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Lufthansa muss Reisende auch nach Corona-bedingter Flugstreichung entschädigen

Das Amtsgericht Köln (Az.: 159 C 182/29) hat einem Fluggast einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 250,00 EUR für einen gestrichenen Flug zugesprochen, der ursprünglich für den 18. März 2020 geplant war. Die Deutsche Lufthansa weigerte sich mit Hinweis auf die Corona-Krise, den Passagier zu entschädigen.

Die Lufthansa berief sich auf „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung und beantragte Klageabweisung. Zur Begründung ihrer Annullierungsentscheidung führte die Lufthansa allgemein die Covid-19 Pandemie an und bezog sich zudem auf die Auslegungsleitlinien der Europäischen Kommission vom 18.03.2020 (https://ec.europa.eu/transport/sites/transport/files/legislation/c20201830_de.pdf ). Der betreffende Flug wurde von der Lufthansa allerdings schon vor dem 18.03.2020 annulliert.

Mit Urteil vom 30.10.2020 entschied das Amtsgericht Köln nun zugunsten des klagenden Fluggastes dass, der pauschale Verweis auf die Covid19-Pandemie nicht für die Annahme einer Kausalität der Flugstreichung und dem behaupteten außergewöhnlichen Umstand genüge. Vielmehr müsse die Fluggesellschaft konkret zu den Gründen der Annullierungsentscheidung vortragen. Die Fluggesellschaft muss auch beweisen, dass es ihr selbst bei Einsatz aller ihr zur Verfügung stehenden personellen, materiellen und finanziellen Mittel nicht ohne untragbare Opfer möglich gewesen wäre, den außergewöhnlichen Umstand wie auch die Annullierung bzw. die drei Stunden übersteigende Verspätung zu vermeiden.

Aus den Gründen:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

Denn der Kläger und Fluggast hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 250,00 EUR aus Art. 7 Abs. la) der Fluggastrechteverordnung (FlugVO), hinsichtlich der Annullierung des Fluges LH 1993 von Köln/Bonn nach München (Entfernung bis 1.500 km) vom 18.03.2020.

Der Anspruch auf die Ausgleichszahlung besteht auch trotz der beklagtenseits vorgetragenen außergewöhnlichen Umstände. Keine Ausgleichszahlung ist zu leisten, wenn sich das jeweilige ausführende Luftfahrtunternehmen auf das Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände“ i.S.v. Art. 5 Abs. 3 FlugVO berufen kann. Hiernach ist das ausführende Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen nach Art. 7 FlugVO zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung bzw. Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

Außergewöhnliche Umstände sind dabei solche Umstände, die nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und sich durch dieses auch nicht beherrschen lassen. Erfasst werden nur solche Umstände, die aus den gewöhnlichen und zu erwartenden Abläufen des Luftverkehrs besonders herausragen. Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes ist das Luftfahrtunternehmen. Unter Berücksichtigung des normativen Inhalts von Art. 5 Abs. 3 FlugVO hat das Luftfahrtunternehmen zudem darzulegen und ggf. zu beweisen, dass es diesem selbst bei Einsatz aller ihm zur Verfügung stehenden personellen, materiellen und finanziellen Mittel offensichtlich nicht ohne untragbare Opfer möglich gewesen wäre, den außergewöhnlichen Umstand wie auch die Annullierung bzw. die drei Stunden übersteigende Verspätung zu vermeiden (vgl. EuGH, Urt. v. 04.05.2017, Az. C 315/15, Rn. 29 und 34- zitiert nach juris).

Die Beklagte lässt sich dahingehend ein, der Flug aufgrund der Covid19-Pandemie annulliert worden sei. Dabei verweist die Beklagte diesbezüglich auf die Schlichtungsempfehlung aus dem Schlichtungsverfahren SÖP, Az: F 131561/20, Sie verwiest zudem auf die - nicht verbindlichen - Auslegungsleitlinien der Europäischen Kommission vom 18.03.2020 für die Passagierrechte nach der EG-VO 261/04 und nimmt insbesondere darauf Bezug, dass die Kommission unter Punkt 3.4. ausführt, dass behördliche Maßnahmen zur Entgegenwirkung der Pandemie ihrer Natur nach nicht zum üblichen Betrieb eines Luftverkehrsunternehmens gehören und daher außergewöhnliche Umstände darstellen sollten. Die Leitlinien führen beispielhaft aus, dass dies anzunehmen sein soll, wenn Behörden bestimmte Flüge entweder von Rechts wegen verbieten oder den Personenverkehr in einer Weise untersagen, die de facto die Durchführung des betreffenden Flugs ausschließt. Der rechtliche Gehalt der Auslegungsleitlinien mag mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH durchaus in Einzelfällen seine Geltung beanspruchen können. Vorliegend kann jedoch dahinstehen, ob ein außergewöhnlicher Umstand in Form der Covid-19-Pandemie vorlag. Denn jedenfalls hat die Beklagte vorliegend -trotz Aufforderung des Gerichts, die entsprechenden Flugdokumentationen vorzulegen-, nicht substantiiert dargelegt, dass der von ihr behauptete außergewöhnliche Umstand auch tatsächlich kausal für die Annullierung des streitgegenständlichen Fluges geworden ist.

Der pauschale Verweis auf die Covid19-Pandemie genügt gerade nicht, um die Annahme einer Kausalität der streitgegenständlichen Annullierung und dem außergewöhnlichen Umstandes zu rechtfertigen.

Der Anspruch auf Zinsen folgt aus §§ 286, 288 BGB; die Inverzugsetzung erfolgte mit dem Schreiben vom 23.04.2020, das eine Aufforderung zur Zahlung bis zum 07.05.2020 enthielt.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91 Abs. 1, 91 a ZPO. Soweit die Hauptsache für übereinstimmend erledigt erklärt wurde, hat die Beklagte im Schriftsatz vom 26.08.2020 die Übernahme der Kosten erklärt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.