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EuGH konkretisiert Anforderungen an gesundheitsbezogene Angaben nach der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006

In einer Entscheidung[1] vom 10. September hat der EuGH den Rechtsrahmen gesundheitsbezogener Angaben i.S.d. Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, der Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, präzisiert. Konkret ging es um die Anforderungen an gesundheitsbezogene Angaben, soweit für diese zwar ein Antrag auf Aufnahme in die Liste zulässiger Angaben gem. Art. 13 Abs. 3 der Verordnung gestellt wurde, die Aufnahme jedoch noch nicht erfolgt ist.

Gesundheitsbezogene Angaben umfassen „jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht“, Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung. Damit solche Angaben gemacht werden dürfen, müssen Sie entweder das Zulassungsverfahren der Art. 15 bis 19 der Verordnung durchlaufen oder aber gem. Art. 13 Abs. 1 der Verordnung in die Liste zulässiger gesundheitsbezogener Angaben i.S.v. Abs. 3 derselben Norm aufgenommen werden. Bis zur Aufnahme in die Liste greift dann die Übergangsregelung aus Art. 28 Abs. 5 der Verordnung. Hiernach dürfen gesundheitsbezogene Angaben bis zur Aufnahme in die Gemeinschaftsliste zulässiger Angaben verwendet werden, wenn sie sich mit den sonstigen Vorgaben der Verordnung (und des mitgliedsstaatlichen Rechts) vereinen lassen. Hierzu zählen unter anderem die allgemeinen Grundsätze aus Kapitel II der Verordnung wie beispielsweise die Verpflichtung, gesundheitsbezogene Angaben nur so lange zu verwenden, wie sie sich „auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise stützen und durch diese abgesichert [sind]“, Art. 6 Abs. 1 der Verordnung. Die vorliegende Entscheidung befasst sich mit der Beweislast bei einer Verwendung gesundheitsbezogener Angaben in eben diesem in Art. 28 Abs. 5 der Verordnung geregelten Übergangszeitraum und trifft Aussagen zum Konkurrenzverhältnis der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 und der Richtlinie 2005/29/EG.

Hinsichtlich der Beweislast urteilte der EuGH unter Bezugnahme auf Erwägungsgrund 14 und in Anlehnung an Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 2 der Verordnung, dass ein Lebensmittelunternehmer zwar keine eigenen Nachweise zur Wirksamkeit seines Produkts erbringen muss. So müsse er beispielsweise nicht eigens eine Studie in Auftrag geben. Er müsse jedoch „in der Lage sein, die Angaben, die er verwendet, durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise zu begründen. Die Angaben müssen eine objektive Grundlage haben, über die Einigkeit in der Wissenschaft besteht“ (Rn. 54). Die Zulässig einzelner Beweismittel sowie ihr Umfang bestimme sich dabei nach dem nationalen Recht, in Deutschland also insbesondere nach der ZPO. Vor diesem Hintergrund setzt sich derjenige Unternehmer, welcher gesundheitsbezogene Angaben verwendet, ohne diese durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise begründen zu können, einem Unterlassungsanspruch der Konkurrenz sowie entsprechender Verbände nach § 8 Abs. 1 und Abs. 3 UWG i.V.m. § 3 UWG und der Verordnung aus.

Bezüglich des Spannungsverhältnisses zur Richtlinie 2005/29/EG, welche sich mit unlauteren Geschäftspraktiken befasst und durch einen besonders weiten Anwendungsbereich gekennzeichnet ist, stellt der EuGH fest, dass es zwar grundsätzlich denkbar ist, auch diese Richtlinie auf gesundheitsbezogene Angaben anzuwenden. Dies gelte gem. Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie jedoch nur, sofern anderweitige Vorschriften des gemeinschaftlichen oder des mitgliedsstaatlichen Rechts keine spezielleren Vorgaben in Bezug auf gesundheits- und sicherheitsbezogene Aspekte von Produkten träfen. Andernfalls trete die Richtlinie gem. Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie hinter die spezielleren Vorgaben zurück. Genauso verhalte es sich auch in einem Spannungsverhältnis zwischen der Verordnung EG (Nr.) 1924/2006 und der Richtlinie 2005/29/EG.

 


[1] EuGH, ECLI:EU:C:2020:693, abrufbar unter http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=Gesundheitsbezogene%2BAngaben&docid=230863&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=12286725#ctx1.