab, ist nach Auffassung des Senats zur Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle ausreichend. Denn zu berücksichtigen ist zudem Folgendes: Vom Inhalt her handelte es sich um eine Studienreise und damit um eine Reise, die höchstmögliche Sicherheit vermittelte, zumal an dieser Schüler teilnehmen sollten. Wie der Beklagten als hierauf spezialisiertem Reiseveranstalter (vgl. Internetauftritt der Beklagten) bekannt ist, besteht bei Schülerreisen die Erwartung der erziehungsberechtigten Eltern, dass die Schüler in einem sicheren Umfeld reisen können. Zudem waren die hoch anzusetzenden Rechtsgüter „Leben“ und „Gesundheit“ betroffen. Auch wenn die Fallzahl am 12.03.2020 in Deutschland mit 2.369 laborbestätigten SARS-CoV-2-Infektionen (vgl. Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID19) vom 12.03.2020) im Vergleich zu der in Großbritannien sogar höher war, war die Pandemielage im Reiseland England, wie vorstehend ausgeführt, akut, und die Wahrscheinlichkeit, sich auf der Reise bzw. am Reiseort mit dem Coronavirus zu infizieren, deutlich höher, als wenn die Schülerinnen und Schüler – bei bereits am 12.03.2020 konkret im Raum stehenden und am Folgetag beschlossenen Schulschließungen – zu Hause geblieben wären. Denn die Reise sollte als Gruppenreise stattfinden, an der mithin Personen aus verschiedenen Haushalten teilnehmen würden, die bei der geplanten Beförderung mit dem Bus sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückfahrt über einen längeren Zeitraum auf engem Raum zusammen gesessen hätten. Hinzu kommt, dass die Unterbringung der Schülerinnen und Schüler sowohl auf der Fähre als auch im Hostel in Liverpool in Mehrbettzimmern erfolgen sollte (vgl. Buchung vom 24.01.2020, Anl. B5, Bl. 96 GA; Rechnung der Beklagten vom 29.01.2020, Anl. K1, Bl. 6 GA). Die Einhaltung der auch zum damaligen Zeitpunkt bereits empfohlenen Maßnahmen - insbesondere die der sozialen Distanzierung - war unter diesen Bedingungen schwerlich zu gewährleisten. Dies gilt umso mehr, wenn die im Rahmen der Reise geplanten Besichtigungen etc. hätten durchgeführt werden können, wovon im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung angesichts der damaligen „Bekämpfungsstrategie“ der britischen Regierung auszugehen war. Erschwerend kommt schließlich hinzu, dass die Gefahr bestand, dass die Reiseteilnehmer im Falle einer im Rahmen der Reise stattgefunden Infektion das Virus bei ihrer Rückkehr in ihre jeweiligen Haushalte tragen würden.
Bei Würdigung all dieser Gesamtumstände liegen die Voraussetzungen des § 651h Abs. 3 BGB mithin vor und ist die Beklagte daher nicht dazu berechtigt, Teile des Reisepreises im Rahmen der Stornierung zurückzuhalten.
c) Für eine Aussetzung des Verfahrens und eine Vorlage an den EuGH zur Auslegung des Art. 12 der Pauschalreiserichtlinie und der Umsetzungsvorschrift in § 651h BGB besteht keine Veranlassung (Art. 267 Abs. 2 AEUV).
Nach Art. 240 § 6 EGBGB, der gilt, weil der streitgegenständliche Reisevertrag vor dem 08.03.2020 geschlossen wurde, hat die Beklagte keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Annahme eines Reisegutscheins anstelle des Erstattungsanspruchs der Klägerin.
Soweit die Beklagte sich auf die Grundrechtecharta der Europäischen Union (Art. 16 und 17 GRCh, unternehmerische Freiheit und Eigentumsrecht) beruft und verlangt, dass die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt werde, bleibt ihr der Erfolg versagt. § 651h BGB enthält bereits einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien. Die Vorschrift setzt die Pauschalreise-Richtlinie der Europäischen Union um, die gerade auch den Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel als Beispiel für das Vorliegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände nennt. Somit besteht im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits keine Erforderlichkeit einer ergänzenden Auslegung und daher auch keine Vorlagenotwendigkeit oder -pflicht gemäß Art. 267 AEUV an den EuGH (vgl. ausführlich LG Freiburg, Urteil vom 25.03.2021 – 3 S 138/20 -, juris Rn. 19 f. m.w.N.).
2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug (§§ 286, 288 Abs. 1 BGB), da die Beklagte die Rückzahlung innerhalb der mit anwaltlichem Schreiben der Klägerin vom 12.05.2020 gesetzten Frist bis zum 25.05.2020 (Anl. K9, Bl. 21 f. GA) nicht gezahlt hat.
3. Der Klägerin steht indes gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 808,13 € zu.
Allein in Betracht kommt ein Anspruch aus Verzug gemäß §§ 280, 286 BGB, deren Voraussetzungen hier jedoch nicht vorliegen.
Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin sind für diese bereits nach Erhalt der Stornorechnung der Beklagten vom 31.03.2020 (Anl. K2, Bl. 7 GA) mit außergerichtlichem Schreiben vom 01.04.2020 (Anl. K3, Bl. 8 f. GA) tätig geworden. Dass die Klägerin die Beklagte vor der Beauftragung ihrer Rechtsanwälte als Voraussetzung für einen Verzugsschadensersatzanspruch in Verzug gesetzt hatte, ist nicht dargetan.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Aufgrund der Vollharmonisierung der Pauschalreise-Richtlinie in § 651h BGB ist die zugrundeliegende Rechtsfrage durch den Gesetzgeber eindeutig und abschließend geklärt. Auf die besonderen Belastungen der Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber durch Art. 240 § 6 EGBGB reagiert.
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