Die Werbung für diätisches Lebensmittel darf neben dessen angeblichen Wirkung auf eine anerkannte Krankheit, hier Morbus Alzheimer und Demenz, keine Aussagen hinsichtlich der Wirkung auf allgemeine alterstypische Beschwerden haben. Im vorliegenden Fall wurde ein diätisches Lebensmittel über einen Newsletter durch die Beklagte zusätzlich damit beworben, dass es gegen „normale“ Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme helfen würde. Die Behauptung stellt nach Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe für die Wahrnehmung der Verbraucher einen unzulässigen Krankheitsbezug dar. Geklagt hatte ein Wettbewerbsverein. Die Beklagte verwendete Aussagen wie „Es genügen schon wenige Tage mit […] und Sie erinnern sich wieder perfekt. Sind Gehirnzellen schon geschädigt, werden sie wieder repariert“ oder „Mit […] holen Sie Ihr Gedächtnis zurück und stoppen das Gehirnaltern mit einer Kapsel täglich.“. Die Klägerin hielt derartige Aussagen für unlauter, da sie einen unzulässigen Krankheitsbezug aufweisen würden.
Das Gericht schloss sich dieser Ansicht an. Die Werbung der Beklagten verstoße gegen Art. 7 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung, LMIV). Demnach dürfen Lebensmittel keine Eigenschaften zur Vorbeugung, Behandlung und Heilung einer Krankheit zugeschrieben werden. Die Regelung gelte auch für bilanzierte Diäten, obwohl § 21 Abs. 2 Nr. 1 der Diätverordnung für solche speziellen Lebensmittel gerade vorsieht, dass bei der Kennzeichnung diätischen Lebensmittel der folgende Hinweis erfolgen muss: "zur diätetischen Behandlung von ..." ergänzt durch die Krankheit, Störung oder Beschwerden, für die das Lebensmittel bestimmt ist. Diese Vorschrift erlaube aber gerade nicht über den genannten Krankheitshinweis hinaus werbende Aussagen über allgemeine Beschwerden zu machen, die aus Sicht des Verbrauchers mit dieser Krankheit assoziiert werden. Gleiches gilt für § 21 Abs. 2 Nr. 2 DiätV, der eine Beschreibung der Eigenschaften und Merkmale verlangt, denen das Lebensmittel seine Zweckbestimmung verdankt. Vorliegend wird Alzheimer vom Verbraucher gerade mit Gedächtnisverlust in Verbindung gebracht. Den angesprochenen Verbrauchern werde durch die Aussagen der Beklagten suggeriert, jede alltägliche Gedächtnislücke könne krankhafte Ursachen haben.
Festzuhalten bleibt, dass das OLG die Ansicht vertritt, dass eine werbende Auslobung nicht von den engen Kennzeichnungsvorschriften zu diätischen Lebensmitteln gem. § 21 Abs. 2 Nr. 1, 2 DiätV erfasst ist. Auch bei diätischen Lebensmitteln gilt das Verbot krankheitsbezogener Werbung.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.10.2017, Az. 6 U 59/16.
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OLG Karlsruhe: Ein diätisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) darf nicht als „Gedächtnismedizin“ beworben werden
Diätische Lebensmitte, bilanzierte Diät, unlauter, unzulässiger Krankheitsbezug, Krankheitsbezogene Werbung, LMIV, Alzheimer, Demenz, OLG Karlsruhe