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Europäisches Parlament: Fleischersatzprodukte dürfen weiterhin als Steak, Wurst oder Schnitzel bezeichnet werden

Gegenwärtig befasst sich die Europäische Union mit der Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für die kommenden Jahre. Ein prominentes Themenfeld der Diskussion ist beispielsweise die Kopplung finanzieller Unterstützungsleistungen für die Landwirtschaft an Nachhaltigkeitsaspekte. In diesem Kontext hat sich das Europäische Parlament jüngst auch mit der Bezeichnung von Fleisch- und Milchersatzprodukten (oder auch Veggie-Produkten) befasst. Konkret ging es um die Frage, ob fleischnachahmende Erzeugnisse weiterhin als „Steak“, „Wurst“ oder „Schnitzel“ angepriesen und ob Milchersatzprodukte künftig noch mit Aussagen wie „mit Milchgeschmack“ und „Joghurtersatz“ beworben werden dürfen.

Gem. Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 sind sämtliche Lebensmittel kennzeichnungspflichtig. Dabei kommt die Frage auf, inwieweit es Verbraucherinnen und Verbraucher in die Irre führt, wenn vegetarische oder vegane Waren mit Namen versehen sind, die primär mit tierischen Produkten assoziiert werden. In Bezug auf Fleischersatzprodukte haben die zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments daher vorgeschlagen, Anhangs VII der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 um einen Teil Ia zu ergänzen. Dieser sollte die Begriffe „Fleisch“, „Fleischzubereitung“ und „Fleischerzeugnis“ legaldefinieren und insbesondere die Charakterisierung von Fleischersatzprodukten als „Steak“, „Wurst“, „Schnitzel“, „Burger“ und „Hamburger“ verbieten.[1] In Brüssel hat man sich am 22.10.2020 jedoch gegen besagten Änderungsvorschlag entschieden. Damit sind Namen wie „Tofu-Wurst“ und „Veggie-Burger“ im Grundsatz weiterhin zulässig. Im Einzelnen muss nach Maßgabe der Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission[2] jedoch nach dem Verwendungszweck, der Konsistenz oder dem Mundgefühl eine gewisse Ähnlichkeit zu tierischen Produkten bestehen.

Die Benennung von Alternativen zu Milch und Milchverarbeitungsprodukten war bislang an der Rechtsprechung des EuGHs zu messen. Dieser hat im Jahr 2017 klargestellt, dass die Bezeichnung „Milch“ i.S.v. Anhang VII Teil III der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 solchen Produkten vorbehalten ist, welche aus der „normalen Eutersektion“ gewonnen wurden und dass Milcherzeugnisse nur solche Lebensmittel sind, welche im Rahmen der Milchverarbeitung hergestellt wurden.[3] Somit ist die Kennzeichnung veganer Produkte als „Butter“, „Käse“ oder „Joghurt“ bereits jetzt unzulässig. Mit einer Stimmmehrheit vom 389 zu 290 hat das Europäische Parlament nun beschlossen, diese Regelungen noch zu verschärfen. So sollen künftig auch bislang zulässige Namenszusätze wie „à la“, „-geschmack“, „-ersatz“, „Art“ und „Alternative“ entfallen.[4] Insofern werden Bezeichnungen wie beispielsweise „mit Milchgeschmack“ und „Joghurtersatz“ in Zukunft unzulässig sein. Von diesen Regelungen weiterhin ausgenommen sind jedoch fest etablierte Eigennamen wie „Kokosmilch“ und „Leberkäse“, welche in den Mitgliedsstaaten gem. Anhang I des Beschlusses 2010/791[5] weiterhin genutzt werden dürfen.

 


[1] Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse, (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, (EU) Nr. 251/2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse, (EU) Nr. 228/2013 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union und (EU) Nr. 229/2013 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der kleineren Inseln des Ägäischen Meeres (COM(2018)0394 – C8-0246/2018 – 2018/0218(COD)), Änderungsantrag 165, abrufbar unter https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-8-2019-0198_DE.html.

[2] Abrufbar unter https://www.deutsche-lebensmittelbuch-kommission.de/fileadmin/Dokumente/neufassung_leitsaetze_fuer_vegane_und_vegetarische_lebensmittel.pdf.

[3] EuGH, ECLI:EU:C:2017:458, Rn. 8, abrufbar unter http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=191704&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1.

[4] Angenommene Texte, Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 23. Oktober 2020 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse, (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, (EU) Nr. 251/2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse, (EU) Nr. 228/2013 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union und (EU) Nr. 229/2013 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der kleineren Inseln des Ägäischen Meeres (COM(2018)0394 – C8-0246/2018 – 2018/0218(COD)), Abänderung 171, vorläufige Version abrufbar unter https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2020-0289_DE.html.

[5] Abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2010:336:0055:0059:DE:PDF.